63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
knarrte in seinen Angeln und der Jude durfte eintreten. Er sah einen weiten, gepflasterten Hof vor sich, welcher von hohen, mit kleinen Gitterfenstern versehenen Gebäuden eingefaßt war.
„Au wei, muß es schlimm sein, zu wohnen in diesen Logis da droben!“ entfuhr es ihm.
„So nehmen Sie sich in acht, daß Sie nicht einmal in die Lage kommen, hier einquartiert zu werden!“
„Gott Abrahams, das werde ich lassen bleiben! Aber wie habe ich zu gehen, um zu kommen zum Herrn Leutnant?“
„Sehen Sie dort an der Tür den zweiten Posten? Der wird Sie anmelden.“
Der Jude folgte dieser Weisung und wurde durch einige enge Gänge und über einige dunkle Treppen nach einem helleren Vorzimmer geführt, in welchem er zu warten hatte. Der Soldat meldete ihn an und wies ihn dann in ein anderes Zimmer, in welches erst nach längerer Zeit der Leutnant Bruno von Scharfenberg eintrat.
Dieser musterte ihn mit wegwerfenden Blicken und fragte dann kurz und rauh:
„Sind Sie dieser Salomon Levi?“
„Ich habe die Ehre, es zu sein, gnädiger Herr Leutnant.“
„Ich kenne Sie nicht. Was wollen Sie von mir?“
„Ich komme zu Ihnen nach Rollenburg, weil ich mich habe müssen erkundigen nach Ihrer Wohnung in der Residenz und Sie dort nicht fand zu Hause.“
„Was hatten Sie dort zu suchen?“
„Ich suchte dort heute früh den Herrn Leutnant, weil ich ihm habe zu zeigen ein kleines Papierchen.“
„Ein Papier?“ fragte der Leutnant. „Meinen Sie etwa einen Brief?“
„Nein, sondern ich meine dieses Zettelchen, auf welches Sie haben geschrieben Ihren geehrten Namen.“
Er zog eine Brieftasche hervor und nahm aus derselben einen Wechsel und gab ihn dem Leutnant hin. Dieser wechselte die Farbe und stieß die Worte hervor:
„Donnerwetter! Daran habe ich gar nicht gedacht!“
„Schadet nichts, gnädiger Herr! Habe doch ich gedacht daran!“
„Ich hatte mir das Datum nicht notiert.“
„Das war nicht nötig, da es doch ist notiert auf der ersten Zeile dieses Akzeptchens.“
Der Leutnant befand sich in sichtlicher Verlegenheit. Er überflog die auf der Rückseite stehenden Namen und sagte dann mit unsicherer Stimme:
„Muß dies denn heute gleich sein?“
„Ja, heute, weil dieser Tag ist angegeben auf dem Papier.“
„Ich habe drei Tage Zeit!“
„Das sagen Schuldner, welche sind faul in der Kasse; der Herr Leutnant aber ist ein reicher Kavalier, er wird bezahlen die kleine Summe sofort.“
„Kleine? Sind Sie des Teufels? Zweitausend Gulden!“
„Oh, was sind zweitausend Gulden für den Herrn Leutnant Bruno von Scharfenberg!“
„Naja! Aber ich habe sie augenblicklich nicht in Händen!“
„Wie? Wird doch haben der Herr Leutnant das Geld in Bereitschaft, da doch heute ist der Tag der Zahlung!“
„Ich habe doch bereits erwähnt, daß ich nicht daran gedacht habe.“
„Das ist mir nicht angenehm. Ich bin gelaufen umsonst nach Ihrer Wohnung und mußte dann fahren für mein Geld und mit großer Versäumnis meiner Zeit nach Rollenburg, um zu präsentieren das Wechselchen. Ich kann nicht zurückkehren ohne den Betrag.“
„Unsinn! Sie werden warten.“
Levi machte eine Bewegung des Schreckes und sagte:
„Warten? Warum nimmt man in Zahlung ein Akzept? Weil man ist überzeugt, zu erhalten das Geld sofort und augenblicklich bei der Vorzeigung des Papieres.“
Der Leutnant strich sich den Schnurrbart. Levi weidete sich an seiner Verlegenheit und fuhr fort:
„Ich will machen einen Vorschlag, welcher wird sein der allerbeste in dieser Angelegenheit.“
„Welchen?“
„Der Herr Leutnant mag selbst gehen zu seinem Onkel. Das ist klüger, als wenn ich zu ihm gehe.“
„Es wird nichts nützen!“
„Oh, der Herr Onkel wird sicher retten die Ehre seines Neffen.“
„Von einer Rettung meiner Ehre kann gar nicht die Rede sein, da sie sich ja nicht in Gefahr befindet!“
„Nicht?“ fragte der Jude, indem er bezeichnend mit den Augen zwinkerte. „Darf es geben für einen Offizier einen unbezahlten Wechsel?“
„Er wird ja noch vor Ablauf der Frist bezahlt!“
„Woher wollen sie nehmen das Geld?“
„Mensch! Halten Sie etwa meine Verhältnisse für so derangiert, daß ich zahlungsunfähig bin?“
„Oh, man ist Geschäftsmann! Man erkundigt sich nach den Leuten, von denen man Zahlung zu erwarten hat!“
Das Gesicht des Leutnants wurde um einen Schatten bleicher. Er fuhr zornig auf:
„Was soll das heißen? Sie haben sich nach mir erkundigt?“
„Mußte ich nicht?“
„Bei
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