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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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liebliche Angesicht; sie aber hielt die Augen niedergeschlagen.
    „Mariechen!“ bat er.
    „Wilhelm!“
    „Ist's wirklich aus?“
    „Ich dachte, es müßte.“
    „Und darum kamst du nicht? Und darum schriebst du mir nicht? Nur darum allein?“
    „Ganz allein“, hauchte sie.
    „Ich dachte, du hättest mich nicht mehr lieb.“
    „O sehr, sehr!“
    Dabei verbarg sie das Gesicht an seinem Herzen.
    „Gott sei Dank!“ sagte er. „Was bin ich doch für ein großer Esel gewesen! Weißt du, was ich hätte tun sollen?“
    „Was?“
    „Ich hätte schnurstracks zu dir kommen sollen. Deine Baronesse hätte mir wohl erlaubt, einige Worte mit dir zu sprechen. So aber habe ich mir dumme Sorgen gemacht und mich ganz unnötig gegrämt. Das aber wird nun anders. Mariechen, ich sage dir: Ich schreibe nicht wieder!“
    „Nicht?“ fragte sie, in seiner Umarmung glücklich zu ihm auflächelnd.
    „Nein. Was ich dir zu sagen habe, kann ich dir mündlich sagen. Soll ich? Darf ich?“
    „Ja.“
    „Also wir treffen uns alle Tage vor eurer Tür, abends punkt neun Uhr.“
    „Gut!“
    „Wenigstens heute, morgen und übermorgen. Fällt uns etwas anderes, Besseres ein, können wir es uns sagen. Jetzt aber darfst du nicht widersprechen!“
    „Das tue ich nicht.“
    „Und die Augen zumachen!“
    „Gut! So?“
    Er gab ihr einen Kuß, daß es laut schallte. Im Nu waren ihre Augen auf.
    „Um Gottes willen! Was machst du!“ sagte sie.
    „Das hast du nicht gemerkt? Dann gleich noch einmal! Komm!“
    Er wollte ihr noch einen Kuß geben; sie aber wehrte ihn von sich ab und sagte:
    „Nein, nein! Die alte Dame draußen hört es ja!“
    „Gott bewahre!“
    „Freilich!“
    „Hätte sie es wirklich gehört?“
    „Natürlich! Du bist viel zu laut!“
    „Ach so! Na, dann leiser, viel leiser! Komm, Mariechen!“
    Er nahm sie beim Kopf, hob ihr Gesicht in die Höhe und näherte seinen Mund ganz, ganz langsam ihren Lippen.
    „Paß auf!“ flüsterte er. „Jetzt sollst nicht einmal du etwas hören!“
    „So gar sehr leise braucht es nicht zu sein!“
    „Wie denn? Halb und halb?“
    „Ich will es dir zeigen. So!“
    Sie schlang die Arme um seinen Nacken, zog seinen Kopf zu sich herab und küßte ihn.
    „Ach so!“ sagte er. „Das muß ich mir merken, und damit ich es nicht vergesse, rasch noch einmal!“
    Er küßte sie wieder und immer wieder. Sie entgegnete seine Küsse mit glückstrahlendem Gesicht. Sie waren beide so vertieft in diese angenehme Beschäftigung, daß sie weder hörten noch sahen, was geschah.
    Die Tür hatte sich geöffnet und mit durch den Teppich gedämpften Schritten waren der Fürst und Doktor Zander eingetreten. Sie blickten lächelnd den beiden zu. Endlich aber sagte Zander laut:
    „Gesegnete Mahlzeit, meine Herrschaften!“
    Die beiden Ertappten fuhren herum. Marie stieß einen Schrei des Schreckens aus und wußte sich keinen anderen Rat, als daß sie blitzschnell nach dem Fenster sprang und sich dort hinter der Gardine versteckte. Fels blieb stehen. Auch sein Gesicht erglühte, aber er verlor doch die Fassung nicht, sondern er antwortete:
    „Ich danke, Herr Doktor! Hatten Sie uns vielleicht zu dieser Mahlzeit eingeladen?“
    „Ja.“
    „Ah! Das ist verwunderlich!“
    „Nicht sosehr. Ich wußte, daß Sie Appetit hatten.“
    „Woher?“
    „Es stand einer zuweilen vor der Wohnung der Baronesse von Helfenstein und blickte mit solcher Sehnsucht nach den Fenstern, daß ich mir vornahm, ihm seinen Herzenswunsch zu erfüllen. Bitte, Fräulein Bertram!“
    Er holte sie hinter der Gardine hervor. Wohl selten ist ein Mädchen so rot gewesen wie Marie in diesem Augenblick. Ihr Gesicht glühte förmlich, und ihre Augen standen voller Tränen der Verlegenheit.
    „Bitte, schämen Sie sich Ihrer Liebe nicht!“ sagte der Arzt im freundlichsten Ton. „Auch ich habe mir in diesen Tagen eine Geliebte errungen; wir sind also Gefährten des Glücks.“
    Vor ihm hätte sie sich vielleicht weniger geniert als vor dem Fürsten; aber der milde Blick des letzteren stillte endlich auch Maries Herzklopfen.
    „Sie werden jetzt im Ernst fragen, weshalb ich Sie zu mir bestellt habe“, sagte Zander. „Erraten Sie es nicht, Herr Fels?“
    „Nein.“
    „Hat man Ihnen im Bezirkshaus nichts gesagt?“
    „Kein Wort.“
    „Ja, ich hatte das gewünscht. Nun aber ist es an der Zeit, daß Sie es erfahren. Ihre Mutter befindet sich bei mir.“
    „Ach so! Also deshalb war sie nicht zu sprechen!“
    „Ja, deshalb. Der Fall

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