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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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halten Sie den Mund! Dann aber ist es auch nicht nötig, daß Sie überhaupt anfangen.“
    „Es wurmt einen aber doch.“
    „So lassen Sie sich's wurmen. Mir tut es nichts.“
    „So ein schönes, wunderschönes Frauenzimmer!“
    „Wer denn?“
    „Die Amerikanerin.“
    „Haben Sie sie denn gesehen?“
    „Ei freilich! Sie war ja bei uns!“
    „Wann?“
    „Gestern vormittag.“
    „So! Ich halte von der Schönheit der Amerikanerinnen nichts. Sie sind meist lang, schwach und haben einen Kropf.“
    „Die aber nicht. Das war ein Bild von einem Frauenzimmer. Die reine Melusine, die wahre Fee, der echte Engel!“
    „Sie sind ja förmlich begeistert, Alter!“
    „Ist's denn ein Wunder? Man hat auch seinen Geschmack und seine Gefühle, obgleich andere einem die Küsse vor dem Mund und der Nase wegschnappen!“
    „Sie phantasieren.“
    „Fällt mir nicht ein!“
    „Ah, so haben Sie eine heimlich Geliebte und einen Nebenbuhler, von dem sie sich küssen läßt! Sie armes Wurm! Wie leid Sie mir tun! Folgen Sie meinem Rat, und schaffen Sie sich eine andere an.“
    „Danke für den guten Rat! Habe ihn gar nicht nötig. Ich bin in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal verliebt gewesen.“
    „Also doch einmal?“
    „Ja.“
    „Wer war es?“
    „Eine Ofenkehrerswitwe.“
    „Puh!“
    „Na, sie war nicht übel; aber einen Tag vor der Hochzeit erwischte ich sie mit ihrem Stubennachbar.“
    „Das ist traurig!“
    „Allerdings. Der Kerl sollte bei unserer Trauung den Brautführer machen.“
    „So dürfen Sie es ihm gar nicht übelnehmen, daß er sich vorher mit ihr beschäftigt hat.“
    „Aber in so eingehender Weise war es nicht nötig!“
    „Sie haben es sich natürlich verbeten?“
    „Das versteht sich!“
    „Und was geschah dann?“
    „Was soll denn geschehen sein? Ein halbes Schock Maulschellen hat es gegeben.“
    „Für den Stubennachbar natürlich?“
    „Nein, sondern für mich, ganz verkehrterweise.“
    „O weh. Und das haben Sie sich gefallen lassen?“
    „Ganz und gar nicht.“
    „Sondern –?“
    „Sondern ich habe mich dann zur Treppe herunterwerfen lassen, sonst wäre das Schock voll geworden.“
    „Und was tat denn Ihre Braut dabei?“
    „Die haute eben zu!“
    „Und der Nachbar?“
    „Der hielt mich dabei fest. Herunter warfen sie mich dann gemeinschaftlich.“
    „Und aus der Hochzeit wurde natürlich nichts?“
    „O doch!“
    „Was? Sie haben sie dennoch geheiratet?“
    „Ich? Nein, sondern er.“
    „Ach so!“
    „Seit jener Zeit habe ich nicht wieder daran gedacht, mir eine Frau zu nehmen. Aber man ist Mensch, und in der Bibel steht: Liebet euch! So oft ich ein hübsches Mädchen sehe, denke ich an diese Stelle; stets aber ist's ein anderer, der mir den Bissen vor dem Mund wegschnappt.“
    „Wer?“
    „Der Chef.“
    „Was Sie sagen!“
    „Die Wahrheit!“
    „Sie meinen doch nicht, daß er in der Redaktion –?“
    „Was denn sonst?“
    „Das wäre!“
    „Was wäre es denn? Verflucht? Ja! Sobald ich ihm eine Dame melde, fragt er, ob sie hübsch ist.“
    „Kann er sich denn auf Ihr Urteil verlassen?“
    „Das versteht sich! Da kommen Künstlerinnen, Malerinnen, Schauspielerinnen, Tänzerinnen und andere, welche lobend erwähnt sein wollen, nämlich im Blatt. Dieses Lob müssen sie natürlich bezahlen.“
    „Womit? Wie teuer?“
    „Je nach dem Kurs, nach ihrer Schönheit oder nach der Laune, in der er sich befindet. Daß die Amerikanerin getadelt werden würde, das wußte ich bereits gestern.“
    „Das wundert mich.“
    „Warum?“
    „Sie wird als eine Künstlerin geschildert, welche keinen Schritt tut, um sich einem Redakteur geneigt zu machen.“
    „Sie hat das vielleicht ursprünglich gar nicht beabsichtigt. Sie ist unten in der Expedition gewesen, wie ich dann erfuhr, und da ist es ihr wohl nur so in den Sinn gekommen, auch einmal in die Redaktion zu steigen.“
    „War sie lange da?“
    „Nein. Sie können kaum zehn Worte gewechselt haben.“
    „Feindselig?“
    „Ja. Als er hörte, daß sie ihn sprechen wolle, glänzte sein Gesicht vor Entzücken; als es aber so schnell aus war, da zitterte er vor Grimm.“
    „Und sie?“
    „Na, die hätten Sie sehen sollen! Die rauschte hinaus wie eine Kaiserin, die von einer Hökerfrau gefragt wird, ob sie ihr einmal ihr seidenes Kleid borgen will.“
    „Ihre Vergleiche sind vortrefflich!“
    „Nicht wahr? Das macht, weil ich zur Redaktion gehöre.“
    „Worüber mögen sich die beiden wohl erzürnt

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