67 - Der Weg zum Glück 02 - Die Dorftyrannen
die Läden.
Drin aber wurde die Stubentür aufgerissen. Die Knechte und Mägde drangen herein. Hinter ihnen Paula, Leni und das Dienstmädchen der dicken Direktorin. Alle blieben an der Tür stehen. Der Anblick, welcher sich ihnen bot, war derartig, daß sie nicht wußten, ob sie lachen oder sonst was sollten.
Der Müller wälzte sich hin und her und schlug mit den Armen um sich, um das Gezücht von sich abzuwehren. Ein Feuersalamander wollte ihm in den weit aufgerissenen Mund kriechen.
„Hilfe! Schnell, schnell!“ brüllte er. „Er kommt, er kommt! Er will mir ins Maul hinein!“
Das Tier selbst anzufassen, getraute er sich nicht. Paula sprang herbei und riß es weg. Die Fledermäuse schwirrten hin und her und kamen dabei, da die Decke sehr niedrig war, mit den Köpfen der Hereingedrungenen in Berührung. Nun begannen auch diese zu schreien. In der Stube krabbelte es überall, in allen Ecken und Enden.
„Reißt aus!“ schrie eine der Mägde. „Das Viehzeug ist giftig! Der Teufel ist los! Ich laß mich nicht beißen! Fort, fort!“
Sie riß aus, die anderen hinter ihr her.
Paula gab sich Mühe, ihren Vater aufzurichten, und dabei nicht auf das Getier zu treten. Die beherzte Leni eilte zur Käthe und riß ihr die Fledermaus aus dem Haar. Das ging natürlich nicht ohne den Verlust eines kleinen Teils der Haare ab; das schmerzte, und in ihrer Wut holte die Magd aus, um der Leni eine Ohrfeige zu geben, kam aber damit freilich an die Unrechte, denn die frühere Sennerin war noch schneller und brachte ihr eine schallende Ohrfeige bei.
„Was? Ich helf dir, und dafür willst mich haun!“ rief sie aus. „Da, hast noch was dafür!“
Sie griff nieder, nahm blitzschnell eine große Kröte empor und schob sie der Käthe unter das Busentuch. Diese brüllte, als ob sie am Spieß steckte, und rannte hinaus.
Droben erhob sich die fette Stimme der dicken Madame Qualèche. Sie hatte ihre Schlafstube verlassen und war heraus an die Treppe gekommen.
„Feurio, Feurio! Hilfe, Hilfe!“ schrie unten die Käthe, indem sie mit ihrer Kröte durch die unterdessen geöffnete Hintertür in den Hof hinaus rannte. Die Frau Direktorin glaubte also, es brenne unten.
„Hilfe, Hilfe!“ begann nun auch sie. „Ich bin da, ich, hier, hier! Rettet, rettet mich doch!“
Und als niemand kam, versuchte sie, sich selber zu retten, indem sie die Treppe herabstieg. Aber sie war eine so schmale, steile Holztreppe nicht gewöhnt; sie schritt zu weit aus, verlor den Halt, kreischte laut auf und fuhr – Schlitten herab, glücklicherweise auf demjenigen Körperteil, welcher nicht zerbrechen kann. Unten angekommen, hatte sie vor Entsetzen die Sprache verloren und blieb mit auseinandergespreizten Beinen vor der Treppe sitzen.
Da kam einer durch die Hintertür herein gesprungen – der Fex, welcher von draußen über die Mauer gestiegen war, hinter ihm der Wurzelsepp.
„Was ist denn los dahier?“ rief er laut.
„Der Teufel, der Teufel!“ brüllte der Müller in der Stube. „Der Teufel ist los. Hilfe, Hilfe!“
„Nein, ich bin los, ich!“ jammerte die Dicke. „Hilfe, Hilfe! Ich kann nicht aufstehen!“
Der Fex griff zu und zerrte die schwere Person wenigstens soweit empor, daß er sie auf die letzte Treppenstufe setzen konnte, auf welcher sie allerdings nur sehr ungenügenden Platz fand.
„Hier bleibst sitzen und zuckst dich nicht!“ gebot er ihr.
„Aber es brennt ja! Ich muß fort!“
„Es brennt nicht. Sei still!“
Nun eilte er in die Stube, wo Leni und Paula sich vergeblich abgemüht hatten, den Müller in die Höhe zu bringen. Der Sepp war bereits bei ihnen. Die beiden Männer ergriffen den Müller und hoben ihn in den Polsterstuhl. Er stöhnte und wimmerte vor Angst wie ein Kind.
Dann machte der Fex ein Fenster und den Laden auf, damit die Fledermäuse hinaus konnten, und wendete sich nachher mit der unschuldigsten Miene an den Müller.
„Aber was ist denn das dahier? Wie kommst zu diesem Getier hier in deiner Stuben?“
„Ach! Oh! Au!“ seufzte der Gefragte atemlos.
„Nun, so sag's doch!“
„Oh! Au! Meine Beine! Mein Buckel! Mein Leib! Mein Kopf! Ich bin tot vor Schreck und Angst! Ganz tot!“
„Ganz noch nimmer, denn du kannst noch reden. Also sag gleich, was geschehen ist!“
Ehe die Antwort erfolgen konnte, tönten laute Stimmen im Hausflur. Die mit dem Skat-Matthes draußenstehenden Männer hatten den nämlichen Weg eingeschlagen, auf welchem vorher der Sepp und der Fex eingedrungen waren; sie
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