68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
zu dieser Zeit?“
„Ja.“
„So werde ich ihm sagen, daß sich dies mit meinen Ansichten nicht verträgt.“
Astas Augen leuchteten zornig auf.
„Ihm willst du es sagen, ihm?“ zischte sie.
„Ja.“
„Weißt du, wie du mich dadurch blamierst?“
„Ich habe dir meinen Wunsch mitgeteilt und bei dir kein Verständnis für denselben gefunden. Ich bin also, falls ich nicht eins von euch beiden fortweisen will, gezwungen, mich an ihn zu wenden.“
„So, so also ist's gemeint! Das ist mir noch niemals geboten worden, und nun von dir, von meiner Freundin.“
„Als Freundin mußt du doppelte Rücksicht hegen.“
„Wieder diese alberne Rücksicht! Ich sage dir, daß du mit Herrn Warschauer nicht zu sprechen brauchst, denn ich werde Steinegg noch heute verlassen!“
Sie blickte forschend in Mildas Gesicht. Sie glaubte, zu gewinnen, falls sie diesen Trumpf ausspiele. Doch die junge Schloßherrin antwortete ruhig:
„So brauchst du mir nur zu sagen, zu welcher Zeit ich dir die Equipage, welche dich nach dem Bahnhof bringt, zur Verfügung stellen soll.“
Asta blickte sie ganz betreten an. Das hatte sie nun freilich nicht erwartet. Ihr Trumpf war überstochen worden.
„Ist's wahr, ist's wahr?“ stieß sie hervor. „Du läßt mich gehen?“
„Ja, gern. Es ist ja dein Wille, und du weißt ja, daß ich denselben stets befolgt habe.“
„Und überlegst du dir auch, was dann kommen wird?“
„Ich erwarte es in Ruhe.“
„Ich werde nie, nie wiederkommen!“
„Das tut mir leid; aber ich muß es eben so gut wie möglich ertragen.“
„Ich werde dich nie wieder kennen!“
„Vielleicht habe ich dann doch einmal das Glück, eine andere Freundin kennenzulernen.“
„Und ich werde – ja, ganz gewiß, ich werde den Sänger und den Professor gleich mit mir von hier fortnehmen!“
„Dann reist du ja in liebenswürdiger Gesellschaft. Das freut mich um deinetwillen.“
So erstaunt wie jetzt war Asta noch nie in ihrem Leben gewesen. Sie kannte die sonst so unselbständige Freundin gar nicht mehr. Darum fuhr sie in einem Ton, als ob sie es gar nicht fassen könne, fort:
„Aber, um aller Welt willen, was fällt dir ein! Du bist ja ganz wie ausgewechselt! Bedenke doch, was dein Vater sagen wird!“
„Der wird wohl schweigen.“
„Im Gegenteil. Du wirst eine außerordentliche Szene mit ihm haben.“
„Ich fürchte diese Szene nicht.“
„Wir sind ja auf seine Veranlassung hier. Wir sollen hierbleiben. Was wird er sagen, wenn er erfährt, daß du uns fortweist!“
„Das habe ich nicht getan. Du gehst aus eigenem Antrieb, und ich stelle mich dir nicht hindernd in den Weg. Das ist alles.“
„Und doch ist es ganz dasselbe, als ob du uns von hier fortjagtest!“
„Nun, so entschließt er sich jedenfalls, euch zu begleiten. Übrigens haben wir diesem leidigen Thema bereits schon zu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Lust zum Spaziergange ist mir verleidet. Ich gehe wieder nach meinem Zimmer.“
„Ach, jetzt gestehst du indirekt, daß du gar nicht beabsichtigst, nach dem Park zu gehen. Du warst nur hier, um uns zu belauschen. Welch eine Gemeinheit von dir!“
Sie sagte das im Ton tiefster Indignation.
„Glaube, was dir beliebt“, antwortete Milda kalt. „Aber wirf mir keine Gemeinheit vor. Du sprichst sonst aus deinem eigenen Spiegel!“
Sie schob jetzt die Tür zu und ging, nach ihrem Zimmer zurückkehrend. Dort öffnete sie das Fenster und setzte sich an dasselbe, mit trüben Augen hinausschauend in die Landschaft, von deren frischem Angesicht soeben der Wind den dünnen Nebelschleier fortblies.
Also nicht nur den Vater hatte sie verloren, sondern auch die Freundin. Standen ihr außerdem noch andere Verluste bevor, etwa solche, die sich auf ihr Vermögen, ihren Reichtum bezogen? Jedenfalls. Das ließ sich ja aus dem Zettel schließen, welcher das Vermächtnis ihrer Mutter enthielt.
So saß sie in Gedanken versunken. Sie beachtete es nicht, daß die Sonne sich erhoben hatte und allmählich höher stieg. Sie beachtete es auch nicht, daß das Leben im Innern des Schlosses erwachte und daß sich Schritte hören ließen. Nach und nach wurden ihre Lider müd und fielen über die Augen. Ihr Atem ging leiser und leiser; ihr Köpfchen sank seitwärts nieder – sie schlummerte ein.
Aber nicht lange war ihr dieses Vergessen des augenblicklichen Kummers beschieden. Sie wurde von dem Geräusch erweckt, welches durch das Öffnen der Tür verursacht wurde. Sie erhob schnell den Kopf. Ein Diener
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