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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein.“
    „Anbeter, ja“, antwortete sie, verächtlich die fleischigen Schultern zuckend. „Aber ein Anbeter ist noch kein Liebhaber!“
    „Der Unterschied ist nicht sehr groß, und ich kenne einen, von dem ich doch denken möchte, daß er nicht ganz allein Anbeter gewesen ist.“
    „Wer wäre das?“
    „Ich werde das lieber verschweigen. Sie können ihn sehen, er ist heute ja da.“
    Ihr Auge musterte schnell suchend die verschiedenen Tische und Menschengruppen. Dann antwortete sie:
    „Ich sehe keinen einzigen, den Sie meinen könnten.“
    „Oh, im Saal ist er nicht, sondern da links in dem Nebenzimmer. Er befindet sich in liebenswürdiger Gesellschaft!“
    „Sie machen mich so neugierig, daß ich wirklich einmal nachsehen möchte!“
    „Tun Sie das. Ich warte hier!“
    Sie stand auf und entfernte sich. Er blickte ihr siegesgewiß nach und murmelte für sich:
    „Sie ist entzückend schön. Diese Hulda muß ich haben, und wenn ich sonst etwas tun sollte!“
    Sein Auge folgte ihr fast trunken. Jetzt ging sie an der offenen, in das Nebenzimmer führenden Tür vorüber. Sie blickte hinein. Er sah sie zusammenzucken.
    „Ah, sie hat ihn gesehen“, dachte er. „Nun werde ich es erfahren, ob es mit ihm aus ist.“
    Sie schritt langsam und wie absichtslos promenierend um den Saal herum und kehrte dann zu ihm zurück.
    „Nun, haben Sie ihn gesehen?“ fragte er.
    „Nein.“
    „Er sitzt da drin!“
    „Ich habe wirklich keinen gesehen, für den ich mich interessieren könnte. Wen meinen Sie denn?“
    „Nun, den gewissen Anton.“
    „Anton? Ich kenne keinen Anton“, antwortete sie, indem sie sich erstaunt stellte.
    „Oh, doch!“
    „Dann wissen Sie es besser als ich“, schmollte sie.
    „Besser wohl nicht. Sie sollten eigentlich aufrichtig sein.“
    „Aber wer ist denn dieser Anton?“
    „Er ist – ist – Spion.“
    „Spion? Wie meinen Sie das?“
    „Geheimpolizist.“
    „Ach gehen Sie! Ich habe nie mit der Polizei zu tun gehabt, am allerwenigsten aber gar mit einem Geheimpolizisten.“
    „Auch während Ihres letzten Dienstes nicht?“
    „Nein. Wissen sie überhaupt, wo ich engagiert gewesen bin?“
    „Bei der Baronin von Helfenstein.“
    „Ah! Woher wissen Sie das?“
    Er besann sich ein Weilchen und antwortete dann:
    „Das darf ich Ihnen eigentlich nicht sagen.“
    „Warum denn nicht?“
    „Weil Sie mir dann gewiß sehr böse sein würden.“
    „Ich an Ihrer Stelle ließe es darauf ankommen.“
    „Meinen Sie? Nun, dann will ich es sagen. Aber ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt –“
    „Ich auch nicht“, sagte sie. „Ich heiße Hulda Neumann.“
    „Das weiß ich schon längst.“
    „So scheinen Sie sich also mit mir beschäftigt zu haben?“
    „Allerdings. Mein Name ist August Mehnert; ich bin Goldarbeiter. Ich war bis vor kurzer Zeit Gehilfe, und da ich nicht zu den Verschwendern gehöre und nicht bei meinem Prinzipal wohnen konnte, so hatte ich mir eine unter dem Dach gelegene, billige Schlafstelle gemietet. Die lag nach hinten. Ich konnte aus dem kleinen Fenster auf die Seitenfront eines gewissen Palais sehen. Da gab es ein Fenster, welches stets erleuchtet wurde, sobald eine gewisse Baronin zur Ruhe gegangen war.“
    Sie errötete und fragte:
    „Konnten Sie weit in dieses Fenster blicken?“
    „Ich konnte das ganze Zimmerchen übersehen.“
    „Abscheulich!“
    „O nein. Was ich da sah, war keineswegs abscheulich.“
    Hulda war keineswegs prüde. Sie wußte, daß sie hübsch sei. Sie hörte gern, daß man ihr dies sagte. Sie wollte es auch hören. Sie wollte wissen, was er gesehen habe und welchen Eindruck sie gemacht hatte; darum fragte sie:
    „Eigentlich gehen mich Ihre Entdeckungen gar nichts an; aber vielleicht ist es interessant, was Sie erblickten?“
    „Sehr! Ich lag des Abends zur bestimmten Zeit stets an meinem Fenster. Ich hatte kein Licht brennen, um mich nicht zu verraten. Wenn dann drüben das Licht erschien, sah ich ein wunderherrliches Mädchen, welches –“
    „Welches – nun?“
    „Welches schlafen ging“, flüsterte er, sich verliebt zu ihr niederbeugend.
    „Da war es höchst unrecht von Ihnen, sich an das Fenster zu stellen. Sie sind ein sehr indiskreter Herr!“
    „Oh, die Dame war noch viel indiskreter. Sie hätte doch die Vorhänge schließen können.“
    „Vielleicht hatte sie keine Ahnung, daß sie belauscht werden konnte. Übrigens pflegen die Herren sich nur zu oft solcher Sachen zu rühmen, die gar nicht geschehen

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