68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
weit hinter ihnen her und tat ganz so, als ob er kein Wort von ihrer Unterhaltung hören könne.
Er begleitete sie bis nach ihrer Wohnung in Steinegg. Als er dort eintreten sollte, lehnte er es ab:
„Dank schön jetzunder, Frau Bürgermeisterin! Ich hab erst noch einen kleinen Gang zu tun. Nachher komme ich wieder. Nur denen Rucksack will ich eini tun.“
Er warf ihn hinter die Haustür, es dem Dienstmädchen überlassend, sich seiner anzunehmen, und ging weiter, nämlich wieder zurück auf der Straße, welche sie gekommen waren, und schritt den Schloßberg empor. Von da oben leuchteten die hellen Fenster in den dunklen Abend hinein, denn die Herrschaften saßen bei Tafel, an welcher es ziemlich lebhaft herging.
FÜNFTES KAPITEL
Der Wurzelsepp wird ‚vornehm‘
Der Baron war angekommen, ohne seine Ankunft vorher angemeldet zu haben. Er hatte die Tochter, deren Freundin und ebenso den Professor und den Sänger überraschen wollen. Ein kleines Geschäft hatte ihn nach München getrieben, und von da war er dann nach Steinegg gefahren, erst per Bahn und sodann per Wagen. Seine unerwartete Ankunft hatte auch die beabsichtigte Überraschung hervorgebracht, und nun saßen sie beisammen und besprachen, in welcher Weise die nächsten Tage verbracht werden sollten; denn der Baron hatte die Absicht, wenigstens eine ganze Woche hier zu verweilen, bevor er nach Wien zurückkehrte.
Da trat der Hausmeister herein und sprach leise einige Worte mit dem servierenden Diener. Dieser zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf, und beide warfen ihre Blicke verlegen auf den Baron. Dieser bemerkte es und fragte:
„Was gibt es denn?“
„Gnädiger Herr“, antwortete der Hausmeister, „es ist ein Mensch im Vorzimmer, welcher vorgibt, ganz unbedingt mit Ihnen sprechen zu müssen.“
„Ein Mensch? Du willst doch sagen, ein Herr?“
„O nein. Er ist gekleidet wie ein echter Strolch.“
„So will er mich wohl anbetteln. Weise ihn ab!“
„Er läßt sich nicht abweisen, obwohl ich es sehr energisch versucht habe, ihn fortzujagen. Er hat sogar die Frechheit gehabt, es sich auf dem Sofa höchst bequem zu machen.“
„Donnerwetter! So werft ihn hinaus!“
„Das wollte ich doch nicht riskieren.“
„Fürchtest du dich etwa?“
„Nein, obgleich er trotz seines Alters sehr kräftig aussieht. Er behauptet nämlich, zur Dienerschaft des gnädigen Herrn zu gehören.“
„Was! Das ist eine Lüge. Einer meiner Wiener Domestiken kann es nicht sein, denn diese Leute haben nicht das Aussehen von Strolchen. Überhaupt begreife ich gar nicht, wie irgendein Mensch wissen kann, daß ich hier bin. Ich bin ja ganz geheim nach hier gekommen.“
„Nun, so lächerlich es klingt, er behauptet der neue Parkaufseher zu sein. Er will jetzt seine Stellung antreten.“
Der Baron erhob sich von seinem Stuhl. Er machte ein ziemlich verlegenes Gesicht.
„Parkaufseher! Ah, jetzt begreife ich. Der Mann ist freilich engagiert; aber daß er es sich da auf dem Sofa bequem macht, das werde ich mir doch sehr energisch verbitten müssen.“
Und sich in erklärendem Ton an die anderen wendend, fuhr er fort:
„Ich traf nämlich unterwegs einen Hilfsbedürftigen, welcher mich zufälligerweise als einen Mann kennt, der gerne Gutes tut. Seine Lage rührte mich, und so ließ ich mich von meinem guten Herzen hinreißen, ihn als Parkwächter zu engagieren. Er ist arm und brav und – was mich am meisten veranlaßte, ihn hier anzustellen, ein seltenes Original. Das erkennen Sie ja aus dem Umstand, daß er sich sofort auf dem Sofa häuslich niedergelassen hat.“
„Ein Original?“ fragte Asta. „Oh, ich liebe alles Originelle!“ Dabei warf sie einen liebesbedürftigen Blick auf Anton. „Lassen Sie also den Mann eintreten, bester Baron! Ich muß ihn sehen.“
Damit war der Schloßherr freilich nicht einverstanden. Er machte eine abwehrende Handbewegung und sagte:
„O bitte! Sie hören, daß er einem Landstreicher ziemlich ähnlich aussieht. In diesem Zustand darf ich ihn den Herrschaften nicht vorstellen. Er mag sich erst äußerlich soweit verändern, daß er die schönen Augen des gnädigen Fräuleins von Zolba nicht beleidigt. Jetzt soll er nach meinem Zimmer gebracht werden und dort warten, bis ich gespeist habe. Nachher werde ich kommen!“
Der Hausmeister entfernte sich mit einer tiefen Verneigung. Draußen saß der Sepp.
„Nun?“ fragte er. „Wie steht's? Hat dera Herr Baronen Zeit und Lust?“
„Jetzt keins von beiden. Du wirst eine
Weitere Kostenlose Bücher