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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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befunden haben. Sie schwiegen, jedenfalls um ihr Schweigen sich gut bezahlen zu lassen. Sie sind ja auch zu Vermögen gekommen. Und um sich nun mit ihrem Gewissen abzufinden, gaben Sie mir die Freiheit. Laß uns davon schweigen. Denken wir jetzt an die Herren, welche unterdessen eingetroffen sein werden.“
    Er verwandelte sich wieder in den Fürsten, gab ihr den Arm und kehrte in den Salon zurück.
    Dort befand sich bereits die Mehrzahl der Geladenen. Sie begrüßten die beiden auf das respektvollste. Und soeben wurde ein Justizrat gemeldet.
    „Der Vorsitzende von damals!“ flüsterte Alma.
    „Ja. Er hatte es ganz besonders auf meine Verurteilung abgesehen. Er stelle mir die Fragen zu meinen Ungunsten. Das ist schon die halbe Verurteilung.“
    Der erwähnte Herr trat ein. Er war pensioniert, trug und gab sich aber als ein Mann, welcher seinen Selbstwert gehörig zu schätzen weiß. Er näherte sich in würdevoller Haltung dem Fürsten, verbeugte sich, aber ja nicht zu tief, und sagte nur:
    „Ausgezeichnete Ehre, Durchlaucht!“
    Das klang so albern, daß der Fürst fragte:
    „Was?“
    „Mein Erscheinen hier.“
    „Für wen? Für mich?“
    „O nein, sondern für mich.“
    „Sehr verbunden!“
    Er stellte den emeritierten Beamten der Baronesse vor und wendete sich dann von ihm ab.
    Es war den Anwesenden anzusehen, daß sie sich über den Grund der Einladung sehr im unklaren waren. Sie flüsterten miteinander, zuckten die Achseln und trugen sehr gespannte Gesichter zur Schau.
    Als alle versammelt waren, deutete der Fürst nach dem gefüllten Büffet und sagte:
    „Meine Herren, ich habe Ihre Anwesenheit gewünscht, nicht um Ihnen ein Souper zu geben, sondern um eine alte, nicht mehr beachtete Erinnerung in Ihnen aufzufrischen. Die meisten von Ihnen sind Juristen. Es handelt sich nämlich um einen ausgezeichneten Kriminalfall, in Beziehung dessen ich Ihr Urteil kennenlernen möchte. Zur beliebigen Erfrischung dabei ist Ihnen das Büffet empfohlen.“
    Der Justizrat verbeugte sich und sagte:
    „Sehr gütig, Durchlaucht. Werde mich Ihrem Wunsche gern akkommodieren!“
    Er trat an das Büffet goß sich ein Glas Wein ein, nippte mit Kennermiene und sagte:
    „Exquisit! Alter, schwerer, dicker, schwarzer Tintio aus Portugal. Liebe diese Sorte! Ist aber selten! Bitte, Durchlaucht: Welchen Kriminalfall?“
    „Ein Fall, den sie alle kennen. Der Angeklagte wurde unschuldig verurteilt.“
    „Unschuldig? Unmöglich!“
    „Warum unmöglich?“
    „Absolut unmöglich! Bedenken Durchlaucht, daß nur helle Köpfe und scharfe Denker das Amt eines Richters bekleiden. Die Logik eines richterlichen Urteiles ist infallibel wie der Papst in Rom.“
    „Und doch haben wir Fälle, daß ein Verdammungsurteil einen Unschuldigen traf.“
    „Könnte mir nicht passieren.“
    Der Justizrat schien für alle anderen das Wort ergriffen zu haben, weil er sich für den Höchststehenden hielt.
    „Und dennoch halte ich auch Sie für fehlbar!“
    „Was? Mich?“
    Seine Brauen zogen sich finster zusammen.
    „Ja, Herr Rat. Alle Menschen sind dem Irrtum unterworfen, und auch Sie sind ein Mensch.“
    „O bitte, Durchlaucht! Erlauben Sie, meine Herren! Ich habe mich stets eines solchen Scharfsinns, einer so gediegenen Divination befleißigt, daß ich mir sagen darf, keinem Menschen zuviel oder zuwenig getan zu haben.“
    „Hm!“ ließ sich eine Stimme hören.
    „Wie? Was?“ fragte er schnell, indem er sich im Kreis umblickte. „Sagte einer der Herren etwas? Nein? Scharfsinn, Gediegenheit, Sorgfalt! Ist auch anerkannt worden.“
    Er deutete dabei mit stolzer Gebärde auf das in seinem Knopfloch befindliche Band.
    Da sagte der Fürst:
    „Sie müssen sich ja selbst kennen, Herr Gerichtsrat, und wir zweifeln ja auch gar nicht daran, daß die Ihnen gewordene Auszeichnung eine wohlverdiente ist. Aber, hm, da kam mir heute eine alte Zeitung in die Hand, in welcher der Bericht einer Gerichtsverhandlung stand, der mich sehr interessieren mußte. Es handelte sich nämlich um einen Doppelmord. Der Mörder wurde zum Tod verurteilt, und wunderbarerweise erkannte ich an den angegebenen Namen, daß die Eltern dieses Mörders in meinen Diensten stehen.“
    „Fatal! Höchst fatal!“ sagte der Justizrat.
    „Wieso?“
    „Hm! Man kann doch nicht die Eltern eines Mörders gern in seiner unmittelbaren Nähe haben!“
    „Was können die dafür?“
    „Durchlaucht, die Krankheiten der Moral sind ebenso ansteckend wie diejenigen des Leibes.“
    „Sie

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