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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte er nicht bemerkt, daß sich der Hund mit hereingeschlichen und dann neben der Treppe niedergelegt hatte.
    Oben in der Wohnstube angekommen, brannte der Besitzer des abenteuerlichen Aufenthaltsorts ein Licht an, ließ den Besuch sich niedersetzen und bat dann um die Erklärung des heutigen Ereignisses. Der Freiherr erzählte ihm ein Märchen, welches ihm da einfiel, denn die Wahrheit zu gestehen, konnte ihm gar nicht in den Sinn kommen. Das aber, was er erzählte, war so eingerichtet und ausgesonnen, daß es eine schleunige Entfernung aus der Gegend erforderte. Als der Erzähler geendet hatte, sah der Einsiedler eine Weile vor sich nieder, dann fragte er:
    „Können Sie Ihre Flucht ohne Hilfe bewerkstelligen?“
    „Leider nicht.“
    „An wen wollen Sie sich wenden?“
    „Ich habe aufrichtig gestanden, zu keinem Menschen ein richtiges Vertrauen.“
    „Auch zu mir nicht?“
    „Sie wären allerdings der einzige.“
    „Nun, ich bin gern bereit, Ihnen nach Kräften beizustehen; aber Ihre Tochter ist die Verlobte Hagenaus.“
    „Fällt keinem Menschen ein!“
    „Wirklich? Ich verlange, daß Sie mir in aller Form und Aufrichtigkeit sagen, ob ich Ihnen als Schwiegersohn willkommen bin.“
    „Wenn Sie beweisen, daß Sie meine Tochter wahrhaft liebhaben, ja.“
    „Wie soll ich das beweisen?“
    „Durch Ihre Hilfe.“
    „Gut. Ich habe mehr Mittel, Ihnen zu helfen, als Sie denken. Horch! Schlug nicht der Hund an?“
    „Ich habe nichts gehört.“
    Der Einsiedler hatte doch recht vernommen, beruhigte sich aber doch und fuhr im Gespräch fort. Die drei ahnten nicht, daß draußen eben jetzt eine Leiter angelegt wurde, zum Zweck, ihr Gespräch zu belauschen. Holm und Robert Bertram hörten die nun folgenden Worte und dann begab sich Winter in die nebenan liegende Kammer.
    „Jetzt zeigt er uns sein Geld“, flüsterte Theodolinde.
    „Ob es viel sein wird?“
    „Er scheint fürchterlich reich zu sein. Ein Hieb, ein Stich jetzt, und alles gehört uns. Willst du?“
    „Hm! Ich habe hier das Messer, welches ich ihm vorhin borgte. Es ist spitz und scharf –“
    „Also! Willst du?“
    „Wenn es nicht zu schwer ist.“
    „Pah! Du stellst dich neben ihn, zu seiner Linken, damit du die rechte Hand zum Stoß hast. Ich werde ihn veranlassen, sich zu bücken. Ein Stoß von hinten in das Herz, und seine ganze Habe gehört uns. Ich hoffe, daß du einmal keine Memme, sondern ein Mann bist.“
    „Gut, der Kerl soll sterben, notabene, wenn es sich der Mühe verlohnt!“
    Er steckte das Messer wieder zu sich und bald darauf kam Winter unter die Tür, um sie aufzufordern, zu ihm in die Kammer zu treten.
    Dort hatte er seine Reichtümer ihren erstaunten Augen zugänglich gemacht. Was sie sahen, blendete sie förmlich. Theodolinde gab ihrem Vater einen Wink, infolgedessen er sich an Winters linke Seite stellte. Der Freiherr befand sich beim Anblick des funkelnden Reichtums wie im Traum. Eine entsetzliche Habgier bemächtigte sich seiner; er zog das Messer hervor – Winter bückte sich, von einer Bemerkung des Mädchens dazu verleitet, und sofort bohrte sich das Messer in seinen Rücken. Der Mörder wollte abermals stoßen, da krachte es am Fenster, der Blitz des Schusses durchzuckte die Kammer, und der Freiherr stürzte mit zerschmettertem Kopf nieder. Halb vor Schreck, halb vor Angst warf Theodolinde sich neben ihn hin.
    Da flog das Fenster samt dem Rahmen herein und die beiden Lauscher kamen nachgesprungen.
    „Mörderin! Sie sind meine Gefangene!“ rief Holm, indem er das Mädchen erfaßte und emporriß.
    Sie blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, geradeso, als ob sie ein Gespenst erblicke.
    „Mörderin? Ich?“ stieß sie hervor.
    „Ja. Sie haben es angestiftet!“
    „Nein!“
    „Schweigen Sie! Wir haben alles gehört!“
    „Es ist nicht wahr, nicht wahr! Lassen Sie mich!“
    Sie riß sich los und sprang nach der Tür, um zu entfliehen; aber Holm ergriff sie schnell und schleuderte sie zurück, indem er sagte:
    „Herr Bertram, bewachen Sie dieses Scheusal, während ich nachsehe, wieviel Leben sich noch in diesen beiden Männern befindet.“
    Das Mädchen sah sich verloren und sank auf einen Stuhl nieder. Robert Bertram stellte sich zwischen die Tür und die Sünderin. Holm bückte sich zu dem Freiherrn nieder.
    „Tot!“ sagte er. „Die Kugel hat nur zu gut getroffen. Dieser Kerl sollte leben, um eine ganz andere Strafe zu erleiden. Schade, schade!“
    Die Tochter hörte diese Worte, sie vernahm, daß

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