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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erlauben Sie, daß ich Sie jetzt entlasse. Ich bin sehr beschäftigt. Doch, apropos, wollen wir von unserer gegenwärtigen Unterhaltung anderen sagen?“
    „Kein Wort!“
    „Das ist auch meine Meinung.“
    „Der Streich, den wir führen, muß ganz urplötzlich kommen.“
    „Sie haben recht; dann trifft es desto sicherer. Also, für jetzt adieu, Herr Doktor! Baldiges Wiedersehen!“
    Hundert Gulden in der Tasche, verließ Holm einige Minuten später die Kasse des Journals. Dazu das Goldstück, welches er gestern erhalten hatte; seit langer Zeit war er nicht so reich gewesen.
    Er wäre am liebsten nach Hause gegangen, um den Seinen die gute Botschaft möglichst bald zu bringen; aber es war fast neun Uhr, er mußte zum Fürsten von Befour.
    Dort angekommen, wurde er sofort vorgelassen und in das Arbeitskabinett des Fürsten geführt. Bei dem letzteren befand sich Doktor Zander, welcher bereits von allem unterrichtet war.
    Dieser letztere untersuchte die Hand des Violinisten außerordentlich sorgfältig, erkundigte sich nach den während und nach der Verwundung stattgehabten Umständen und ließ dann jedes einzelne Glied und Gelenk der Hand in Bewegung gehen.
    Holm hatte das Gefühl, als ob er einen äußerst folgenreichen Richterspruch erwarte. Auch dem Fürsten war es anzusehen, daß er sich in hoher Spannung befand. Endlich hatte der Arzt sich seine Ansicht gebildet. Er sagte:
    „Haben Sie vielleicht eine Idee von dem anatomischen Bau der Hand, Herr Holm?“
    „So ziemlich.“
    „Nun, der Zeigefinger hat einen besonderen Streckmuskel, und der Daumen und der kleine Finger besitzen außer den am Vorderarm entspringenden Streckern und Beugern noch mehrere in dem Handballen gelegene Muskeln. In den letzteren und dem vorher erwähnten Streckmuskel liegt der Grund Ihres Leidens.“
    „Ist es heilbar?“
    „Gewiß. Ich unterlasse es, zu erklären, in welcher Weise die durch die Kugel teilweise zerrissenen Muskeln sich falsch verbunden haben, weil die Heilung sich selbst überlassen blieb. Wollen Sie mir die Behandlung anvertrauen?“
    „Gern.“
    „Sind Sie für Schmerzgefühle sehr empfindlich?“
    „Ich bin kein Kind, Herr Doktor. Halten Sie eine Operation für nötig?“
    „Ja.“
    „Ist sie bedeutend?“
    „Nein. Die Muskeln haben sich verkürzt. Drei kleine, nicht zu tiefe Einschnitte genügen.“
    „Und wie lange Zeit ungefähr wird die Heilung auf sich warten lassen?“
    „Vielleicht drei Wochen.“
    „Dann kann ich die Hand wieder gebrauchen?“
    „Wie vor dem Schuß. Ich garantiere Ihnen, daß Sie dann die Violine wie vorher beherrschen werden.“
    „Oh, könnte ich Ihnen glauben!“
    „Sie können es!“
    „Wann wollen Sie die Operation vornehmen?“
    „Jetzt gleich, wenn es Ihnen recht ist.“
    „Hier?“
    „Ich reise nachher ab.“
    „Aber Durchlaucht werden inkommodiert –“
    „O nein!“ sagte der Fürst. „Ich interessiere mich für diese Operation so sehr, daß es mir höchst willkommen ist, wenn sie hier vorgenommen wird. Wir sind auf diesen Fall vorbereitet. Alles Nötige ist beschafft.“
    Holm wollte Einwendungen machen, doch sagte Doktor Zander lachend:
    „Bitte keine Überflüssigkeiten! Entweder jetzt oder nie. Da steht der Waschtisch, und daneben liegt alles Nötige. Bitte, kommen Sie!“
    Er zog ein Besteck aus der Tasche und schob Holm an den Waschtisch. Der Fürst selbst hielt den Arm des letzteren. Der Arzt nahm das Messer in die Rechte, die verletzte Hand in die Linke und tat, als ob er die Wunde nochmals untersuchen müsse. Drei höchst rasche, unerwartete Schnitte, nicht tief und fast gar nicht schmerzhaft, dann ließ er die Hand wieder los.
    „Halten Sie sie in das Wasser!“ sagte er.
    „Sind Sie denn schon fertig?“ fragte Holm erstaunt.
    „Ja. Oder denken Sie, daß ich Sie abschlachten wollte? Ein wenig Eisenchlorid, einige Tropfen Karbol, etwas Verbandzeug, dann können Sie wieder gehen.“
    Aber so schnell wurde er doch nicht entlassen. Als er verbunden war und die Hand ihre Befestigung erhalten hatte, wurde er noch zum Bleiben genötigt. Es währte nicht lange, so war der Fürst in die Erlebnisse des Virtuosen vollständig eingeweiht.
    Als Holm später entlassen wurde, ahnte er nicht, wie folgenschwer diese Audienz beim Fürsten später für ihn noch sein werde. Seine Hand schmerzte nicht im geringsten, und der Arzt hatte ihm gesagt, daß er auch das Wundfieber keineswegs zu fürchten habe.

ZWEITES KAPITEL
    Vertauschte Kinder
    Holm lenkte seine

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