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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und antwortete:
    „Ich weiß es nicht; ich weiß überhaupt gar nichts; ich weiß nicht, was ich denken und sagen soll. Diese Überraschung ist so groß; sie kommt so plötzlich, daß es mir ist, als ob meine Sinne sich verwirren sollten. Halte mich, halte mich fest, lieber Gustav, sonst falle ich.“
    Es wurde ihr drehend. Die Farbe kam und ging in ihrem Gesicht; er fühlte das rasche Wogen ihres Busens und das stürmische Klopfen ihres Pulses und machte sich im stillen die bittersten Vorwürfe. Diese zu plötzliche und zu große Überraschung hätte ihren Tod herbeiführen können. Er drückte sie fest, fest an sich und wartete, bis sie etwas sagen werde.
    Aber sie sagte nichts; er merkte nur, daß sie leise aber herzbrechend vor sich hinweinte; sie zuckte unter dem verhaltenen Schluchzen wieder und immer wieder zusammen. Da begann er, ihr zuzusprechen, leise und innig, lange, lange Zeit. Ihre Tränen ließen nach; sie wurde still. Und da, endlich legten sich ihre Arme fest, fest um ihn; ihr Gesicht, welches an seiner Brust verborgen gelegen hatte, kehrte sich ihm zu, und mit leiser aber eindringlicher Stimme fragte sie:
    „Hast du mir vergeben?“
    „Ja, mein Sonnenstrahl.“
    „Ganz? Ganz?“
    „Vollständig. Ich habe dir nie, nie gezürnt.“
    „Und – und – du bist mir noch gut?“
    „Wie sehr, o wie sehr! Alma, mein größtes Weh lag in dem Muß, von dir so entfernt zu sein.“
    „Aber nun, nun bist du da, da bei mir! Und nun soll jeder Augenblick zu einer Ewigkeit des Glücks werden. Ich habe gutzumachen, so viel, so sehr viel!“
    Sie küßte ihn wieder und immer wieder, sie versenkten sich in jenes süße, gegenstandslose Geplauder, dessen nur die Liebe fähig ist; sie vergaßen die Gegenwart und alles, alles Wichtigere, um sich nur in die Augen blicken und gegenseitig zuhören zu können.
    So verging eine sehr geraume Zeit, bis sich Alma erinnerte, daß sie eigentlich nicht hierher gekommen sei, um den verlorenen Geliebten zu finden.
    „Man wartet auf uns“, sagte sie in ängstlichem Ton. „Laß uns gehen, lieber Gustav!“
    „Warte noch einige Minuten. Bis jetzt war's nur das Wiedersehen; nun aber muß doch auch einiges erwähnt und erklärt werden. Mein Sonnenstrahl weiß ja noch gar nicht, weshalb er heute zu mir hereinglänzen sollte.“
    „Ich denke, daß ich es in Gegenwart der anderen erfahren soll.“
    „Einiges muß doch vorher und unter uns besprochen werden, mein süßes Leben. Du fragtest mich vorhin bei Hellenbachs, ob du für heute abend stark genug sein werdest, und ich antwortete mit ja. Nun aber dich unsere Unterredung hier bereits so sehr ergriffen hat, möchte ich doch vorsichtig sein. Darfst du heute von deinem Vater hören?“
    „Gilt es, deine Unschuld zu beweisen?“
    „Ja.“
    „Und wirst du sie beweisen können?“
    „Ich hoffe es.“
    „So mußt du tun, was du für nötig hältst, lieber Gustav. In diesem Fall werde ich stark sein, stärker, viel stärker als damals, wo ich an dir zweifelte. Gott, mein Gott, wie hat meine damalige Schwachheit auf mir gelastet, während der vielen, vielen Jahre. Ich habe von meinen Tränen gezehrt und von meiner Reue gelebt. Gustav, glaube mir, ich habe bitter, sehr bitter gebüßt.“
    „Sprich nicht davon! Ich habe dich, und nun ist alles, alles gut. Ich habe dir bereits, als ich unter der Maske des Fürsten von Befour in deiner Wohnung war, angedeutet, wer der Mörder war.“
    „Ja. Baron Franz.“
    „Wäre die Anklage auf ihn gefallen, so hätte er verurteilt werden müssen. Die Umstände sprachen zwar gegen mich, aber man war förmlich darauf passioniert, mich zum Mörder zu machen. Jetzt nun habe ich eine Mitschuldige in meinen Händen, welche ihn anklagen, ihn verraten und gegen ihn zeugen wird.“
    „Wer ist das?“
    „Seine Frau.“
    „Ella! Also sie ist wirklich seine Mitschuldige?“
    „Ja. Sie wußte wenigstens von dem Mord, den er an deinem Vater beging.“
    „Warum aber trachtete sie, dich zu verderben?“
    „Sie hatte zwei Gründe. Erstens – verzeihe mir – war es mir ganz unmöglich, ihre mir förmlich entgegengetragene Zuneigung zu erwidern –“
    „Ah, sie hat dich geliebt?“
    „Ja, dann aber im Gegenteil desto mehr gehaßt. Und zweitens bekam sie dadurch den Baron Franz in ihre Gewalt und konnte ihn zwingen, sie zur Baronin zu machen, was ja auch geschehen ist.“
    „Dieses Weib! Dieses Weib! Sie ist eine Teufelin!“
    „Sie wird jetzt die Folgen ihrer Mitschuld zu tragen haben.

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