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616 - Die Hoelle ist ueberall

Titel: 616 - Die Hoelle ist ueberall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Zurdo
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E-Mail-Adresse. Dein Nachfolger bei den Wölfen hat sie sich schon angehört, aber er kann den Sinn nicht entschlüsseln, falls es denn einen gibt. Er meint aber, es gibt einen, und er hat mir geraten, dich um Hilfe zu bitten. Das hätte ich sowieso noch getan. Wenn es dir nichts ausmacht, benutzen wir unser altes Zeichensystem. Ich stelle dir Fragen, und du antwortest mir mit einer Silbe für ein Ja und mit zwei Silben hintereinander für ein Nein, einverstanden? Es ist wichtig.«
    »Jai.«
    »Fein … Ich habe dir die Datei schon geschickt. Sag Bescheid, wenn du sie bekommst.«
    Das traurige Schweigen, das für die Unmöglichkeit einer normalen Unterhaltung stand, dauerte rund eine Minute. Dann sagte Zanobi: »Ow.«
    »Gut. Öffne die Datei bitte und höre sie dir an. Mal sehen, ob du etwas verstehst.«
    Cloister wartete. Er hörte seinen alten Freund leise fremdartige Wörter flüstern. Manches klang guttural, es wirkte wie unzusammenhängendes Gemurmel.
    »Albert, Albert!«
    »Hier bin ich. Was ist los?«
    »Omni sluder pragnam dot.«
    »Warte mal, Giacomo. Antworte mir mit Einsilbern. Ergibt das, was du gehört hast, einen Sinn?«
    »Asgh.«
    Ein Ja. Daniels Schrei war nicht nur sinnloses Gestammel. Wie Cloister und Alfieri ja bereits vermutet hatten.
    »Gut. Hast du es entschlüsseln können?«
    »Po vul.«
    Zwei Einsilber in Folge. Das hieß nein.
    »Nein?«
    »Hoi ge.«
    »Glaubst du, du kannst es entschlüsseln?«
    »Ma«, lautete die kategorische Antwort.
    »Wunderbar. Wir machen es so: Wenn du es entschlüsselt hast, rufst du mich auf dem Handy an. Sonst rufe ich dich spätestens morgen früh an. Übrigens, glaubst du, dass es sich um eine alte Sprache handelt?«
    Ein weiteres klares Ja ertönte in dem seltsamen Morseal-phabet, das die beiden Männer vereinbart hatten. Die Frage war durchaus sinnvoll, denn viele Opfer von Besessenheit sprachen in alten oder toten Sprachen wie Sanskrit, Aramäisch oder Latein. Die Kirche nannte das Xenoglossie.
    »Na gut, mein Freund«, sagte Albert. »Dann lasse ich dich jetzt in Ruhe arbeiten. Danke für deine Zeit und dein Wis-sen. Mach’s gut.«
    Kaum hatte er das Gespräch beendet und das Handy hinge-legt, da klingelte es schon wieder, und Cloister fuhr zusammen.
    »Albert?«
    Es war Zanobi. So schnell. Er musste wohl etwas vergessen haben.
    »Brauchst du noch etwas, Giacomo?«, fragte Cloister.
    »Fon ut.«
    »Hm … Also hast du es schon entschlüsselt?«
    »Wee.«
    Ein brillanter Kopf. Wie war ihm das nur so rasch gelungen? Die Worte mussten sich wie durch Zauberei aneinan-dergefügt haben.
    »Fantastisch!«, rief Albert verblüfft und zugleich begeistert aus.
    Er fühlte sich ein wenig überdreht, doch rasch überkam ihn eine heimliche Traurigkeit – Trauer um seinen armen Freund, der Opfer dieser Sprachenverwirrung geworden war, die ihn beinahe hätte verzweifeln lassen. Nur wenige Jahre zuvor war seine Redegewandtheit sprichwörtlich gewesen, und man hatte ihn als leuchtendes Beispiel für hervorragenden sprachlichen Ausdruck angeführt. Er hatte mit den Sprachen jongliert wie sonst niemand, bis der Bogen überspannt und die Sehne gerissen war.
    »Pater Cloister?« Das war nicht Giacomo Zanobis Stim-me, sondern die eines anderen Mannes, der ein wenig jün-ger klang. »Ich bin Pater Lorenzo Ponti, Pater Zanobis Gehilfe.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Es ist meinem Chef gelungen, den Inhalt der Datei zu entschlüsseln, die Sie ihm geschickt haben. Es ist etwas sehr Merkwürdiges. Es handelt sich um Aramäisch, aber verkehrt herum ausgesprochen.«
    Natürlich, Aramäisch!, dachte Cloister. Deshalb war es ihm so bekannt vorgekommen, auch wenn die Wörter von hinten nach vorn gesprochen waren. Cloister beherrschte die Sprache nicht, aber in seinem Jahr in Israel hatte er ein wenig Hebrä-isch aufgeschnappt. Die beiden Sprachen hatten die gleiche Wurzel und wiesen große morphologische Ähnlichkeiten auf. Das Aramäische war ja auch Jesu Christi Muttersprache gewesen.
    Ponti fuhr fort: »Es ist wirklich seltsam. Ich weiß nicht, was derjenige damit sagen will, aber ich hoffe, Ihnen hilft es wei-ter. Er sagt: ›Ich will dich kennenlernen. Du weißt, dass ich dich meine. Ich erwarte dich in der Herberge Zur Weinlese.‹«
    Cloister notierte die Sätze mit ruhiger Hand auf einem Blatt Papier, so langsam, als müsste er die Bedeutung der Worte beim Schreiben verarbeiten.
    »Danke, Pater Ponti. Danken Sie bitte auch Pater Zanobi für seine Hilfe. Sagen Sie ihm

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