66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
senkte das Kinn auf die Brust und schloß die Augen.
Die Lauscher blickten noch eine kleine Weile durch das Astloch und den Ritz; dann sagte der Sepp:
„Es ist nun wohl gut. Er sagt nix mehr und wird einschlafen. Wollen wir gehn?“
„Ja, komm! Ich hab genug gehört.“
Sie verließen ihren Lauscherposten; aber bereits nach wenigen Schritten blieb der Fex stehen und sagte:
„Du, Sepp, was sagst von dem Bild?“
„Es war eine Photographien.“
„Ja, das weiß ich gar wohl. Ich hab's ebensogut gesehen wie du. Aber ich mein, wessen Bild es wohl sein mag.“
„Wohl von der, die er ermordet hat.“
„Also von meiner Südana.“
„Das wird's sein. Wann ich mir seine Worten richtig überleg, so kann's nix andres bedeuten.“
„Ich muß sie sehen!“
„Da hätt ich auch eine Lust dazu.“
„Und die Papiere, von denen er redete. Ich mein, daß sie für mich wichtig sind.“
„Freilich wohl. Aber wie willst halt anfangen, daß du sie dir anschaun kannst?“
„Das weiß ich nicht. Er sitzt die ganze Zeiten auf dem Polsterstuhl bei Tag und bei Nacht. Er ist gar nimmer hinweg zu bringen.“
„Meinst? Hm!“
„Was brummst da in den Bart? Da helfen weder gute Worten noch die Grobheiten etwas. Er steht nicht auf von dem Stuhl.“
„Ja, die Grobheiten nicht und auch die guten Worten nicht, aber – aber – hm – hm!“
„Weißt etwa ein Mittel?“
„Vielleicht.“
„Welches?“
„Die List.“
„Ja, die List! Aber da bin ich gleich da, wo der Strick alle wird. Zur List bin ich nimmer geboren.“
„Du nicht? Da kennst dich selber noch nicht. Ich kenn einen, der's vielleicht fertigbrächt. Der hat bereits so viele Narrenstreiche verübt, daß er sich nur mal hinterm Ohr zu kratzen braucht, so fällt ihm gleich ein guter Gedank heraus.“
„Und wer mag das sein?“
„Das fragst auch noch? Der Sepp ist's, der Wurzelsepp.“
„Du?“
„Ja. Oder meinst vielleicht, daß ich einer von den Dummen bin, welche die Hosen nicht anders an die Beine heraufziehen können als mit der Beißzangen oder der Kneipzangen?“
„Nein, das denk ich schon nimmer. Du bist halt nicht auf den Kopf gefallen, und grad hinter deiner Stirn krabbeln gar viele bunte Raupen herum. Das aber, was du meinst, das ist gar sehr schwer.“
„Nun, ich werd schaun, ob es nicht leicht zu machen ist. Was hat er wohl mit dem Schatz gemeint?“
„Das ist eine große Dummheiten. Schau, die Leut hier denken, daß der Franzosenkaiser dazumal, als seine Soldateln hier durchkommen sind, eine große Kriegskassen hier vergraben hat, und die soll noch da liegen.“
„Wo?“
„Da zwischen der Mühlen und der Stadt, wo der Weg rechts abgeht nach dem Dorf.“
„Ah, da! Hm! Ob der Müllern allbereits schon mal nachgraben hat?“
„Fast scheint es so.“
„Werd mir's überlegen.“
„Was? Wegen dem Schatz? Da ist's gefehlt. Das von der Kriegskassen ist nur eine Albernheiten.“
„Für uns ist's keine Albernheiten. Da kannst dich drauf verlassen. Und an was ich denk, und was ich mir überlegen will, das brauch ich dir auch nicht grad auf die Nasen zu binden. Komm, wir wollen gehen und noch eine Musiken machen!“
„Ja, aber keine solche wie vorhin.“
„Willst doch nicht noch die Vigolinen des Konzertmeisters holen?“
„Die Vigolinen und die Musikstucken, die er heut gezeigt hat.“
„Du, wannst erwischt wirst!“
„Da werd ich mich schon in acht nehmen. Es geht ganz leicht. Er schlaft in der Schlafstuben und daneben liegt die Wohnstuben, wo die Geigen liegt. Da steht immer des Nachts das Fenster auf.“
„Kannst denn hinauf?“
„Ja, ich brauch nur auf das Dingerl zu klettern, was sie die Veranda nennen; da ist gleich das Fenstern, wo ich hineinsteig. Und nachher, wann wir fertig sind, trag ich ihm seine Sachen wieder hinauf. Da ist er noch gar nicht aufstanden und wird also nix merken.“
„Du hast sakrische Anlagen zu einem Spitzbuberich! Mir wird fast angst um dich. Aber ich will dich doch nicht allein lassen, sondern mitgehen. Wann ich nicht selber so ein Musikgokerl wär, würd ich mich halt schon sehr hüten, so eine Einbrecherei mitzumachen. Aber ich möcht auch gern hören, wie so ein Konzertmeister-Instrumenten klingt. So komm also! Wir wollen schaun, ob wir die Vigolin wegkneipen können. Aber in acht nimmst dich! Verstehst?“
Sie schlichen sich die Anhöhe zur Villa hinan. Zum Glück stand der Mond nach der entgegengesetzten Seite des Hauses, so daß die Veranda im Schatten lag. Dort
Weitere Kostenlose Bücher