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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und fuhr mit dem Zeigefinger der Rechten über die Nummern und Namen hin.
    „Da ist ein Wolf!“ sagte der Agent, nach dem Namen deutend, den er gefunden hatte.
    „Ja, das ist der Alte. Erste Etage, Zelle Nummer zwölf.“
    „Weiter!“
    Sie suchten weiter, bis der Fürst sagte:
    „Hier, der Sohn! Auch erste Etage, aber Nummer einundzwanzig.“
    „Da weiß man aber so viel wie gar nichts!“
    „Wieso?“
    „Wo liegen denn nun diese beiden Zellen? Vorn oder hinten? Fängt die Reihe rechts an oder links?“
    „Hm! Hören Sie, Sie wollen das aber doch sehr genau wissen! Das ist auffällig!“
    „Unsinn! Ich interessiere mich nur dafür!“
    „Ach so! Sie interessieren sich nur! Das ist allerdings nichts Ungefährliches. Wie Sie aber nur fragen können! Hier aber ist ja nur der Situationsplan. Die Eins ist die erste Zelle am Hauptgebäude; dann laufen die Nummern nach dem Giebel zu, immer weiter und höher, erst hinter und dann wieder vor. Auf jeder Seite zwölf Zellen. Da steckt also der Vater in der letzten und der Sohn in der vorletzten des zweiten Flügels.“
    „So ist die Sache? Ach so!“
    „Ja. Wollen Sie noch etwas wissen?“
    „Nein; ich danke!“
    „Na, so kann ich die Liste wieder einstecken. Es ist sehr unrecht von mir gehandelt, daß ich solche Sachen verrate!“
    „Ich hoffe doch nicht, daß Sie etwa glauben, ich sei imstande, Ihr Vertrauen zu mißbrauchen!“
    „O nein! So sehen Sie mir gar nicht aus!“
    „Das denke ich auch. Ihre Gefälligkeit wird Ihnen vielmehr gute Zinsen tragen.“
    „Wieso?“
    „Nun, wegen der Stelle, welche ich Ihnen verschaffen will.“
    „Ja, bitte, sehen Sie sich für mich um!“
    „Ich werde es gleich heute tun.“
    „Wollen wir uns hier wieder treffen?“
    „Ja. Vielleicht morgen?“
    „Gut! Ich werde um dieselbe Zeit wieder hier sein. Jetzt aber muß ich wieder fort. Meine Zeit ist abgelaufen.“
    Er steckte die Liste wieder ein, bedankte sich für das Getränk, welches er erhalten hatte, und ging.
    „Dummkopf!“ brummte der Agent. „So ein unvorsichtiger Kerl ist mir doch all mein Lebtag noch nicht vorgekommen! Ich habe es gar nicht für möglich gehalten, so leicht und auf solche Weise zu erfahren, was ich wissen wollte. Jetzt nun in die Siegesstraße, um diesen sogenannten Herrn Robert Bertram kennenzulernen.“
    Er fand das kleine Häuschen und klingelte. Der alte Papa Brandt öffnete.
    „Was wünschen Sie?“ fragte er.
    „Wohnt hier ein Student namens Bertram?“
    „Ja.“
    „Ist er daheim?“
    „Ja.“
    „Bitte, ich möchte einmal mit ihm sprechen.“
    „In welcher Angelegenheit?“
    „Geschäftssache.“
    „Was sind Sie?“
    „Buchhändler.“
    „Und Ihr Name?“
    „Der ist doch wohl Nebensache.“
    „Wie Sie wollen!“
    „Also bitte, melden Sie mich dem Herrn.“
    „Er empfängt jetzt nicht; er arbeitet.“
    „Sagen Sie ihm, daß meine Angelegenheit keine gewöhnliche sei!“
    „Das wird nichts nützen. Wenn Herr Bertram arbeitet, darf ich niemanden zu ihm bringen.“
    „Darf ich vielleicht wiederkommen?“
    „Das können Sie!“
    „Wann?“
    „Kommen Sie um zwei Uhr.“
    „Danke! Adieu!“
    Brandt verschloß die Tür, und der Agent brummte, indem er weiterging, mißmutig vor sich hin:
    „Verdammt! Dieser Student hat ja Moden wie ein hochadeliger Junker! Mich nicht vorzulassen! Ich bin nur neugierig, was für ein Kerl er ist!“ –
    Der Fürst war wieder zu dem Staatsanwalt zurückgekehrt und hatte ihm die Zellenliste überreicht.
    „Nun“, fragte der Beamte; „wie ging es?“
    „Ganz wie ich vermutete. Der Kerl wollte wissen, in welchen Zellen die Schmiede stecken.“
    „Und haben Sie es ihm gesagt?“
    „Ja. Nummer zwölf und einundzwanzig.“
    „Ich mag Ihnen weder widersprechen, noch kann ich Ihnen Vorschriften machen; ich wünsche nur, daß Ihre Berechnungen sich bewähren mögen.“
    „Haben Sie keine Sorge! Ich irre mich nicht.“
    „Der Mann will sie befreien?“
    „Oder töten.“
    „Auf welche Weise?“
    „Durchs Fenster.“
    „Womit?“
    „Gift. Vielleicht denkt er auch an ein anderes Mittel, zum Beispiel an eine geräuschlose Schießwaffe.“
    „Sapperment! Das werde ich mir verbitten!“
    „Versteht sich. Übrigens sind Sie am Tag sicher, daß er nicht kommt. Ich möchte überhaupt vermuten, daß er erst nach Mitternacht ans Werk gehen wird.“
    „Haben Sie Gründe, dies anzunehmen?“
    „Ja. Und außerdem geben Sie doch zu, daß die Zeit vor Mitternacht nicht geeignet ist, mittels

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