63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
Schritte seiner Wohnung zu. Dabei kam er in die Gegend, in welcher der Intendant des Residenztheaters wohnte. Eine Strecke vor ihm trippelte ein kleines Männchen die Straße entlang.
„Der Redaktionsdiener“, dachte er. „Den muß ich einholen. Ob er wohl weiß, was zwischen mir und seinem Herrn vorgefallen ist?“
Aber er war nicht weit gekommen, so trat der Kleine in ein Haus, in dessen Parterre sich ein Café befand.
„Er wird dort einkehren“, dachte er. „Ich folge ihm. Komme ich etwas später heim, so kann ich ja nun auch zu Hause bleiben. Mit den Reportern ist es aus.“
Als er in das Café trat, hatte sich der Kleine soeben erst gesetzt. Es waren nur wenige Gäste vorhanden.
„Herr Holm“, sagte der Diener erfreut. „Verkehren Sie auch hier?“
„Nur zuweilen.“
„So haben Sie auch keinen Stammplatz?“
„Nein.“
„Dann bitte! Wird es Ihnen bei mir gut genug sein?“
Er rückte einen Stuhl zurecht.
„Warum denn nicht?“ fragte Holm, indem er sich setzte.
„Na, das ist doch begreiflich; Sie sind Reporter und ich bin nur ein Diener!“
„Pah! Was bin ich anderes als auch nur Diener?“
„Hm! So sagen Sie, aber die anderen nicht. Diese zählen sich zu den berühmten Journalisten. Literaten und Dichtern. Unsereiner verschwindet da.“
„Ich wüßte nicht, was man sich auf das Zusammentragen von Neuigkeiten einbilden sollte!“
„Wichtig ist es doch! Was wäre ein Journal ohne Reporter und Berichterstatter!“
„Man scheint uns aber an gewisser Stelle doch so ziemlich entbehrlich zu halten!“
„An gewisser Stelle? Meinen Sie den Chef?“
„Ja.“
„Nun, der hält ja alle für entbehrlich, sich selbst aber für unersetzlich.“
„Ich habe es erfahren.“
„Ach ja! Sie hatten doch wohl heute früh eine ziemlich laute Verhandlung miteinander.“
„Fast zu laut.“
„Was gab es denn?“
„Meinungsverschiedenheiten. Wissen Sie es nicht?“
„Nein.“
„Ich denke, er hat es Ihnen gesagt?“
„Kein Wort!“
„Sollte mich aber wundern!“
„Wundern? Glauben Sie, er sei so mitteilsam? Um mir solche Mitteilungen zu machen, müßte er mich für gleichwertig mit sich halten. Ein Bürodiener aber ist für ihn gleich Null. Sie haben sich also förmlich mit ihm gezankt?“
„Ja.“
„Darf ich fragen, worüber?“
Holm traute dem Kleinen doch nicht so recht. Er hielt es für besser, zurückhaltend zu sein. Wenn der Diener nicht wußte, daß der Reporter abgesagt hatte, so war leichter eine nützliche Mitteilung aus ihm herauszubringen. Darum antwortete Holm:
„Der Chef hatte die Ansicht, daß ich ihn nicht mit genug Neuigkeiten versehe.“
„Unsinn! Sie können doch die Neuigkeiten nicht machen!“
„Freilich muß ich warten, bis etwas geschieht!“
„Er freilich macht es anders.“
„Wie denn?“
„Er fertigt sich seine Neuigkeiten selbst.“
„Seeschlangen und Enten?“
„Das nicht allein, sondern noch ganz anderes.“
„Was zum Beispiel?“
„Lebensläufe, Charakteristika.“
„Das habe ich noch nicht bemerkt.“
„Nicht? Auch heute nicht?“
„Nein.“
„Haben Sie die heutige Nummer gelesen?“
„Noch nicht. Ich hatte keine Zeit.“
„Nach Neuigkeiten gejagt?“
„Diesmal nicht. Ich bin blessiert. Sehen Sie!“
„Sapperment! Eine böse Hand! Wie ist das geschehen?“
„Nur ein wenig geschnitten. Ich war beim Arzt. Also, was ist's mit der heutigen Nummer?“
„Na, dort liegt sie. Die müssen Sie lesen!“
Er stand auf, holte das Blatt von einem anderen Tisch herbei, schlug die betreffende Stelle auf und sagte:
„Hier! Ich bin neugierig, was Sie dazu meinen.“
Holm las die Stelle so aufmerksam, als ob er sie wirklich noch nicht zu Gesicht bekommen hätte; dann schob er die Zeitung fort und zuckte die Achsel, ohne aber ein einziges Wort zu bemerken.
„Nun, was sagen Sie dazu?“ fragte der Kleine ungeduldig. „Ich bin neugierig auf Ihre Meinung.“
„Ich habe gar keine Meinung.“
„Nicht? Sapperment! Wie kommt denn das?“
„Was geht mich das Ballett an? Es ist nicht mein Ressort!“
„Das mag sein. Aber die Amerikanerin dauert mich.“
„Warum?“
„Weil er sie so schlecht macht.“
„Ist es denn nicht wahr, was er sagt?“
„Ich wette um meinen Kopf, daß er lügt!“
„Sie irren. Er muß doch die Wahrheit schreiben.“
„Da kennen Sie ihn noch sehr schlecht. Er will ihr eins auswischen, weil – hm!“
„Weil –? Nun, warum?“
„Man darf nicht aus der Schule schwatzen.“
„So
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