62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen
Förster hervor. „Der König war wohl gar selbst bei ihm?“
„Ja.“
„Warum hat er das nicht gemeldet?“ fragte der Staatsanwalt.
„Er sagte es mir.“
„Hm! Man scheint, wie es mir vorkommt, hier zu denken, daß Sie die Direktion führen!“
„In dieser Angelegenheit führe ich sie allerdings. Ich habe auch den Müller um Verschwiegenheit gebeten.“
„Aber wozu wollte der König den Keller?“
„Zum Zuschütten. Es liegt hier ein Rätsel vor, welches man noch zu ergründen hat. Vielleicht gelingt dies uns heute. Ich möchte vorschlagen, als Belohnung für den Müller die Pascher nebst ihren Anführern bei ihm zu fangen.“
„Glauben Sie, daß dies von Vorteil sein wird?“
„Ja. Es wird dadurch alles Blutvergießen verhütet.“
„Wie wollen Sie das anfangen?“
„Soviel ich weiß, kommen die fremden Pascher mit ihren Paketen zuerst. Ich führe sie zur Mühle –“
„Sie denken, daß sie Ihnen folgen werden?“
„Ja. Sie werden mich für den Pascherkönig halten.“
„Unglaublich!“
„Ganz sicher.“
„Wie wollen Sie die Leute zu diesem Glauben bewegen?“
„Das lassen Sie meine Sorge sein! Ich begebe mich jetzt nach der Mühle, um mit dem Müller zu sprechen. Sie finden sich nach einiger Zeit mit Ihren Mannschaften ein. Diese letzteren werden heimlich in die Mühle postiert, und nachher führe ich die Pascher hinein in die Wohnstube. Dann sind sie unser.“
„Aber, ich bitte Sie, glauben Sie wirklich, daß die Pascher in diese Falle gehen werden?“
„Gewiß.“
„Aber fein ist die Schlinge ganz und gar nicht!“
„Es wird sich zeigen, wer recht hat.“
Der Gefragte zuckte die Achseln, der Grenzoffizier ebenso; aber der alte Förster meinte:
„Hört, ihr Leute, macht, was er will. Er hat ganz sicher wieder einmal einen Geniestreich ausgeheckt, der Haare auf den Zähnen hat. Ich gehe auch mit!“
„Alter! Was fällt dir ein!“ warnte Frau Barbara.
„Nichts fällt mir ein, als daß ich mir den Spaß auch mit ansehen will. Verstanden, meine Alte?“
„Aber die Gefahr!“
„Gefahr? Rede keinen Unverstand! Der Vetter sagt, daß kein Blutvergießen stattfinden werde, und er weiß zu halten, was er verspricht!“
„Recht so!“ lobte Arndt. „Meine Herren, es ist jetzt nicht Zeit, lange Beratung zu halten. Ich verspreche Ihnen, die Pascher in Ihre Hände zu liefern, wenn Sie binnen jetzt und einer Viertelstunde sich so nach der Mühle schleichen, daß Sie von keinem Schmuggler gesehen werden. Gehen Sie darauf ein, gut! Wenn nicht, dann machen Sie, was Sie wollen. Ich werde in diesem Fall in der Mühle abwarten, ob Ihnen der Fang gelingt. Ich gehe!“
Er entfernte sich und hörte nur noch die Stimme des Försters:
„Wer klug ist, der folgt ihm. Er weiß, was er will; das habe ich heute ganz deutlich gesehen.“
Die Mühle klapperte laut, ein Zeichen, daß Wilhelmi auch heute in Arbeit sei. Er hörte klopfen und öffnete. Als er Arndt erblickte, war sein Erstaunen ebenso groß, wie seine Freude über diesen so unerwarteten Besuch.
„Sie sind es, Herr!“ sagte er. „Willkommen! Bringen Sie Gutes oder Schlimmes?“
„Gutes. Ist Ihre Frau noch wach?“
„Ja; aber soeben wollte sie zur Ruhe gehen.“
„So lassen Sie uns zu ihr gehen. Ich glaube, daß sie heute nicht viel Ruhe finden wird!“
„Weshalb?“
„Kommen Sie nur erst herein!“
Auch die Müllerin freute sich über Arndts Kommen und war ebenso neugierig wie ihr Mann, den Grund desselben zu erfahren. Arndt platzte gleich heraus:
„Wollen Sie mir helfen, den Waldkönig zu fangen?“
Da erschraken beide. Wilhelmi sagte:
„Wir? Ihnen? Inwiefern denn?“
„Indem ich ihn in Ihre Mühle locke!“
„Herrgott! Das ist zu gefährlich!“ sagte die Frau.
„O nein. Wissen Sie, daß ein Preis auf ihn gesetzt ist?“
„Ja. Ich glaube, fünfhundert Gulden.“
„Nun, die sollen Sie sich verdienen.“
„Wir? Fünfhundert Gulden? Oh, warum denn nicht, wenn keine Gefahr dabei wäre!“
„Nicht die mindeste! Und außerdem werden Sie eine ganz bedeutende Prämie erhalten, denn wir werden auch eine große Anzahl Pascher hier fangen und ihnen viele teure Waren abnehmen.“
Prämie? Das klang der Frau wie Musik in den Ohren. Aber sie hatte doch ihre Bedenken:
„Es wird gewiß sehr schwer sein?“
„Nein.“
„Oder gefährlich?“
„Auch nicht.“
„Der Waldkönig wird sich an uns rächen!“
„Er wird unschädlich sein.“
Der Müller hatte sich von seiner ersten Überraschung
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