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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Scherz beim Pfänderspiel?“
    „Das haben wir gesagt.“
    „Nun, ich war einmal drein in Salzburg im Theater, ganz oben, wo es am billigsten ist. Da wurd ein Stück gegeben, ein Stück, worüber alle klatschten und Bravo geschrien haben. Ich aber bin ganz still gewesen, weil es mir nicht gefallen hat.“
    „Warum nicht?“
    „Fast kann ich es dir nicht sagen.“
    „Sage es doch! Wir reden von einer ernsten und wichtigen Sach, da kannst wohl sprechen.“
    „Wann du so meinst, dann will ich sprechen. Schau, die Damen auf der Bühn haben Kleider angehabt, ganz ohne Ärmel, so daß die Arme nackt gewesen sind bis an die Achsel. Und ein Leibchen ist auch nicht am Kleid gewesen. Man hat alles, alles sehen können bis fast auf den Gürtel herab. Ist das nicht eine Sünd und eine Schand? Sogar der halbe Rücken ist nackt gewesen. Pfui!“
    „Das würd ich niemals tun!“
    „Du mußt!“
    „Nein, nein!“
    „Und ich sag, du mußt! Und wannst auch nicht willst, und wann's dir auch widerstrebt. Wannst dabei bist, so geht bald nach und nach der Abscheu verloren, grad wie beim Branntweintrinken, und endlich stehst auch da, grad wie die andern, und läßt dich anschaun, fast unbekleidet, für das Geld, welches die Leut bezahlen.“
    „Und ich sag, daß ich es nimmer tun werd!“
    „Ja, ja, ich weiß schon! Und sodann war eine dabei, eine Junge, Hübsche. Die hat einen Vater gehabt, der aber nur im Theaterspiel ihr Vater gewesen ist; der hat sie immer und immer ‚mein Kind‘ genannt und sie dabei geküßt. Und sodann hat sie einen Schatz gehabt, der aber auch nur im Spiel ihr Schatz gewesen ist. Der hat sie auch viel geküßt und sie immer umärmelt und sie sogar auf seine Knie genommen und die Arm um sie gelegt und sie an sich drückt.“
    „Das würd ich gar niemals dulden!“
    „Kannst etwa anders, wann du spielst?“
    „So spiel ich eben kein solches Stück.“
    „Da wirst halt gar nicht gefragt.“
    „Oh, ich werd mich schon wohl fragen lassen. Ich werd sagen, daß du mein Schatz bist und daß ich es nicht will und daß du es nicht duldest.“
    „Sie werden darüber lachen, weiter nix.“
    „O wohl! Ich werde mit dem König darüber sprechen, und er wird ihnen befehlen, ein anderes Stück zu spielen, wo ich nicht geküßt werde.“
    „Ich weiß gar wohl, daß du das jetzund im Ernst sagst, Leni; aber dann später wird es doch weit anders. Wer in den Schmutz fällt, der wird schmutzig, und selbst wann er sich wieder abbürstet, bleibt doch ein Fleck zurück. Und es ist Schmutz, worin du dich begeben willst. Ich weiß das sehr genau.“
    „Hast nicht einmal das Gleichnis gelesen, daß die Krähen den Schwan schmutzig machten, er aber tauchte im Wasser unter und war nachher weiß wie zuvor?“
    „Ich hab's im Schulbuch gelesen. Aber das stimmt doch nicht. Es ist auch für den Schwan besser, wenn er gar nicht dorthin geht, wo Krähen sind. Dann braucht er sich gar nicht abzuspülen. Leni, sag mir mal recht aufrichtig, obst mich lieb hast, wirklich von Herzen lieb?“
    Er stand vor ihr und ergriff ihre Hand.
    „Von ganzem Herzen, Anton!“ antwortete sie.
    „Und meinst, daß ich ein guter Mann sein kann, und daß wir glücklich sein werden?“
    „Ja, das denk ich gewiß.“
    „So bitt ich dich eins, nur eins im ganzen Leben: Tu mir den Gefallen und geh nicht zum Theater!“
    „Ich muß ja doch! Ich hab's dem König versprochen.“
    „Er wird dir dein Wort zurückgeben!“
    „Ich darf ihn nicht bitten.“
    „Warum nicht?“
    „Weil es Undank wär. Er hat dich ja deswegen freigegeben.“
    „Ist's nur das?“
    „Nur das!“
    „Gut, so gehe ich jetzt gleich wieder ins Amt und melde mich. Ich will gefangen sein.“
    „Das geht nicht.“
    „Meinst, sie nehmen mich nicht wieder an?“
    „Sie können dich nicht annehmen. Was der König befohlen hat, das gilt, das muß bleiben.“
    „Ja, wann ich mir's überleg, so kann ich mir's denken, daß sie mich fortweisen werden. Aber wann du dem König alles sagst, so wird er ein Einsehen haben und dich zurücklassen.“
    Sie blickte nachdenklich vor sich hin; ihr Busen hob und senkte sich; Anton hörte ihren Atem schwer gehen. Sie kämpfte einen schweren Kampf. Wer würde siegen, die Liebe oder die Rücksicht für den König, die Rücksicht auf ihr gegebenes Wort – die Dankbarkeit? Endlich sagte sie:
    „Jetzt will auch ich dich fragen, Anton: Hast mich lieb, gewiß und wahrhaftig lieb?“
    „Lieber, viel lieber als mein Leben!“
    „Denkst vielleicht,

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