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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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plötzlich so gestiegen und reißend geworden sein?“
    Und als der Fex es erklärte, fragte er:
    „Ist es gefährlich, jetzt überzusetzen?“
    „Eigentlich nicht, wann das Holz nicht durchbricht. Wir können warten, bis die Flut vorüber ist.“
    „Wie lange dauert das?“
    „Wohl fast eine ganze Stunden.“
    „So lange warten wir nicht“, erklärte der König. „Das Holz wird doch nicht grad dieses Mal durchbrechen. Auch müßte es gleich bei dem ersten Andrang das Wehr durchstoßen haben. Jetzt ist das nicht mehr zu befürchten.“
    „Ei gar wohl!“ entgegnete der Fex. „Wann die Baumstämmen lange Zeit gegen das Wehr stemmen, kann's leicht nachgeben.“
    „Wir kämen dennoch hinüber. Kannst du kräftig rudern, Fährmann?“
    „Das möcht ich schon meinen!“
    „So steure ich.“
    „Kannst das auch richtig?“
    „Ja. Also eingestiegen!“
    Er nahm auf dem hohen Sitz am Steuer Platz. Die beiden andern setzten sich auf die hintere Ruderbank, und der Fex ergriff das vordere Ruderpaar.
    „Sollen wir mit rudern helfen?“ fragte Wagner.
    „Nein, ja nicht“, antwortete der Fex. „Ihr könntet's leicht verderben. Es wäre allemal besser, wann wir noch ein bißle warteten, ob das Wehr und der Damm auch gehalten haben.“
    „Das ist unnötig“, erklärte der König. „Vorwärts!“
    Die Fähre ging vom Ufer ab. Leider aber zeigte es sich, daß der Fex recht gehabt hatte. Sie hatten kaum die Mitte erreicht, so sah man von oben eine dunkle Masse herabkommen. Der Fex, dessen Blick immer nach aufwärts gerichtet gewesen war, bemerkte sie zuerst.
    „Wir müssen zurück!“ rief er aus. „Das Holz kommt. Lenk um, lenk um!“
    „Nein, vorwärts, vorwärts! Wir kommen noch hinüber. Leg dich nur fest in die Ruder.“
    „So geb's Gott!“
    Der Fex griff so mächtig ein, daß sich die Ruder bogen. Die dunkle Masse kam schnell heran. Es schien, als ob die Fähre gar nicht vorwärts käme. Wagners Angst stieg. Er rief:
    „Schnell, schnell! Um Gottes willen schnell! Herr Konzertmeister, greifen Sie mit zu den Rudern! Wir müssen helfen.“
    „Nein, nein!“ schrie der Fex. „Ich bring's allein schon fertig! Wann ihr falsch einlegt, so ist's um uns geschehen.“
    Aber die beiden ließen sich nicht belehren. Sie stießen die Ruder in die Flut und begannen zu arbeiten.
    „So nicht, so nicht!“ rief der Fex. „Ihr rudert ja zurück! Weg mit den Rudern.“
    „Ja, schnell fort!“ stimmte der König bei. „Ihr versteht es nicht. Wir haben nun schon mehrere Ellen eingebüßt. Fährmann, rasch, kräftig! Um des Himmels willen! Das Holz wird augenblicklich hier sein!“
    Der Fex stieß einen Ruf aus, wie der Löwe brüllt, wenn er seine ganze Kraft zum Sprung zusammennimmt. Von der übermenschlichen Gewalt, welche er anlegte, brach eins seiner Ruder, aber die Fähre hatte einen so mächtigen Anstoß erhalten, daß sie mit diesem einzigen Ruck fast an das Ufer gelangte. Der Fex ergriff die Kette und tat den gefährlichen Sprung an das Land, welches er auch glücklich erreichte. Die Fähre mit der Kette an das Ufer ziehend, rief er dem König zu:
    „Jetzt schnell das Steuer grad, daß die Fähr so langhin ans Ufer trieben wird!“
    Dabei befestigte er die Kette, damit das Fahrzeug nicht mit fortgerissen werde. Aber der König gab in halber Bestürzung dem Steuer eine falsche Richtung. Im nächsten Augenblick waren die riesigen Baumstämme da. Ein Stoß an den hinteren Teil der Fähre, daß man glauben konnte, alles sei zerschmettert, und – der König stieß einen Schrei aus und wurde in das Wasser geschleudert, mitten zwischen den rollenden Stämmen hinein.
    Einen Augenblick lang versagte dem Konzertmeister und Wagner die Sprache. Dann schrien beide entsetzt auf.
    „Herr, mein Gott! Er ist verloren!“ rief Wagner, indem er eine Bewegung machte, nachzuspringen.
    „Rettung! Rettung! Hilfe!“ zeterte der Italiener. „Soccorso, soccorso, aiuto!“
    „Halt! Still!“ kommandierte der Fex, welcher keinen Augenblick die Geistesgegenwart verloren hatte. „Springt an das Land, sonst ergreift's auch euch. Ich hole ihn heraus.“
    „Das ist unmöglich!“ rief Wagner.
    „Ich bring ihn. Paßt auf! Wann ich nicht gleich komm, so habt keine Angst.“
    Er tat einen Satz hinaus auf die Stämme und fuhr untertauchend zwischen sie hinein in die kochende wirbelnde Flut.
    Wagner stand steif in der Fähre. Er brachte kein Wort hervor. Der Italiener jammerte in allen Ausdrücken der italienischen und der deutschen

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