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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Siehst nicht, daß er zuckt und zittert?“
    „Ja, das schau ich wohl, und – Halt! Jetzt fährt er empor und blickt sich um. Er macht ein Gesicht, als ob er einen großen Schreck erfahren hätt.“
    Der Müller war aus einem unruhigen Halbschlummer emporgeschreckt. Er blickte angstvoll und starr um. Dabei vernahmen die Lauscher seine Worte:
    „Was? Bist schon wieder da? Alle guten Geister loben ihren Meister. So! Jetzt mußt wieder fort. Wann einer diesen Vers sagt, verschwinden die Geister. Wie? Du willst nicht gehorchen? Wart, ich werd dir sogleich die Türen zeigen!“
    Er ergriff die neben ihm liegende Peitsche und führte einen gewaltigen Hieb aus, als wenn er jemand, der vor ihm stehe, treffen wolle. Dann kicherte er schadenfroh:
    „Bist weg? Bist fort? Ja, die Peitschen, die Peitschen, die ist der richtige Zauberstab. Jetzt hast gleich Reißaus genommen und wirst nicht so bald wiederkommen.“
    Er lehnte die Peitsche wieder hin. Dann aber blieb sein Blick erschrocken in der einen Ecke haften.
    „Wie?“ fragte er. „Bist doch noch nicht fort? Hast dich in die Eck gelehnt und lachst mich nun an mit deinem Totenkopf? Hier hast eins, hier!“
    Er ergriff die Peitsche wieder und schlug nach der Ecke, aber vergebens. Das Phantasiegebilde, welches er zu erblicken wähnte, tauchte immer von neuem auf, bald hier, bald dort, er konnte zürnen oder bitten und schlagen wie er wollte. Da endlich sank er mit dem Kopf an die Lehne zurück und ächzte:
    „Ja, dich kenn ich schon! Du gehst halt nicht eher, als bis ich klein zugeben und dir gebeicht hab. Willst's heut wohl auch wieder wissen?“
    Nach einer kurzen Pause, während welcher er wie auf eine Antwort gelauscht hatte, fuhr er fort:
    „Ja, ich soll's sagen! Nun gut, ich hab sie erwürgt. Jetzt kannst gehen!“
    „Jetzt meint er die Südana!“ flüsterte der Fex.
    „Horch! Er redet ja weiter!“
    Wirklich fuhr der Müller fort:
    „Ihr Bild willst wieder sehn, der andern ihr's? Hast doch bereits schon tausendmal gesehen! Aber ich will's dir doch noch mal zeigen, sonst bleibst da stehn in alle Ewigkeit.“
    Er machte die geschwollenen Beine auseinander, bückte sich mühsam nieder, griff mit den Händen zwischen seinen Beinen an die vordere Seite des Sitzes seines Polsterstuhls, nestelte da ein Weilchen herum und zog dann einen Kasten heraus.
    „Schau, da gibt's ein verborgenes Geheimnis“, flüsterte der Wurzelsepp. „Das hätt ich nicht gedacht.“
    „Ich auch nicht. Niemand hat's gewußt, daß ein Kasten im Stuhl ist. Aber sei still! Wir müssen hören, was er weiter spricht.“
    Der Müller hatte den Kasten nicht ganz herausziehen können, weil ihm dabei die Beine im Weg waren. Aber derselbe stand doch so weit offen, daß er hineinlagen konnte. Er zog eine Photographie heraus, hielt sie empor und sagte:
    „Da schau ihr Bild! Hier ist's. Nun bist wohl zufrieden?“
    Aber die Gestalt, welche er zu sehen meinte, schien nicht zufriedengestellt zu sein, denn er fuhr gleich fort:
    „Nicht? Du schüttelst den Kopf? Was willst dann noch sehen? Etwa die Papieren oder gar mein Geld? Das bekommst nimmer zu schaun. Das ist verdientes Geld und kein geraubtes. Ja, wann ich den Schatz gefunden hätt, droben am Scheideweg, der dort vergraben ist, der hätt mir nicht gehört. Da könntest so eine Visagen machen. Geh fort, geh, sonst werf ich dir hier die Flaschen an den Kopf!“
    Er griff nach einer Branntweinflasche, welche auf dem Tisch stand. Der Dunst des Getränkes schien ihn aber auf den Gedanken zu bringen, daß es besser sei, den Inhalt zu trinken als ihn einem Geist an den Kopf zu werfen. Er setzte die Flasche an den Mund und tat einen tüchtigen Zug. Dieser Schluck kräftigte ihn und seine Nerven so, daß die Gesichtshalluzination sofort von ihm wich. Er sah keinen Geist mehr.
    „Ha!“ lachte er in befriedigtem Grimm. „Jetzt ist er fort, der Geist! Er hat sich vor der Flaschen gefürcht. Oder ist er's, der den Schatz bewacht, und nun hat er Angst, daß ich doch noch mal nach demselbigen suchen möcht. Da ist er gleich fort, um ihn zu behüten. Ja, den, wann ich finden könnt! Das sollen lauter Goldstuckern gewesen sein. Dieses Geld und nachher das, was ich hier im Kasten hab, da wär ich grad ein Millionenreicher. Dann tät ich nach einem schönen Bad fahre, wo sie einem die krummen Knochen wieder gradmachen, und lebt nachher wie das Herrgottle in Frankreich. Oh, ich bin müd und will nun schlafen. Wann nur das Gespensterl nicht wiederkommt!“
    Er

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