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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mich besser pflegen, als wenn Sie sich in meilenweiter Entfernung von mir auf irgendeinen Stuhl niederlassen!“ –
    Holm und Robert Bertram waren, wie bereits gesagt, fortgeeilt, um nach dem Turm zu gehen. Als sie an den Obstbäumen vorüberkamen, sagte der letztere, indem er stehenblieb:
    „Halt! Da kommt mir ein Gedanke. Werden wir in den Turm können?“
    „Wohl schwerlich.“
    „Ja; die Flüchtlinge werden sich dort einschließen. Ich habe am Nachmittag gesehen, daß sich Fenster in dem Mauerwerk befinden. Vielleicht sind wir gezwungen, durch eins derselben einzusteigen.“
    „Kann man nicht wissen. Möglich ist es.“
    „Wie aber kommen wir hinauf an ein Fenster!“
    „Ah, Sie denken vielleicht an die Leiter dort?“
    „Ja. Wollen wir sie mitnehmen?“
    „Sie hält uns auf, sie ist uns hinderlich!“
    „Aber es ist doch besser, wir haben sie, wenn wir sie brauchen, als daß wir sie dann erst holen müssen und dabei vielleicht wichtige Zeit verlieren.“
    „Vielleicht haben Sie recht. Nehmen wir sie also mit!“
    Sie begaben sich nach der Giebelseite des Gebäudes, wo die Leiter noch am Fenster lehnte. Dabei trat Holm auf einen harten Gegenstand. Er bückte sich und hob ihn auf.
    „Hier habe ich ein Doppelgewehr“, sagte er. „Es ist jedenfalls dasjenige, mit welchem auf den Leutnant geschossen wurde. Es war nur ein Schuß. Vielleicht – ja, da fühle ich es, daß der eine Lauf noch geladen ist. Dieses Gewehr kann uns von großem Vorteil sein.“
    Er warf es über. Dann ergriffen sie die Leiter. Diese war nicht gar sehr lang und also nicht zu schwer. Einer vorn und der andere hinten, konnten sie damit ganz gut im Trab fortkommen.
    Da sie den Turm bereits am Tag gesehen hatten, kannten Sie die Lage desselben und so verfehlten sie ihn nicht, trotzdem es ziemlich dunkel war. Eins der schießschartenähnlichen Fenster war erleuchtet.
    „Sie sind da“, sagte Bertram. „Hier auf dieser Seite befindet sich die Tür. Probieren wir, ob sie offen ist!“
    „Werden sich hüten! Sie haben den Eingang auf alle Fälle verschlossen. Das versteht sich ganz von selbst.“
    Sie legten die Leiter nieder und näherten sich dem Eingang. Hinter der starken, aus Bohlen gezimmerten Tür ließ sich ein grimmiger Knurrer hören.
    „Ein Hund!“ sagte Bertram.
    Das Tier hatte seine Stimme gehört. Es schlug laut an.
    „Zurück!“ flüsterte Holm. „Der Hund wird unsere Anwesenheit verraten.“
    „Wir müssen aber doch handeln, und da merken sie doch, daß wir hier sind.“
    „Aber ehe wir handeln, müssen wir wissen, woran wir sind. Ich bin einige Male in Bad Reitzenhain gewesen, um Vater und Schwester zu besuchen. Da habe ich Gelegenheit gehabt, von diesem Einsiedler zu hören. Er ist ein ausgesprochener Menschenfeind und läßt seinen Turm von einem Hund bewachen, der ein wahrer Teufel sein soll, eine Art Bluthund, der auf den Mann geht und jeden zerreißt, der sich zu weit vorwärts wagt.“
    „So ist es zu verwundern, daß sich das Tier hinter der Tür und nicht hier außen befindet.“
    „Der Hund wird unbemerkt mit ihnen eingedrungen sein. Kommen Sie jetzt da an das Fenster.“
    Sie hoben die Leiter wieder auf und legten sie an. Sie war höher als das Fenster, sie reichte ein ganzes Stück über dasselbe empor. So war es möglich, daß alle beide hinaufsteigen und in das Fenster blicken konnten, Holm auf der Leiter stehend und Bertram sich von unten an die Sprossen haltend.
    Das Fenster war fast mannshoch, aber seine Breite betrug nicht mehr als eine Elle, so daß im Notfall ein Mann nur in Querstellung hineinsteigen konnte. Der Rahmen schloß nicht ganz an den Stein, der Mörtel, welcher beide zusammengehalten hatte, war im Laufe der Zeit ausgebröckelt, darum konnte man von außen die Stimme der drin Sprechenden vernehmen.
    Zu sehen war nur Theodolinde. Sie saß auf einem alten Polsterstuhl und schien der Unterhaltung der beiden Männer, welche der Blick der Lauscher nicht zu erreichen vermochte, mit Spannung zuzuhören. Ihr Gesicht hatte einen gespannten, hochmütigen Ausdruck. Zuweilen blitzte ihr Auge verächtlich oder zornig auf, oder sie zuckte zusammen und bewegte sich hastig auf dem Stuhl, als ob sie auf jemand einspringen oder irgendeinen hastig auf etwas Wichtiges aufmerksam machen wolle.
    Endlich nahm sie auch mit teil an der Unterhaltung. Die beiden hörten sie sagen:
    „Ja, bleiben können wir nicht.“
    „Fort müssen wir, schleunigst fort“, erklang die Stimme ihres Vaters.
    „Und

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