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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wohlhabend, sehr wohlhabend.“
    Sie freute sich, ihm diese Mitteilung machen zu können. Er aber antwortete:
    „Lieber wäre es mir, wenn du arm wärst!“
    „Arm? Oh! Warum?“
    „Weil ich dann für dich arbeiten könnte. Wie wollte ich schaffen und wirken, um dir zu beweisen, daß ich dich liebe und daß dein Sohn ein Mann ist, welcher – seinen Platz ausfüllt, wenn dieser Platz auch nur ein ganz kleines und ganz bescheidenes Plätzchen ist.“
    „Ich danke dir! Diese Worte erhöhen mein Glück, denn sie überzeugen mich, wie edel du denkst. Aber es ist doch besser, du brauchst den Kampf mit den feindlichen Mächten nicht fortzusetzen. Ich höre, du liebst die Kunst, die Wissenschaft. Sepp sagte mir sogar, daß du ein Dichter seist. Du sollst bei mir in Steinegg wohnen und nur deinen Studien leben.“
    „Und die Bewohner Steineggs, wissen sie, daß – du einen Sohn hast?“
    „Nein.“
    „Dürfen sie es erfahren?“
    Sie zögerte doch einen Augenblick lang mit der Antwort. Sodann sagte sie:
    „Sie sollen es erfahren.“
    „Nein, sie brauchen es nicht zu erfahren, außer – der Vater war Bürgermeister dort?“
    Er hatte diese Frage in leisem Ton ausgesprochen, als ob niemand sie hören dürfe.
    „Nein“, antwortete sie zögernd.
    „So war der Bürgermeister erst – später dein Mann?“
    „Ja.“
    „Und mein Vater war –“
    Er sprach nicht weiter.
    „Max“, sagte sie. „Diese Wolke schwebt so lange zwischen uns, bis wir selbst sie vertrieben haben. Und da wollen wir nicht warten. Es ist am allerbesten, du erfährst gleich heut, gleich jetzt, alles.“
    „Mutter, bitte! Warum gleich jetzt, in der ersten Stunde, diese trüben Erinnerungen!“
    „Um sie dann nicht mehr zu haben. Je eher ich sie von mir werfe, desto eher genieße ich vollkommen das Glück, dich gefunden zu haben.“
    „Und wird es dich nicht zu sehr aufregen?“
    „Nein, gewiß nicht!“
    „So denke aber daran, daß ich keine ausführliche Erzählung wünsche. Ich bitte, mir nur das zu sagen, was ich notwendig hören muß, um zu wissen, wer mein Vater ist.“
    „Mein Gott! Grad das kann ich dir nicht sagen.“
    „Wie? Nicht?“ fragte er verwundert.
    „Nein“, antwortete sie unter ausbrechenden Tränen. „Ich weiß ja nicht einmal selbst, wer er war und wer er ist.“
    Er erschrak. Sie sah es.
    „Das wußte ich“, schluchzte sie, „daß du mich nun verachten würdest!“
    „Verachten?“ entgegnete er schnell. „Mutter, wie kannst du das von mir denken! Ich dich verachten! Habe ich dir nicht bereits gesagt, daß es unmöglich sei, daß ein Sohn seine Mutter verachten könne. Ich bin auf einen Namen getauft worden. Folglich hat sich mein Vater denselben beigelegt. Ich denke, daß er dich getäuscht hat. Dieser Name ist ein falscher gewesen.“
    „Ja, so ist es, so!“
    „Also, ein – Schurke!“
    Er sagte das nicht laut; aber so wie es zwischen den zusammengepreßten Zähnen hervorklang, enthielt es eine ganz Welt voll Grimm und Bitterkeit.
    „Soll ich es dir erzählen?“ fragte sie.
    „Ja, erzähle! Und dann – dann –“
    „Was soll dann geschehen?“
    „Dann werde ich ihn zur Rechenschaft ziehen.“
    „Ich weiß ja nicht, wo er sich befindet! Ich kenne nicht einmal seinen Namen.“
    „Keine Sorge, Mutter! Wenn er noch lebt, wenn er noch existiert, so mag er sich versteckt haben, wo es nur immer sei, ich werde ihn finden.“
    „Ich habe während zwanzig Jahren vergebens nach ihm geforscht.“
    „Du ja! Ich aber werde ihn finden; das weiß ich ganz gewiß. Also bitte, erzähle!“
    Sie begann, ihm alles zu berichten, was sie bereits dem Wurzelsepp erzählt hatte. Hätten sie geahnt, daß der, von dem sie jetzt sprachen, sich in ihrer Nähe befand!

VIERTES KAPITEL
    Der Baron
    Nämlich fast um diese Zeit kam von der Stadt her eine Kutsche gefahren. Auf dem Bock saß ein vornehm gekleideter Herr, welcher die Zügel führte, im Innern saßen ein Livreediener und ein anderer Mann, dem die Kutsche gehörte. Er war in der Stadt ansässig und hatte den Herrn und dessen Diener über Hohenwald nach Steinegg fahren sollen. Nach vornehmer Herren Sitte hatte der Fremde sich ausbedungen, die Zügel zu führen. Darum saß der Besitzer des Mietfuhrwerks mit dem Diener im Innern des Wagens.
    Der Herr schien es sehr eilig zu haben, denn er trieb trotz der öfteren Mahnungen des Besitzers die Pferde zu schnellerem Lauf an. Unterhalb der Kirche machte der Dorfweg eine scharfe Krümmung um die Ecke eines

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