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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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worden –“
    „Ja, ja, ich entsinne mich. Dieses Corpus delicti ist noch vorhanden. Hier, sehen Sie!“
    Er schlug die Stelle auf, in welcher die Schnur an ein Blatt Aktendeckel geheftet war. Der Fürst betrachtete sie aufmerksam und fragte dann:
    „Könnten Sie mir vielleicht eine Stunde ihrer allerdings kostbaren Zeit widmen?“
    „Gewiß.“
    „Ich brauche auch einen Obergendarm, einen Vertreter der Staatsanwaltschaft und den Gerichtsarzt. Sie würden die Güte haben, mich nach einem Haus der inneren Stadt zu begleiten, während die genannten Herren auf dem Petrikirchhof auf uns zu warten hätten, aber, wie ich dringend ersuchen muß, in möglichst unauffälliger Weise.“
    „Ich darf doch annehmen, daß genügender Grund zu einem solchen Arrangement vorhanden ist?“
    „Gewiß. Ich habe nicht Zeit, mich in Weitläufigkeiten einzulassen, aber es wird Ihnen noch gegenwärtig sein, daß die angeklagte Werner behauptete, ihr Kind sei ein Knabe gewesen und an Entkräftung gestorben?“
    „So war es allerdings.“
    „Die betreffende Leiche aber war ein kräftiges Mädchen, welches von der Werner nicht als ihr natürlich gestorbenes Kind anerkannt wurde.“
    „Diese Aussage war zu fabelhaft.“
    „Hat aber trotzdem auf Wahrheit beruht. Ich werde Ihnen das richtige Kind der Werner nachher zeigen.“
    „Wie? Was? Durchlaucht, man hat damals viel und ganz vergeblich nach demselben gesucht. Sie dürfen nicht denken, daß wir es an großer Sorgfalt fehlen ließen.“
    „Ich bin überzeugt davon. Also bitte, die Herren sofort zu benachrichtigen. Aber heimlich, sehr heimlich! Und, nehmen Sie diese rote Schnur zu sich. Wir werden sie brauchen, wenn meine Voraussetzungen richtig sind.“
    Der Gerichtsrat traf die nötigen Vorbereitungen und begab sich sodann mit dem Fürsten nach der Droschke, in welcher Holm wartete.
    „Herr Doktor Max Holm“, stellte der Fürst vor, „den Sie noch kennenlernen werden und dessen Scharfsinn es zu verdanken sein wird, wenn es uns gelingt, eine Unschuldige zu rehabilitieren.“
    Der Fürst dirigierte die Droschke nach dem alten Patrizierhaus des Herrn von Scharfenberg. Der Hausmann Kreller sah drei Herren aussteigen und eilte sofort herbei, um nach ihrem Begehr zu fragen.
    „Kommen Sie herein in die Stube!“ gebot der Fürst.
    Drinnen nun, von dem Droschkenkutscher ungehört, fragte er den Hausmann:
    „Dieses Haus gehört dem Herrn Baron von Scharfenberg?“
    „Ja, Herr.“
    „Hatte dieser Herr nicht vor ungefähr etwas über vier Jahren eine Dame bei sich aufgenommen?“
    „Fräulein von Wartensleben. Sie wohnte bei ihm.“
    „Waren auch Sie damals anwesend?“
    „Ich wohne seit langer, langer Zeit hier.“
    „Sie haben also die Dame gekannt?“
    „Ja.“
    „Ich bin der Fürst von Befour, und dieser Herr ist Gerichtsrat und Direktor des Bezirksgerichts. Sie haben also unsere Fragen zu –“
    „Herrgott!“ entfuhr es dem Hausmanne.
    „Sie haben also unsere Fragen der Wahrheit gemäß zu beantworten“, fuhr der Fürst fort. „Hat die erwähnte Dame sich stets bei ungestörter Gesundheit befunden?“
    Der Gefragte wurde verlegen, doch antwortete er:
    „Ihr Wohlsein erlitt allerdings eine mehrtägige Unterbrechung, Durchlaucht!“
    „Was war der Grund dieser Unterbrechung?“
    „Die Geburt eines Kindes.“
    „Wer war der Vater?“
    „Niemand weiß es.“
    „Welchen Geschlechts war das Kind?“
    „Es war ein Mädchen.“
    „Wurde diese Geburt angemeldet?“
    „Ja; ich selbst mußte die Anmeldung übernehmen.“
    „War das Kind kräftig oder nicht?“
    „Es war ein ungewöhnlich kräftiges Mädchen.“
    „Wie lange blieb es bei der Mutter?“
    „So lange, bis diese plötzlich eines Morgens verschwunden war.“
    „Wohin?“
    „Niemand weiß es.“
    „Wo wohnte dieses Fräulein von Wartensleben?“
    „Sie hatte im Bereich des Inspektors Petermann zwei kleine Zimmerchen angewiesen erhalten.“
    „Diese Zimmer sind noch vorhanden?“
    „Ja.“
    „Aber vielleicht anders möbliert, anders eingerichtet?“
    „Nein. Es ist alles so geblieben. Nicht einmal die Decken, Teppiche oder Gardinen sind gewechselt worden.“
    „Aus welchem Grund?“
    „Das weiß ich nicht. Der junge Herr hatte es so befohlen.“
    „Haben Sie den Schlüssel zu diesen Zimmern?“
    „Ja.“
    „Führen Sie uns hinauf!“
    Der Hausmann gehorchte diesem Befehl. Der Gerichtsrat befand sich in einer außerordentlichen Spannung. Was er jetzt bereits hier gehört hatte, ließ ihn

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