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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welche gar nicht die meinige werden kann. Wenn ich aber dich haben könnt, Leni, dann würde ich mit keinem Kaiser, mit keinem König und auch mit keinem Papst nicht tauschen.“
    „Auch mit dem Papst nicht?“
    „Nein.“
    „Weil dir auch dem seine Frau nicht paßt!“
    „Geh! Lach halt nicht. Das ist mir nur so über die Zung herauskommen. Weißt was? Sollst meine Kaiserin sein!“
    „Wart, bis du halt Kaiser bist!“
    „Nicht eher?“
    „Nein. Jetzt bist derweil noch ein Wilderer, den sie suchen. Da hat's noch lange keine Gefahr mit dem Kaiser sein.“
    Sie hatte das mehr ernst- als scherzhaft gesagt. Er ließ ihre Hände los und meinte traurig:
    „So ist's recht! Ich wollte gleich die höchste Alp dersteigen, und nun rutsch ich abi ins tiefste Tal hinein. Es soll anders werden. Jetzt nehm ich meine Büchs und den Rucksack und geh. Entweder siehst mich wieder oder nicht. Siehst mich nicht wieder, so lieg ich irgendwo und der Adlergeier schwebt über meiner Leich. Siehst mich aber einmal wieder, so wirst schauen, daß es anders mit mir geworden ist.“
    Er wandte sich ab und griff nach seinem Gewehr.
    Da hielt sie seinen Arm fest.
    „Nicht so, Anton! Mußt mich nicht falsch verstehen.“
    „Wie sonst?“
    „Ich meins halt gut und treu mit dir; aber wer ein Dach bauen will, der muß doch erst die Mauer und die Wand haben, worüber es kommen soll. Gib den Rucksack her! Ich werde dir eine Wenigkeit hineintun.“
    „Ist nicht nötig, Leni.“
    „Hast doch Hunger?“
    „Jetzt nicht mehr.“
    „Schau, was für ein wetterwendiger Bub du bist. Das hätt ich gar nie gedacht von dir. Wenn dir der Hunger vergangen ist, so wird er wohl bald wiederkommen, und du mußt doch etwas im Rucksack haben. Also her damit!“
    Er weigerte sich nicht länger und sah schweigend zu, als sie ihm von ihren Vorräten auswählte. Es war das Beste, was sie ihm gab. Sein Auge folgte jeder ihrer Bewegungen. Er sagte sich immer und immer wieder, daß es weitum kein so schönes und braves Mädchen gäbe. Dann, als sie für Speise gesorgt hatte, brachte sie ein Fläschchen mit Branntwein.
    „Jetzt gib Deine Händ' her, damit ich nach den Wunden seh!“
    Er gehorchte ihr. Nur den Blick auf ihr schönes Angesicht gerichtet, zuckte er mit keiner Wimper, als der Spiritus ihm in das rohe Fleisch brannte. Sie rieb ihm auch die an den Felsen geschundenen Knie damit ein. Als er auch da nicht ein einziges Mal zuckte, sagte sie verwundert:
    „Macht das keinen Schmerz?“
    „Nein.“
    „Dann kannst gar kein Gefühl nicht haben.“
    „Oh, es würde schon weh tun, wenn's nicht von dir käme. Aber deine Hand ist so lind, daß man gar nicht an den Schmerz denkt, den es gibt.“
    Sie sah ihre kräftigen, aber kleinen Hände lachend an.
    „Schau, du machst mich fast begierig, meine Hand zu schaun! Ich hab gar nicht gewußt, daß ich gar so besonderbare Finger hab.“
    „Das liegt nicht allein in der Hand.“
    „Wo noch sonst?“
    „In – in dem Herzen.“
    „In dem meinigen?“
    „Nein, in dem meinigen.“
    Sie kniete vor ihm. Jetzt blickte sie mit einem Gesichtsausdruck zu ihm auf, der so mächtig wirkte, daß auch er sich langsam niederließ.
    „Leni!“
    „Anton!“
    „Ich möchte gleich so hier bleiben und dich anbeten, immer-, immerfort!“
    „Lästre nicht!“
    „Da ist keine Lästerung dabei!“
    „O doch!“
    „Nein. Ich hab meinen Gott und meine heilige Madonna, zu der ich bete. So fromm und heilig wie sie, kommst auch du mir vor. Darum möcht ich auch dich anbeten, nur in anderer Weise als sie, nicht mit Bibelworten und frommen Versen, nein, gar nicht mit Worten, sondern mit der Tat. Weißt, so, wie man zum Himmel schaut, zu den Sternen, die man doch nicht anbetet und aber dennoch anbetet, weil sie so licht, so rein, so mild sind. Ich kann es nicht sagen, wie ich es sagen möcht. Verstehst mich?“
    „Ja, ich verstehe dich, Anton.“
    „So komm, steh auf, und laß dir noch was sagen!“
    Er zog sie mit sich empor, drückte leise, leise ihren Kopf an seine Brust und fragte:
    „Gehst wirklich zu meinen Eltern, wann ich da – da – da drin stecke?“
    „Ja; ich tue es gewiß.“
    „So werd ich gleich morgen gehn und mich melden. Ich will sühnen, was ich getan hab; dann bin ich frei und kann jedem in das Gesicht schaun. Werd ich dann dich noch hier in der Gegend treffen?“
    „Ich geh nicht fort.“
    „Und darf einmal zu dir kommen auf die Alm?“
    „Ja, gern. Du wirst willkommen sein.“
    „Und dann –

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