64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte
gut! Nicht die geringste Spur davon, daß heute hier gearbeitet worden ist!“
„Und doch haben wir höllisch zugreifen und uns ganz außerordentlich sputen müssen, um noch zu guter Zeit fertig zu werden. Ich bin neugierig, ob Sie den Ort finden werden.“
Der Fürst leuchtete aufmerksam an der Mauer hin und sagte dann: „Hier! Nicht wahr?“
„Warum hier?“
„Hier ist scheinbar der Mörtel zwischen den Steinen herausgebröckelt; das sind die Stellen, durch welche wir sehen und hören werden, wie ich vermute.“
„Erraten! Bitte, Durchlaucht! Sehen Sie?“
Er drückte einige Ziegelsteine nach innen. Es entstand eine Öffnung, groß genug, daß ein Mann hindurchkriechen konnte.
Der Diener kroch hinein, und der Fürst folgte.
Anton brachte die Ziegel wieder in die vorige Lage. Fürst und Diener waren jetzt lebendig eingemauert.
„Hier liegen zwei Quadersteine, welche wir als Sessel benutzen können“, sagte Anton. „Kein Mensch wird uns bemerken oder auch nur unsere Gegenwart ahnen.“
„Ja, das habt Ihr sehr gut gemacht. Es soll an einer Gratifikation nicht fehlen.“
„Darauf haben sich die arbeitenden Kollegen auch fest verlassen“, lachte der Polizist. „Lassen wir die Laternen brennen?“
„Es ist besser, wir löschen aus. Das Licht würde uns blenden, so daß wir durch die Spalten nicht gut bemerken, was draußen vorgeht. Anbrennen können wir sofort wieder.“
Sie bliesen die Laternen aus und harrten nun in großer Spannung, was geschehen werde. –
Kurze Zeit vorher war Adolf in die Kellerrestauration gegangen. Er fand den Agenten anwesend, an dessen Fenster, wie er sich vorher überzeugt hatte, bereits sei längerer Weile zwei Kerzen brannten.
Er setzte sich zu ihm, doch brachte das Gespräch, welches sie miteinander führten, keinen interessanten Gegenstand zur Verhandlung. Ungefähr eine halbe Stunde vor Mitternacht entfernte sich der Agent, und eine Viertelstunde später verließ dann auch Adolf das Lokal, um sich nach dem Rendezvous zu begeben.
Er war längst noch nicht dort angelangt, so schlug es zwölf Uhr. Beim letzten Schlag der Glocke begann er mit dem Stock zu rasseln und das Gaudeamus zu pfeifen.
Der Sturm heulte jetzt so laut, daß Adolf nicht glaubte, gehört zu werden, aber dennoch huschte eine in einen langen Mantel gehüllte Gestalt zu ihm heran, ergriff ihn am Arm und zog ihn fort.
„Kommen Sie dort hinüber“, sagte der Mann, welcher natürlich kein anderer als der Hauptmann gewesen war. „Unter jenem dunklen Portal sind wir wenigstens vor dem strömenden Regen sicher.“
Sie erreichten den Ort und drückten sich so weit zurück, daß sie selbst von einem Vorübergehenden schwerlich bemerkt werden konnten.
„Ich habe Sie gestern bestellt“, sagte der Hauptmann. „Es ist recht, daß Sie gekommen sind.“
Adolf tat so, als ob er wirklich keine Ahnung habe, daß er von dem Agenten, nicht aber von dem Hauptmann bestellt worden sei. Er antwortete: „Ich bin gewöhnt, pünktlich zu sein.“
„Das freut mich, denn in diesem Fall darf ich hoffen, daß unsere Bekanntschaft eine fruchtbringende sein werde.“
„Gestern war sie es leider nicht.“
„Wir kamen zu spät; das war nicht zu ändern.“
„Mich aber ärgert es. Ich hatte den Schmieden einmal mein Wort gegeben. Sie konnten warten.“
„Na, es ist Ihnen ja doch gelungen.“
„Aber für wie lange?“
„Wie? Sie wissen –?“
„Daß sie wieder gefangen sind, natürlich!“
„Wer hat es Ihnen gesagt?“
„Alle Welt spricht davon. Dieser Fürst des Elends muß ein verteufelter Kerl sein. Nicht?“
„Ein alberner Mensch ist er, der sich in alles mischt, was ihn gar nichts angeht. Ich werde ihn bei den Haaren nehmen.“
„Wer holt die beiden dummen Kerle denn nun heraus? Hätten sie in Brückenau gewartet, bis ich kam, so wären sie jetzt frei und nicht wieder gefangen.“
„Vielleicht gelingt es ihnen abermals!“
„Meinetwegen! Mich aber geht die Sache nichts mehr an. Das allerdümmste ist, daß ich nun nichts mehr verdient habe!“
„Vielleicht gebe ich Ihnen eine bessere Gelegenheit, eine hinreichende Summe zu verdienen.“
„Das wäre mir recht! Ich habe heute ein Pech gehabt, welches mir meine gute Laune genommen hat.“
„Welches Pech?“
„Diese dumme Liese ist bös auf mich.“
„Wer ist das?“
„Na, die Sängerin!“
„Ach so, Ihre Herrin?“
„Ja.“
„Weshalb denn böse? Sie sagten doch, daß Sie beiderseits sehr zufrieden seien.“
„Ich dachte
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