65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Gefangener.“
„Das lassen Sie sich doch wohl nicht träumen!“
„Träumen nicht. Sie sind es in Wirklichkeit.“
„Versuchen Sie es!“
Er warf sich in eine verteidigende Stellung.
„Dummer Mensch!“ lachte Holm. „Mit dir wird gar kein großer Summs gemacht. Da hast du!“
Er holte aus und gab ihm mit der Faust einen blitzschnellen und so kräftigen Schlag ins Gesicht, daß der Getroffene sofort zu Boden stürzte. Holm kniete augenblicklich auf ihn und sagte zu Robert:
„Ich glaube, auch hier gibt es Gardinenschnüre. Geben Sie einmal her!“
In wenigen Augenblicken war auch der Diener gefesselt. Sie schlossen ihn ebenso im Zimmer ein und steckten den Schlüssel zu sich. Draußen war es indessen lebendig geworden. Das übrige Dienstpersonal war erwacht. Sie alle kamen herbei.
„Hat jemand von euch das Fräulein gesehen?“ erkundigte sich Holm.
„Ja“, antwortete die Köchin.
„Wo?“
„Sie hatte ein Paket im Arm und eilte mit dem gnädigen Herrn die Treppe hinab und zum Tor hinaus.“
„Ihr bleibt alle hier. Wer nicht gehorcht wird arretiert. Rührt euch nicht von der Stelle!“
Die beiden sprangen die Treppe hinab und zur Tür hinaus. Da standen Ellen und Hilda, ihrer wartend. Sie berichteten, daß der Freiherr mit seiner Tochter an ihnen vorübergegangen sei, in allerhöchster Eile. Noch während sie sprachen, kam ein Mann herbei, in dem sie den Leutnant von Hagenau erkannten.
„Ah, hier sind Sie!“ sagte er. „Kommen Sie! Ich brauche Sie sehr notwendig.“
„Wozu?“
„Sagen Sie mir erst, ob der Freiherr etwas begangen hat, was ihn strafwürdig macht.“
„Ja, sehr viel. Er ist leider entkommen.“
„Sie sollen ihn haben. Ich weiß, wo er ist. Ich sprang den beiden nach. Sie blieben stehen, ohne mich zu bemerken. Sie waren ganz außer Atem, so daß sie sehr laut und unvorsichtig sprachen. Der Freiherr sagte, daß er verraten und verloren sei, daß er fliehen müsse, aber nicht wisse, wohin sogleich. Da sagte der andere, er solle seine Tochter schnell holen und mit ihm nach dem Turm kommen. Dort werde ihn kein Mensch finden.“
„Das ist gut, sehr gut. Er hat die Tochter geholt, wie ich gehört habe, und ist mit ihr fort. Wir müssen nach.“
„So kommen sie schnell!“
Er wollte fort; aber Hilda Holm ergriff ihn bei der Hand und sagte voller Angst:
„Halt, Herr Oberleutnant, Sie müssen hierbleiben! Sie sind ja verwundet!“
Man hatte im Flur ein Licht angebrannt. Im Schein desselben, welcher bis vor das Tor drang, sah man das Blut, welches an ihm herniederfloß.
„Verwundet?“ fragte er, sich betrachtend. „Wahrhaftig, das habe ich gar nicht bemerkt. Aber gefährlich kann es nicht sein, sonst würde ich es fühlen. Ich gehe also mit!“
„Nein, nein!“ sagte das schöne Mädchen. „Ich lasse Sie nicht fort. Sie bleiben! Sie müssen verbunden werden!“
„Ja, Herr Leutnant, meine Schwester hat recht“, sagte Holm. „Wir werden die Flüchtigen auch ohne Sie bekommen. Sehen Sie nach Ihrer Wunde. Ist sie nicht gefährlich, dann um so besser. In diesem Fall können wir Ihnen die beiden Gefangenen anvertrauen. Hier sind die Schlüssel!“
Er instruierte ihn und dann eilte er mit Robert davon.
„Na, so muß ich den Damen gehorchen!“ sagte Hagenau. „Bitte, kommen Sie herein. Ich werde mich der zwei Gefangenen vergewissern. Das ist zunächst die Hauptsache.“
Er trat mit den beiden Damen in den Schloßflur. Oben an der Treppe stand die Dienerschaft. Diese Leute kannten ihn als den Sohn des benachbarten Grundbesitzers. Sie wußten auch, daß er Offizier sei und hatten Respekt vor ihm. Seine militärische Umsicht machte sich auch sofort geltend, denn er befahl einem der Leute:
„Du wirst mich kennen und mir also gehorchen. Es sind hier Dinge geschehen, die euch gefährlich werden können, wenn ihr nicht sofort und genau tut, was ich von euch verlange. Eile in das Dorf und wecke den Ortsvorsteher. Er soll die Männer und die Burschen aus den Betten holen lassen und sich möglichst rasch hier bei mir einfinden. Wer eine Waffe hat, soll sie mitbringen, denn die Leute sind bestimmt, hier im Schloß und wohl auch noch anderswo Wache zu stehen.“
Der Mann eilte schleunigst fort, um dem Befehl Gehorsam zu leisten. Die Köchin wurde beauftragt, Leinenzeug zum Verband herbeizuholen und die anderen mußten mit in das Vorzimmer kommen, wo der Diener Daniel lag.
Dieser war so fest gebunden, daß er kein Glied zu rühren vermochte. Der Goldarbeiter Jakob
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