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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hunger leiden müßten, war ihr so schrecklich, daß sie es vergaß, sich auch noch weiter zu verleugnen. Der Finken-Heiner fuhr von seinem Baumstumpf empor.
    „Was!“ schrie er auf. „Von wem redest da? Wer, wer ist eine Rabenmuttern?“
    „Ich.“
    „Du? Du? Warum?“
    „Da, schau her, wannst's wissen willst!“
    Sie trat ganz nahe zu ihm heran, nahm das Tuch vom Kopf und hielt ihr Gesicht vor das seinige.
    „Schau mich an! Kennst dies Gesichtern noch?“
    Er erkannte ihre Züge trotz der Dunkelheit und trotz der Länge der Zeit, in welcher er seine Frau nicht gesehen hatte. Er taumelte förmlich zurück.
    „Anna!“
    Das klang fast wie Entsetzen.
    „Heiner!“ antwortete sie.
    Dabei sank sie vor ihm in die Knie und blieb in dieser Stellung vor ihm liegen.
    Er rang mit sich selbst. Er wollte sprechen und brachte doch kein Wort, keinen Laut hervor. Sie hörte es, daß er förmlich nach Luft schnappte.
    „Heiner!“ flehte sie weinend. „Tritt mich mit den Füßen! Spuck mich an! Schlag mich mit der Faust! Ich will dir's gar noch danken, denn ich hab's verdient. Aber sei nur nicht so still! Das macht mir Angst. Was hast? Was schnaufst? Kannst keinen Atem erhalten? Sag ein Wort, sag eins!“
    Er ließ einige unartikulierte Laute hören. Sie sah, daß er taumelte. Da sprang sie auf und legte den Arm um ihn, um ihn zu stützen.
    „Heiner, setz dich nieder, sonst fällst mir um!“
    „An-na, An-na!“ kam es beinahe röchelnd hervor. „Du – du – du selbst bist's!“
    „Ja, ja, ich! Aber bleib stark, bleib ruhig! Mach alles mit mir, alles, nur fall mir nicht um!“
    „Mein Gott – und mein Herr! Die Anna ist da, die Anna!“
    Er brach, trotzdem sie ihn hielt, langsam zusammen, nieder ins Moos, legte den Arm auf den Baumstumpf und den Kopf auf den Arm und begann wahrhaft herzzerbrechend zu weinen. Sie kniete neben ihm nieder und betete inbrünstig:
    „Mein Vatern im Himmeln, gib ihm, daß er's ertragen mag! Laß mich sterben, gleich hier auf der Stell, aber gib, daß es ihm nix schaden mag!“
    Dann lehnte sie die gesenkte Stirn neben Heiners Kopf auf den Baumstumpf und weinte mit.
    Beide waren so von ihrem Schmerz gefangen, daß sie für nichts anderes Augen und Ohren hatten. Sie hörten nicht ein leises, leises Räuspern, das ganz in der Nähe erklang. Es war ganz so, wie wenn einer eine tiefe, tiefe Rührung kaum überwinden kann und dabei unvorsichtig laut einmal kräftig durch die Nase atmet.
    So knieten die beiden eine ganze Weile nebeneinander. Endlich erhob die Frau den Kopf.
    „Heiner“, bat sie, „kannst noch nicht sprechen? Sag mir ein Wort! Nur ein ganz kleines!“
    Da erhob auch er den Kopf.
    „Sei still!“ antwortete er. „Ich hab glaubt, daß dera Schlag mich trifft, aber der liebe Herrgott hat mich dafür behütet. Jetzt wart einen Augenblick!“
    Grad hier an diesem Baumstumpf pflegte er zu sitzen. Er war ein sparsamer Arbeiter. Selbst den kleinsten Holzabfall pflegte er aufzuheben und mit nach Hause zu nehmen, wenn er ein Bündel zusammen hatte. Dabei pflegte er das harzige Holz von dem andern zu scheiden. Für das erstere erhielt er einige Pfennige, wenn er es verkaufte. Er wußte, daß er solches Holz hier liegen hatte. Er griff hin und nahm ein Stück davon, dann holte er ein Streichholz aus der Tasche. Es flammte auf, und er brannte das harzige Stück an. Er leuchtete mit demselben der Frau in das Gesicht. Sie ließ es sich gefallen. Sie bewegte sich nicht und hielt den Blick angstvoll auf sein Gesicht gerichtet, welches sie beim Schein der kleinen Flamme auch erkennen konnte. Nun blies er das Licht aus, warf den Span weg und sagte:
    „Ja, du bist's, du bist's! Jetzt seh ich's deutlich. An dera Stimm hätt ich dich nicht derkannt. Bleich bist, bleich wie dera Tod. Hast wohl rechte Ängsten vor mit?“
    „Ja, große Angst.“
    „Das brauchst nicht, Anna. Jetzt hab dir doch vorhin sagt, daßt dich nicht zu fürchten brauchst.“
    „Du hast denkt, die Anna ist weit fort, und ich bin eine Fremde. Nun aber bin ich selbern da!“
    „Das macht's nicht anders.“
    „So willst wirklich nicht auf mich zanken?“
    „Nein. Komm, steh auf, Anna!“
    Er ergriff sie mit seiner einen Hand.
    „Nein!“ sagte sie. „Ich werd hier vor dir knien, bist mir sagst, daßt mir vergeben hast!“
    „Das hab ich ja bereits sagt. Ich hab keinen Groll mehr gegen dich im Herzen. Steh also auf aus den Knien und setz dich neben mich her!“
    Ehe er es verhindern konnte, hatte sie abermals

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