63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
jetzt in Erfüllung gehen zu sehen. Also, Sie werden morgen kommen?“
„Ganz gewiß.“
„Ihre Vergangenheit ist den Herrschaften hier wohl nicht bekannt?“
„Nein.“
„Darf man davon sprechen?“
„Ich möchte bitten, dies nicht zu tun.“
„Ganz wie Sie wollen. Es sollte mich herzlich freuen, wenn Doktor Zander morgen Grund fände, Sie in Beziehung auf Ihre Hand mit einer Hoffnung zu erfreuen. Ich habe nicht die Absicht, heute abend länger hier zu bleiben. Leben Sie wohl, Herr Holm!“
Er reichte ihm die Hand und suchte dann den Gastgeber auf, um sich zu verabschieden.
Holm merkte bald, daß er durch diese sichtlich intimere Unterhaltung mit dem Fürsten bei den Gästen an Ansehen gewonnen habe. Und als er später sich bei dem Hausherrn empfahl, fragte dieser ihn:
„Hat der Fürst von Befour Sie vielleicht seiner Protektion versichert?“
„Ja.“
„Nun, dann gratuliere ich! Überhaupt muß ich sagen, daß ich mit Ihren Leistungen sehr zufrieden bin. Das Honorar, welches Sie bereits erhielten, war doch wohl ein wenig zu karg bemessen. Hier, nehmen Sie noch!“
Er drückte ihm noch eine Gratifikation in die Hand. Es war ein Goldstück, wie Holm unten beim Schein der Laterne bemerkte.
So viel wie heute hatte er seit langer Zeit nicht eingenommen. Er ging erfreuten Herzens nach dem Tanzetablissement, in dessen Garderobenraum er seine Violine aufzubewahren pflegte. Es kam vor, daß er hier ganze Nächte lang übte. Zu Hause litt ja der Wirt das Tönen der Violine nicht. Dem Vater und der Schwester fiel es nicht auf, wenn er des Nachts nicht heimkam. Bei dem residenzlichen Leben, welches ja auch während der Nacht nicht ganz zur Ruhe kam, hatte er als Reporter oft Gelegenheit, gerade in der Zeit, während welcher andere schliefen, für sein Blatt eine Ernte zu halten.
Er beschloß, auch heute nicht nach Hause zu gehen. Er ahnte ja nicht, mit welcher Sehnsucht die Schwester ihn erwartete, um ihm ihr freudiges Erlebnis mitzuteilen.
Er brannte sich eine Laterne an und begann in der Garderobe zu üben. Dies tat er, bis die halbe Nacht vergangen war und draußen sich der Frühverkehr zu entwickeln begann. Da legte er die Violine fort, um die Straßen und Frühkaffeestuben nach Neuigkeiten zu durchstreifen.
In einer der letzteren sah er dann die kaum ausgegebene Nummer des Residenzblattes liegen. Er nahm sie zur Hand und las zu seinem Erstaunen das die Tänzerin Miß Ellen Starton betreffende Referat.
Diese Lektüre versetzte ihn in die höchste Aufregung, und er konnte kaum den Augenblick erwarten, an welchem sein Chefredakteur in dem Arbeitslokal zu erscheinen pflegte. Dann ging er zu ihm, um ihn über seinen Irrtum aufzuklären, fand aber leider die erwähnte feindselige Abfertigung – er wurde entlassen, fast konnte man es nennen – fortgejagt.
Noch war es nicht neun Uhr. Dennoch schritt er dem Stadtteil zu, in welchem die Palaststraße lag. Auf diesem Wege kam er an dem Lokal vorüber, in welchem das Regierungsjournal das Licht der Welt erblickte. Er dachte an seine gestrige Unterredung mit dem Kommissionsrat; er wußte, daß dieser bereits um acht Uhr zu erscheinen pflegte, um seine Dispositionen zu treffen, und so kam er auf den Gedanken, sich bei ihm anmelden zu lassen.
Er wurde empfangen. Der Rat saß vor seinem Schreibtisch und hatte die heutige Nummer des Residenzblattes in der Hand. Auf Holms höflichen Gruß antwortete er leutselig:
„Guten Morgen! Aber, Herr Holm, was seid Ihr Leute vom Residenzblatt denn für verblendete Menschen? Haben Sie diesen unbegreiflichen Aufsatz über die Amerikanerin bereits gelesen?“
„Leider, Herr Kommissionsrat.“
„Er enthält die reine Lüge.“
„Oh, nicht bloß Lüge. Er enthält eine teuflische Machination, eine armselige, gewissenlose Verleumdung, darauf berechnet, die Künstlerin lächerlich zu machen.“
„Wer mag der Verfasser sein?“
„Jedenfalls der Chefredakteur selbst.“
„Hm! Ich kenne diesen Herrn. Die Gründe, welche ihm oder vielmehr seiner schmutzigen Feder dieses Machwerk entlockt haben, kann man sich denken. Und solchen Leuten dienen Sie in so gewissenhafter Weise?“
„Das ist aus und vorüber!“
„Wie? Sie haben abgesagt?“
„Er kündigte mir.“
„Ah! Aus welchem Grund?“
„Eben wegen dieses Referats.“
„Sie waren deshalb bei ihm?“
„Ja. Ich bat ihn, eine Berichtigung folgen zu lassen; er aber verweigerte es.“
„Hatten Sie denn Unterlagen zu dieser Berichtigung?“
„Mehr als
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