66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Dank, daß du noch lebst! Du bist grad eben jetzt in guter Sicherheit.“
„Wer bist du?“
„Kennst mich nicht an meiner Stimm?“
„Es klingt wie der Fex.“
„Der bin ich halt auch. Ich könnt dich nicht übers Wasser in die Höh bringen, sonst wärst von den Balken und Stämmen totgequetscht worden. Darum bin ich mit dir unter den Wassern fort bis hier herein in meine Kapellen.“
„In eine Kapelle?“ fragte der König erstaunt.
„Ja.“
„Unterirdisch?“
„Freilich. Merkst's noch nimmer?“
„Das ist ja ein sehr außerordentliches Abenteuer.“
„Das ist's auch. Aber bevor ich dich herein laß, mußt's mir versprechen, daß du keinem Menschen etwas sagst, wo du jetzt gewesen bist.“
„Ich werde schweigen.“
„Gut! Weißt, jetzt nun laß ich deinen Kopf los. Du brauchst halt nur emporzugreifen an den Stein, worauf ich lieg, und heranzuklettern. Es geht ganz leicht. Faß an!“
Der König fühlte, daß er sich am Ende der Felsenritze befand, in welche der Fex ihn gezogen hatte. In dieser Ritze, welche unter der Oberfläche des Flusses lag, trat das Wasser desselben herein. Er langte mit den beiden Armen empor, hielt sich oben an dem Stein fest und zog sich hinauf. Da saß er nun neben dem Fex in tiefem Dunkel und ebenso tiefer Stille. Das Rauschen des Wassers war hier nicht zu hören.
„So, jetzt bist heroben“, sagte der Fex. „Dein Wort hab ich, daß du mich nicht verraten willst, und nun wart nur noch ein ganz klein wenig; nachhero wirst gleich sehen, wo du bist.“
Der Fex entfernte sich. Der König hörte einen Schlüssel klirren und dann eine eiserne Angel kreischen. Es raschelte wie Papier; sodann gab es einen hohlen, klingenden Ton, wie wenn man an ein Streichinstrument, an eine Geige oder an eine Gitarre stößt. Die Angel kreischte, und der Schlüssel klirrte wieder. Sodann blitzte es in dem Dunkel auf, wie wenn ein Streichholz angestrichen wird. Es flammte auf – der Fex brannte eine Lampe an.
Jetzt war es hell in dem geheimnisvollen Raum. Der König sah sich um. Er befand sich in einem Gelaß, welches vielleicht fünf Ellen lang und ebenso breit war, dabei nicht ganz so hoch. In der Mitte waren vier Pfahle in den Felsboden getrieben und auf denselben mehrere zusammengestoßene Bretter genagelt. Das gab einen Tisch. In der Nähe standen drei Stühle, aus Knüppeln zusammengesetzt. Neben der Lampe, welche der Fex auf den Tisch gesetzt hatte, lag ein kleines Schächtelchen aus dünner Pappe. In der Ecke erblickte der König ein Beil, einen Hammer und einige andere alltäglich zu brauchende Instrumente und Gegenstände; sonst aber war der ganze Raum vollständig leer.
Da vorn, wo der König in triefenden Kleidern am Boden saß, blickte die finstre Flut des Flusses aus dem Felsenspalt empor. Hinten gab es nicht, wie an den drei anderen Seiten, eine Felsenwand, sondern eine Steinmauer, welche, wie man auf den ersten Blick bemerken konnte, aus schlechtem Material und mit vieler Mühe ausgeführt worden war. In dieser Mauer befand sich eine Tür, aus alten Latten und Holzstangen so primitiv zusammengenagelt, daß es genug Lücken gab, um hindurchblicken zu können.
Der König erhob sich von dem Boden und trat näher an den Tisch heran.
„Nicht wahr“, lächelte der Fex, „allhier ist's besser als da drunten im Wassern?“
„Natürlich! Es war die allerhöchste Zeit, daß ich Luft bekam. Noch zwei oder drei Sekunden, und ich wär eine Leiche gewesen.“
„Hab's mir gedacht! Darum bin ich auch geschwommen wie eine Forellen, als ich dich beim Schopf hatte. Aber du bist schon ganz selber schuld!“
„Nein, sondern die beiden andern. Hätten die nicht verkehrt gerudert, so wären wir noch zur rechten Zeit am Ufer angekommen.“
„Na, ich will mich nicht mit dir streiten, denn du bist ein großer Herr, und diese Sorten hat schon allemal recht. Besser wär's gewesen, wann wir drüben gewartet hätten, bis das Holz vorüber war. Jetzt setz dich halt nieder, und wart, bis ich wiederkomme!“
„Du willst fort?“
„Ja freilich muß ich.“
„Wohin?“
„Ich muß doch zu den deinigen zwei Kameraden gehen und ihnen sagen, daß du in Sicherheiten bist, sonst laufen s' ins Dorf und machen einen Spektakeln, daß die Maus und Ratten davonlaufen.“
„Da hast du recht. Es darf kein Mensch erfahren, was geschehen ist. Du weißt zwar noch nicht, wer ich bin; aber wenn du es später erfahren wirst, so –“
„Meinst, daß ich es wirklich nicht weiß?“ unterbrach
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