67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
werden.“
„Das ist schlimm. Bis wann dauert das?“
„Bis der Schatz geöffnet ist.“
„So will ich wünschen“, sagte der Wirt, „daß nix verkehrt geht. Nehmt also euern Verstand zusammen, ihr beiden Leutln. Morgen in der Früh komm ich, um nachzuschauen, wie groß der Schatz gewesen ist.“
„Es ist jetzt bereits morgen. Die Mitternacht ist bereits längst vorübern. Nun muß ich aufbrechen. Ich zahl die Zech.“
Nachdem er bezahlt hatte, spannte sich die Magd hinter dem Schiebebock und kutschierte fort.
„Ich möcht doch wissen, ob's so genügt wie mit mir!“ sagte der Franz.
„Ja, ich möcht auch nicht warten“, meinte der Wirt. „Sepp, sag doch mal, ob's was schadet, wann wir hinterher laufen.“
„Gar nix schadet es.“
„So seh ich auch nicht ein, warum wir's nicht tun wollen. Wir machen's so leis, daß der Müllern, uns gar nicht hören kann. Wer geht noch mit?“
Es meldeten sich natürlich alle ohne Ausnahme. Sogar die Wirtin wär mitgegangen, wenn nicht ihr Mann es auf das Strengste verboten hätte. Sie brachen auf und folgten den beiden.
Die Magd kam mit ihrer Last nur langsam fort. Daher kam es, daß die Männer die beiden bald vor sich merkten. Schritte waren in dem weichen Boden nicht zu vernehmen. Aber das Kreischen des Rades am Schiebekarren hörte man sehr deutlich.
Plötzlich hörte dieses Kreischen auf.
„Horcht!“ sagte der Sepp leise. „Jetzt hält die Käth an und erhält die erste Ohrfeigen.“
Sie lauschten. Ein lauter Klatsch ließ sich hören. Er klang scharf, fett und voll.
„Donnerwetter!“ meinte der Wirt. „Wer so eine Watschen erhält! Ich wett sofort mit jedem, daß sich die Käth auf die Straßen niedergesetzt hat.“
Und er hatte recht. Es war dem Müller sehr um die Größe des Schatzes zu tun. Als die Magd anhielt und ihm die Wange hinhielt, glaubte sie natürlich, daß er es sehr gnädig machen werde. Ihrer Ansicht nach kam es nicht auf die Stärke der Ohrfeige an, sondern darauf, daß sie überhaupt eine erhielt. Er aber holte aus Leibeskräften aus und gab ihr eine, aus welcher er sehr leicht ein paar Dutzend hätte machen können. Sie setzte sich augenblicklich in den Schmutz der Straße nieder. Sie hätte ganz sicher laut aufgeschrien, wenn nicht der Schreck ihr die Sprache geraubt hätte.
Als sie dann wieder reden konnte, war es ihr mittlerweile zum Glück eingefallen, daß sie nicht reden dürfe. Darum schwieg sie. Sie raffte sich also langsam auf und schob ihre Last weiter.
An der Mühle angekommen, hatte natürlich keins von beiden eine Ahnung, daß während ihrer Abwesenheit jemand in der Stube gewesen war. Die Käthe hatte die Schlüssel einstecken. Sie schloß die Haustür auf und schob ihre Last in den Flur hinein. Als sie die Tür wieder verschlossen hatte, hielt sie wortlos dem Müller ihren Kopf abermals hin. Es war dunkel, er sah nichts. Darum fühlte er mit der Hand nach ihr. Während er mit der Linken ihren Kopf betastete, holte er mit der Rechten aus und gab ihr die zweite Ohrfeige. Diese war anbefohlenermaßen noch stärker als die erste. Käthe flog an die Wand.
„Kreuztausenddonner –!“ schrie sie auf, hielt aber sofort wieder inne.
„Alle Teufel!“ rief er zornig. „Was hast zu schreien? Weißt nicht, daß du still sein sollst, infame Kröte!“
„Du redst ja jetzt auch!“
„Weilst erst anfangen hast. Jetzt halt's Maul, und mach, daß wir hineinkommen!“
Sie schloß die Tür auf, schob den Karren hinein, zog die Tür hinter sich zu und brannte die Lampe an. Die Tür völlig zu verschließen, war ihr nicht als notwendig vorgekommen. Als das Licht aufleuchtete, waren natürlich die Blicke beider sofort gierig nach dem Polsterstuhle gerichtet – da stand auf demselben ein ungeheuer großer, zugebundener Topf.
Bereits hatte der Müller gedacht, daß der Schatz verloren sei, weil beide das Schweigen gebrochen hatten. Jetzt nickte er dem Mädchen triumphierend zu. Sie schob ihn hin zum Topf. Er befühlte denselben, und sie hielt ihm dann den Kopf wieder hin.
Angesichts des Topfes nahm er nun all seine Kraft zusammen. Er holte weit aus. Es wäre ein Schlag gewesen, welcher lebensgefährlich hätte werden können. Sie wich demselben aus, und durch die Kraft, welche er in den Hieb gelegt hatte, wurde er von dem Karren herabgeschleudert. Er fiel in die Stube.
„Kerl!“ rief sie erbost aus. „Willst mich etwa totschlagen!“
„Was hast wieder zu sprechen!“ schrie er dagegen. „Warum läßt dir die
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