66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Schatz?“
„Ja.“
„O Jegerl! Wann er doch lieber zu mir kommen wär! Da tät ich auf der Stellen –“
Sie hielt inne.
„Nun, was tätst?“
„Ich tät mir den Schatz holen und heiraten.“
„Heiraten? Himmelsakra! Hast einen Bubn?“
„Ja, schon bereits lange.“
„Wo ist er?“
„Bei der Ziehmutter, weil ich ihn doch nicht mit hier haben kann.“
„Bei der Ziehmutter?“ rief der Müller. „Was? So einen mein ich nicht. Also einen kleinen Buben hast! Und davon weiß ich nix! Da schlag doch gleich der helle, lichte Teuxel drein!“
„Das ist nicht grad notwendig. Der Bub ist mein, und sein Vater ist ein Schneider! Weißt, er hat so was Nobles gehabt, wie ein fortgejagter Grafensohn, so einen Hunderttausendguldenschritt und einen Oberstleutnantsblick. Das war eine Pracht und Herrlichkeiten. Und das Schneidern brauchst ihm auch nicht nachzuschumpfen, dann gearbeitet hat er gar nicht viel; dazu war er zu vornehm. Wann er mit mir im Saal war, so hat er sich zwei Uhrengewichterln in die Rockschößerln gesteckt, und wann wir nachher tanzten, so sind die Gewichterln mit den Schößerln nur so geflogen. Und wann er zärtlich war, o zärtlich, ja! Ein Busserl von ihm hat gewiß allemal eine ganz geschlagene Viertelstunden gedauert.“
Sie war ganz poetisch geworden und berechnete den Eindruck gar nicht, welchen ihre Beschreibung machen mußte. Der Müller unterdrückte mit Mühe ein lautes Gelächter und sagte:
„Das muß freilich hübsch gewesen sein!“
„Delikat war's; das sag ich dir!“
„Leider ist er fort!“
„Ja, das Talent, das Schenier hat ihm keine Ruhe gelassen. Er wollt ein großer Mann werden.“
„Und reicht dir nur bis an die Achsel!“
„Seine Seele war groß!“
„Ach so! Aber du sprachst vorhin vom Heiraten. Hast denn einen andern?“
„Ja.“
„Wen denn?“
„Den Essenkehrern.“
„Etwa den Feuerrüpel, der hier die Essen kehrt?“
„Denselbigen.“
„Bist verrückt!“
„Nein. Du mußt ihn nur sehn, wann er sich abgewaschen hat!“
„Ich hab ihn gesehen, und da war er besoffen.“
„Da ist gewiß ein Geburtstag gewesen oder so ein Amtsjubiläum, wo er mal lustig gewesen ist. Ah, Müller, ist der eine Seele von einem Menschen!“
Sie seufzte tief auf.
„Warum eine Seele?“
„Weil, wann er hier kehren kommt, er mir allemal einen so zärtlichen Tatschen ins Gesicht gibt, daß mir drei Tage lang der Kopf brummt. Wann er sich dabei so sehr anstrengt, muß die Lieb doch wohl groß bei ihm sein.“
„Jawohl. Will er dich heiraten?“
„Ja. Aber es geht noch nicht.“
„Warum?“
„Weil's noch am Besten fehlt.“
„So! Wieviel fehlt denn?“
„Ich, wann ich fünfhundert Mark hätt; so tät ich gleich die Verlobung ins Blatt setzen!“
„Fünfhundert? Hm! Die könntest vielleicht schon bereits morgen haben.“
„Was? Wie? Von wem?“
„Von mir!“
„Wofür? Denn umsonst gibst sie halt nicht!“
„Nein, da hast immer sehr recht. Hast denn aber ganz vergessen, daß ich vorher von dem Schatz gesprochen hab?“
„Von dem Schatz, ja, ja!“
„Ich weiß einen.“
Sie blickte ihm starr ins Gesicht und platzte dann heraus:
„Soll ich ihn etwa mit heben?“
„Willst wohl?“
„Auf der Stell, gleich auf der Stell!“
„Es sind nämlich tausend Mark, die da vergraben liegen. Die teilen wir.“
„Ich bin einverstanden.“
„Und fürchtest dich nicht?“
„Vor wem denn? Wann ich mir vor keinem Schneidern und vor keinem Feuerrüpeln fürchtet hab, so mach ich mir aus einem Geist nun erst recht nix.“
„Das ist mir lieb. Aber der Schatz soll bereits heut abend gehoben werden!“
„Am liebsten gleich schon in diesem Augenblick!“
„Nein; am Tag geht so etwas nicht vonstatten.“
„Wo liegt er denn?“
„Das wirst heut abend erfahren. Jetzt will ich dir sagen, wie es geschehn soll. Paß auf!“
Er sagte ihr, was sie zu tun haben werde, und das couragierte Mädchen war mit allem einverstanden. Sie, eine durch und durch materiell angelegte Person, kannte keine Schwächen und Feinheiten des Geistes und Herzens. Sie ging dem heutigen Abenteuer mit derselben Gemütsruhe entgegen, als ob sie irgendeine gewöhnliche Arbeit zu verrichten habe. Die beiden wurden vollständig einig. –
Unterdessen hatte der Wurzelsepp die Stadt erreicht. Er hütete sich, den Fingerl-Franz gleich aufzusuchen; er wußte, daß mit dem Warten die Ungeduld wächst und die Schärfe des Urteils sich verringert. Erst am nachmittag ging er
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