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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werden?“
    „Gleich nach der Vorstellung.“
    „Vom Theater weg?“
    „Nein. Wir müssen es so einzurichten suchen, daß sie sofort nach Schluß der Vorstellung hierhergeht, um die kleine Leiche zu beseitigen.“
    „Dies würde keine Schwierigkeit bieten. Aber Sie vergessen das interessante Souper auf dem Bellevue.“
    „Hm, ja, um das komme ich. Ich wollte den heimlichen Zuschauer oder vielmehr Zuhörer machen.“
    „Nun, um diesen Genuß würden Sie ja auch kommen, wenn die Leda bereits vor der Vorstellung arretiert würde.“
    „Das ist wahr. Und doch gönne ich diesem Herrn Léon Staudigel eine gehörige Beschämung!“
    Der Fürst blickte einige Sekunden lang nachdenklich zu Boden, dann lachte er leise vor sich hin und sagte:
    „Da kommt mir ein Gedanke! Wir können ja diesem ehrenwerten Herrn sein Souper lassen!“
    „Mit der Leda? Diese also erst später arretieren?“
    „Nein. Die Herren hier warten auf uns. Sprechen wir später über diesen Gegenstand. Es mag aber bei Ihrem Rat bleiben, daß wir die Leda auftreten lassen.“
    „Und jetzt wollen Sie die Riesin arretieren.“
    „Ja.“
    „Wie nun, wenn sie nicht gesteht?“
    „Wir beide haben sie ja hier beobachtet. Sie selbst haben sie und ihre Mutter und auch die Leda belauscht. Wir sind also Zeugen und uns wird man glauben.“
    „Davon bin auch ich überzeugt, doch halte ich es für vorteilhafter, wenn wir sie in flagranti ergreifen.“
    „Wie soll das geschehen?“
    „Wir locken sie noch einmal hierher, grad so, wie Sie es ja auch mit der Leda machen wollen. Sie müssen Grund bekommen, die Leiche zu entfernen, und dabei werden sie ergriffen, die Mutter sowohl, wie auch die Tochter.“
    „Hm! Sie haben auch hier wieder recht.“
    „Wie aber bringen wir sie dazu, zum zweiten Male herzugehen?“
    „Das ist nicht schwer. Das werde ich auf mich nehmen. Haben Sie noch eine Bemerkung?“
    „Nein.“
    „So werde ich jetzt diese Herren informieren.“
    Er trat zu den Beamten zurück und sagte:
    „Es ist wahr, meine Herren, Herr Doktor Holm hat mir jetzt einige Fingerzeige gegeben, welche so vortrefflich sind, daß ich entschlossen bin, sie zu berücksichtigen. Ich werde demnach den Plan, welchen ich verfolgen wollte, ändern und muß Ihnen einige Bemerkungen machen.“
    Die Herren traten erwartungsvoll näher zusammen und der Fürst fuhr fort:
    „Ich sagte bereits, daß Emilie Werner damals die Wahrheit gesagt habe. Sie wurde Mutter und verheimlichte aus Angst und Scham die Geburt und den Tod des Kindes. Dabei wurde dieser Entschluß durch den schwächlichen Zustand des Kindes, welches auch bald an Schwachheit starb, begünstigt. Es handelte sich darum die Leiche heimlich zu begraben. Dieselbe wurde von der jungen Mutter in eine Schachtel gelegt und des Nachts nach dem Kirchhof getragen, wo an demselben Tag das Begräbnis eines Mannes stattgefunden hatte, dessen Grab am Abend noch nicht vollständig zugeschüttet war. In dieses Grab, in die noch lockere Erde desselben, wollte Emilie Werner das Kind verbergen.“
    „Das war allerdings ihre Aussage“, bestätigte der Gerichtsrat. „Aber sie sprach dann von dem Erscheinen eines zweiten weiblichen Wesens.“
    „Und auch hier sagte sie nur die Wahrheit, obgleich man ihre Worte für lächerliche Ausrede hielt. Nämlich kurz vorher wurde an dem Ort, an welchem ich mit dem Herrn Gerichtsrat gewesen bin, auch ein Kind, ein Mädchen geboren. Die Mutter erwürgte es mit einer roten Rouleauschnur und trug es in Gesellschaft mit ihrer eigenen Mutter nach dem Kirchhof. Die Alte blieb draußen an der Mauer, die Tochter aber stieg über dieselbe weg. Sie hatte die Absicht, den Leichnam des ermordeten Kindes ganz in demselben Grab zu verscharren, an welchem in demselben Augenblick grad die Werner tätig war. Die Mörderin näherte sich dem Grab. Es war die Wartensleben, welche bereits vorhin erwähnt wurde. Sie erschrak, als sie ein zweites Frauenzimmer bemerkte, welches im Begriff stand, auch ein Kind heimlich zu begraben. Sie hatte starke Nerven; Sie erholte sich schnell von dem gehabten Schreck und faßte den Entschluß, sich diese Begegnung zum Nutzen zu lenken.“
    Die anderen Herren hörten mit größter Aufmerksamkeit zu. Der Bericht wurde ja immer interessanter. Der Fürst fuhr fort:
    „Die Wartensleben dachte daran, daß der Mensch die Fäden, an welchem die Zukunft hängt, nicht in der Hand habe. Sie wußte, daß sehr oft ein geringfügiger, unvorhergesehener oder nicht beachteter Umstand zur

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