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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Angelegenheit mein Vertrauen schenken? Ah! Habe ich nicht einen Bruder? Habe ich nicht Max? Dem werde ich alles sagen, und er wird mir behilflich sein, die Schrift zu enträtseln.“
    Sie legte den Zettel wieder zusammen und tat ihn in das Medaillon zurück. Über dem nutzlosen Versuch, die Zeilen zu entziffern, war eine sehr lange Zeit vergangen. Die kurze Sommernacht war vorüber, und der Morgen brach an. Milda löschte das Licht aus, und die Helle, welche der junge Tag verbreitete, war hinreichend, alle Gegenstände, welche sich im Zimmer befanden, deutlich zu erkennen.
    Sollte sie jetzt nun schlafen gehen? Nein, sie fühlte kein Bedürfnis dazu. Sie war zu aufgeregt, als daß sie zu schlummern vermocht hätte. Sie wollte Beruhigung in der reinen, erfrischenden Morgenluft finden und verließ das Zimmer, um sich hinab in den Park zu begeben.
    Die dicken Läufer, welche auf dem Korridor lagen, dämpften ihre Schritte, zumal sie leise auftrat, um keinen Schläfer in der Ruhe zu stören.
    Der Korridor hatte ein breites Fenster, welches genügend Licht hereintreten ließ. Milda hatte fast die Tür erreicht, welche in Astas Zimmer führte, als dieselbe geöffnet wurde. Sie blieb überrascht stehen. Sie konnte nicht gesehen werden, da die Tür nach derjenigen Seite aufgeschoben wurde, in welcher sie sich befand. Die zwei Sprechenden befanden sich unter dem Eingang des Zimmers und wurden von der Tür verdeckt. Zwei waren es, denn zuerst flüsterte die eine Stimme:
    „Leb wohl, mein süßes, süßes Mädchen!“
    Und dann antwortete die andere:
    „Und wann sehen wir uns wieder?“
    „Nach dem Frühstück im Park.“
    Er ging, ohne sich umzublicken. Milda erkannte den Sänger. Er hatte den Schlafrock an und trug seine Stiefeletten in der Hand. Ohne sich zuvor zu überlegen, ob es geraten sei, sich sehen zu lassen, trat sie rasch zwei – drei Schritte vor. Sie stand vor Asta, welche, die Tür noch in der Hand, dem Geliebten nachblickte, welcher soeben hinter der leise geöffneten Korridortür stand.
    Die überraschte Liebhaberin hatte ein weißes Nachtgewand an. Sie erschrak sichtlich, als sie Milda bemerkte.
    „Du – du – du!“ stotterte sie.
    „Asta!“ hauchte die Freundin, fast noch erschrockener als die andere.
    „Du schläfst nicht!“
    „Nein! Und du –“
    „Auch ich konnte nicht schlafen.“
    „Das läßt sich erklären, wenn man sich in solcher Gesellschaft befindet.“
    „Gesellschaft? Wie meinst du das?“
    „Nun – Warschauer!“
    „Ah, du hast ihn gesehen?“
    „Nicht nur gesehen, sondern auch gehört habe ich euch.“
    „So hast du also – gelauscht! Höre, das ist in den Kreisen, zu denen wir gehören, streng verpönt!“
    Sie sagte das in einem so scharfen und verweisenden Ton, als ob nicht sie es sei, welche sich im Unrecht befand.
    „Ich kam nicht, um zu horchen“, antwortete Milda zurückweisend. „Ich wollte soeben hinab in den Park, als ihr die Tür öffnetet, und wurde somit Zeugin eures Gesprächs.“
    „So! Hoffentlich bist du nicht eifersüchtig! Willst du mir etwa verbieten, mich mit einem Herrn, welcher mich anbetet, zu treffen?“ fragte sie leise, aber in zornigem Ton.
    „Nein.“
    „Nun, so schweig!“
    Sie wollte sich beleidigt in das Zimmer zurückziehen, aber Milda ergriff die Tür und hielt sie noch einige Augenblicke offen.
    „Schweigen kann ich nur dann“, antwortete sie, „wenn euer Treffen, falls es hier bei mir stattfindet, zu einer anderen Zeit und in anderer Toilette vorgenommen wird.“
    „Pah! Was verstehst du davon! Du bist ja ein Kind. Oder willst du mir etwa verbieten, dem Sänger die Erlaubnis zu ferneren Besuchen zu erteilen?“
    „Wenn du meinst, daß es sich mit deiner Ehre verträgt, so mag er dich besuchen, wann und wie es ihm beliebt, nur aber nicht hier bei mir. Ich kann nicht wünschen, daß vielleicht einer der Dienerschaft einen meiner Gäste bemerkt, welcher mit den Stiefeln in der Hand und im Schlafrock des Nachts seine liebenswürdigen Visiten macht.“
    Sie wollte sich umdrehen, um sich zu entfernen. Jetzt aber wurde nun sie von Asta festgehalten.
    „Heißt das etwa“, sagte diese, „daß du mir die Gastfreundschaft aufsagst?“
    „So unhöflich bin ich nicht. Nur bitte ich, zu bedenken, daß du mir Rücksichten schuldig bist!“
    „Pah, Rücksichten! Rücksichten ist nur der Gastgeber seinem Gaste schuldig. Ich erkläre dir, daß ich den Besuch meines jetzigen Geliebten noch sehr oft erwarte.“
    „In dieser Weise und

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