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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hörte man die Stimme des Posaunen-Wenzels.
    Er hatte nämlich sein Instrument ganz auseinander gezogen, hielt in jeder Hand eine der Hälften, holte tief Atem, wie nach einer gewaltigen Anstrengung, und schüttelte den Kopf.
    „Ist's wiederum mal alle?“ rief der Herr Musikdirektor zornig. „Was ist denn mit der Posaunen geschehen?“
    „Ich weiß es nicht.“
    „Nicht? Ein Dummkopfen bist. Ausnander zogen hast's! Ist's da ein Wundern, wann's keinen Ton mehr gibt!“
    „Auseinander gezogen habe ich sie nicht!“
    „Was? Das willst mir weismachen? Du stehst ja da und hast die Stucken in denen Händen!“
    „Ja, aber doch habe ich sie nicht auseinander gezogen, sondern auseinandergeblasen.“
    „Das kann doch gar nicht möglich sein!“
    „Und doch ist's so! Es wollte kein Ton mehr kommen, und als ich nun mit aller Gewalt hinein blies, so schob die Luft die untere Hälfte heraus. Die Lunge konnte mir dabei zerplatzen.“
    „Ja, wann's so ist, so kannst freilich froh sein, daßt mit dem Leben davonkommen bist. Konntest gar leicht einen Blutsturz bekommen, und dann hätt ich meinen besten Posaunisten verloren.“
    „Ich zittre noch an allen Gliedern!“
    „Das sieht man wohl. Nun gibts schon wiederum eine Unterbrechung. Heut scheint dera Teuxel losgelassen worden zu sein. Am schlechtsten kommt da wiederum der Osec weg. Er hat schon das Bein hin und her schwenkt, um sich auch mal eine Güten zu tun, und da muß nun grad auch noch die Posaunen obstinat werden. Was ist denn mit ihr?“
    „Ich weiß es nicht; ich kann es mir nicht erklären. So etwas ist mir in meiner ganzen musikalischen Praxis noch nicht passiert.“
    „Aber du must doch deine Posaunen kennen!“
    „Das habe ich freilich gedacht, aber nun sehe ich, daß es mit der Posaune ist wie mit den Weibern: Man lernt sie nicht auskennen.“
    „Oh, die wollen wir schon gleich auskennen lernen. Stecks mal wiederum zusammen, und blas hinein.“
    Der Wenzel gehorchte. Er blies, daß er krebsrot wurde. Es war nichts zu hören, bis endlich ein Ton herauskam, welcher grad so klang, wie wenn ein Bahnzug in dem Perron einfährt und alle Räder unter den Bremsen dröhnen, knarren und kreischen.
    Natürlich waren die Blicke aller Anwesenden nach dem Orchester gerichtet. Als dieser Mißton erscholl, konnte sich niemand halten: es brach ein stürmisches Gelächter los.
    „Was gibts da auch noch zu lachen!“ schrie der Schmied. „So eine Posaunen ist ein gar schweres Instrumenten. Es hat seine großen Mucken, und wer darunter zu leiden hat, der hat keine Lust zum Lachen. Zeig's mal her! Ich will's selber mal probieren.“
    Er blies hinein, und was sich nun hören ließ, das war noch schrecklicher als vorher.
    „Das ist schlimm!“ meinte er. „Bei dera Posaunen ist drinnen in denen inneren Eingeweiden etwas nicht in Ordnung. Es wird doch nicht etwa eine Verhärtung sein! Die wäre gar schwer zu heilen. Das muß noch genauer untersucht werden.“
    Er zog das Instrument auseinander und blies in die eine Hälfte.
    „Die hat Luft!“ meinte er. „Es muß also auf der anderen Seite liegen.“
    Er blies nun auch in die andere Hälfte, bis sich sein Gesicht fast blaurot färbte. Dann setzte er ab, schüttelte bedenklich den Kopf und erklärte:
    „Jetzund hab ich's entdeckt. Es sitzt auf einer gar gefährlichen Stellen. Das kann so schlimm werden, daß wir mit der Musiken ganz und gar aufihören müssen. Wer hätte das dacht von einer Posaunen, mit der man so lange Jahren ganz zufrieden gewest ist!“
    „Machst mir wohl Angst?“ fragte der Schuster.
    „Nein. Ich muß dir's ehrlich sagen, weil ich halt dein Direktorn bin.“
    „Was ist's eigentlich?“
    „Das Allerschlimmste, was bei einer Posaunen nur passieren kann: Sie ist verstopft.“
    „Das ist doch gar nicht möglich!“
    „Warum soll es nicht möglich sein? Sie ist alt genug, und im Alter gibts allerlei Zufällen und Kalamertäten, von denen man in der Jugend keine Ahnung hat.“
    „So müssen wir zu helfen suchen.“
    „Ja freilich! Die Burschen und Dirndl wollen doch weiter tanzen. Schau, dort steht auch der Osec noch mit seiner heißgeliebten Braut! Was er für eine Sehnsuchten hat, zu zeigen, daß er noch Sohlen auf denen Stiefeln hat. Mach schnell, damit wir fertig werden. Blas mal da hinein; ich will auf der andern Seiten helfen.“
    Der Schuster blies, und der Schmied tat, als ob er ihn unterstützte. Er drückte, quetschte und schob aus allen Kräften.
    „Blas, blas!“ rief er dabei.

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