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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Juchhe machen, damit es recht bald wieder alle wird!“
    „Das tust nicht, du nicht!“
    „Nein, Leni. Ein Geldl, woran dein Vater verhungert ist, das hat mir der liebe Herrgott nur geborgt, damit ich ihm die Zinsen bezahl. Da muß man brav alle Händ darüber halten. Nun jetzt ist mir das Herz leicht geworden. Also ich lauf in der Nacht hinüber zu meinen Eltern und geb ihnen die Dreihundert. Dann geh ich in die Gefangenschaft.“
    „Und ich besuch dich manchmal drin.“
    „Willst das wirklich tun, Leni?“
    „Gewiß, du bist mein Bräutigam, und ich komm zu dir, so oft ich darf, um dir ein freundlich Gesicht und einen frohen Blick mitzubringen, damit es dir im Herzen nicht gar so dunkel wird. Gelt?“
    Da legte er ihr die Hände auf den Kopf.
    „Leni, was sag ich dir nur für diese Lieb und Barmherzigkeit? Ich möcht dir so vieles sagen und find doch nix, gar nix! Aber halt, da fällt mir ein! Es ist nix aus mir selber heraus, gar nix neues; auch hast du es bereits sehr oft gehört; aber ich kann dir wirklich nix besseres sagen als dieses. Bittschön, Leni, tu deine Hände falten und hör zu!“
    Es standen ihm glänzende Tropfen in den Augen.
    Sie hielt den Kopf still, auf welchem seine Hände noch lagen und faltete die ihrigen, den Blick innig zu ihm erhebend. Und da sprach er:
    „Leni, meine gute, liebe Leni, der Herr segne und behüte dich; der Herr erleuchte sein Angesicht auf dich und sei dir gnädig; der Herr erhebe sein Angesicht über dich und gebe dir seinen Frieden! Amen!“
    „Amen!“ flüsterte auch sie.
    Es blieb eine ganze Weile still in der kleinen Sennhütte. Der einfache, ungelehrte Älpler hatte nichts anderes gefunden, seinen herzbewegenden Gefühlen Ausdruck zu geben. Hätte er wohl auch etwas besseres finden können? Nein. Es war ihnen beiden zumute, als ob sie in der Kirche ständen, in Weihrauchduft und Orgelton. Es war, wie das fromme Sprichwort sagt: Ein Engel schwebt durch den Raum. Dann, nach längerer Zeit, flüsterte er ihr zu:
    „Leni, hab ich dir mißfallen?“
    „Mißfallen? Heilige Mutter Gottes! Wie kannst du mir mißfallen haben!“
    „Weil ich den Segen sprech, wann ich bei meinem Schätzle bin.“
    „Kannst ja gar nichts besseres sagen!“
    „Aber andre würden darüber lachen!“
    „Schau, was andere tun, werden doch wir nicht tun? Ich sag's dir gleich: Ich hab meinen Herrgott über alles lieb, und erst nach ihm kommst du. Dann kommt gleich der Wurzelsepp. Diese Reihenfolge wird bleiben. Ich mag nix wissen von Freud und Lust und Vergnügen, wobei die Sünd vorhanden ist. Wann das auch dir recht ist, so werden wir sehr glücklich sein, Anton!“
    „Oh, grad das ist mir sehr lieb und recht. Weißt, es gibt nix Schöners für mich, als wenn ich des Abends zu Haus bei den Eltern sitz und les ihnen vor aus der alten Hauspostillen, worin die großen Bilderbuchstaben sind. Wann man darauf schlafen geht, so ist's gradso, als hab ein Engel einem das Bett gemacht und der liebe Gott hätt nachher das Kopfkissen recht weich gelegt. Da schläft man so gut und so fest wie – wie –“
    „Wie einer, der auf der Alm wildern gewesen ist!“ fiel sie mahnend ein.
    „Ich bitt dich schön, Leni, sprich das nicht wieder! Was ich getan hab, das will ich büßen, und dann geschieht es halt nicht wieder. Vielleicht hat der liebe Gott es mir bereits jetzt vergeben, und so darfst es mir nicht mehr vorwerfen!“
    „Hast recht, Anton! Hier meine Hand darauf, daß ich nie wieder davon sprech!“
    Er griff nach seinem Rucksack und warf sich denselben über den Rücken und sagte:
    „Jetzt schlaf nun wohl, Leni! Ich geh.“
    „Wart halt noch den Augenblick! Hier!“
    Sie trat rasch auf ihn zu, legte ihm beide Arme um den Hals und küßte ihn auf den Mund.
    „So, Anton! Bist nun zufrieden?“
    „Ja, ganz glücklich bin ich!“
    „Das ist der erste Kuß, den ich geb!“
    „Aber nicht der letzte?“
    „Nein.“
    „Doch nur mir allein?“
    „Doch nur dir allein.“
    „Wirst auch Wort halten, Leni?“
    „Bist etwa bereits eifersüchtig?“
    „Nein; aber ich hab da halt eine sehr strenge Ansicht. Ich hab noch nie ein Dirndl beim Kopf gehabt und nie einer ein Busserl gegeben; so soll es auch bei dir sein. Wann du einmal einen andern küßtest, wär's auch nur im Scherz und beim Pfandspiel; so wär es aus mit uns.“
    „So denk ich auch, gradso wie du. Der Kuß ist nur für Mann und Frau.“
    Sie sagten sich das so ernsthaft, als ob von dieser Mitteilung Leben und Tod abhängig

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