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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schlug der Bauer auf den Tisch, sah ganz verwundert zu Osec hinüber und sagte:
    „Jetzt brat mir aber einer einen Storch! Gut ist sie ihm gewesen! Schon von Kindesbeinen an! Und wir alle haben dagegen geglaubt, daß sie ihn im Magen hat. Wer hätte das gedacht!“
    „Das kommt bei euch Männern und Burschen sehr oft vor. Ihr denkt, es sei eine ganz verliebt in euch, und dabei lacht sie euch heimlich aus. Und ihr meint, es könne euch eine nicht leiden, und dennoch hat sie die größte Sehnsucht nach euch.“
    „So hast du wohl auch solche Sehnsucht gehabt, du Wettermädchen?“
    „Einiges kann man wohl verraten, aber nicht alles. Das sind Sachen, über welche man nur mit dem Geliebten allein reden kann.“
    „Richtig, richtig! Aber wenn es so steht, dann hat ja alle Not ein Ende! Nicht wahr, Osec? Schenk ein und laß uns einmal auf diesen unerwarteten Ausgang anstoßen!“
    Der alte Osec machte ein sehr finsteres Gesicht, griff zur Flasche, goß ihm ein und flüsterte ihm bei dieser Gelegenheit zu:
    „Da hast du es! Jetzt tut sie so; aber den Ludwig meint sie.“
    Da verflog im Augenblick der freudige Ausdruck aus dem Gesicht des Kery-Bauern. Er schob das Glas wieder von sich und sagte:
    „Mädchen, spielst du etwa Komödie mit uns? Das laß bleiben!“
    „Komödie?“ fragte sie verwundert. „Wie kommst du auf diesen Gedanken?“
    „Du bist einem anderen gut und willst den Osec heiraten, um mit dem anderen recht fröhlich leben zu können.“
    Jetzt erglühte sie in Wirklichkeit bis zum Nacken herab. Ihre Augen begannen zu blitzen. Sie erhob sich vom Stuhl und fragte:
    „Und wer ist der Unverschämte, der diesen Gedanken ersonnen hat?“
    „Das ist Nebensache.“
    „Nein, das ist für mich eine Hauptsache. Man traut mir zu, daß ich schon jetzt als junges Mädchen an Dinge denke, die nur eine scham- und ehrlose verheiratete Frau ausführen kann! Und das muß ich mir von meinem eigenen Vater in das Angesicht sagen lassen? Ist der Kery-Bauer ein solcher Lump und ist seine Tochter eine solche gewissenlose Dirne, daß man so etwas wagen kann! Unter diesen Umständen kann ich keinen Augenblick länger hier bleiben!“
    Sie wendete sich um und schritt nach der Tür. Ihr Vater eilte ihr nach und hielt sie fest.
    „Bleib, Gisela bleib!“ sagte er. „Es war doch nur mein Spaß.“
    Da blickte sie ihn fast drohend an und sagte in einem Ton, dessen sie sich noch nie gegen ihn bedient hatte:
    „Solche Späße muß ich mir ein für alle Mal verbitten. Wenn du so wenig Ehre besitzt, sie zu machen, so habe doch ich Ehre genug, sie zurückzuweisen. Fühlst du es denn nicht, daß du dich selbst beleidigst, wenn du mich beleidigst!“
    „Laß gut sein, laß gut sein. Setz dich nur wieder her“, bat er. „Ich hatte es ja gar nicht so gemeint, wie es mir über die Lippen kam. Es hat ja manches Mädchen einen heimlichen Geliebten und heiratet doch einen anderen.“
    „Aber da wird ihr nicht gleich zugemutet, was ihr mir zugemutet habt! Doch will ich mich nicht ärgern. Ich werde es euch gleich beweisen, daß ich an so etwas mit keiner Silbe gedacht habe. Meine Wünsche sind ganze andere, viel ernstere, viel frömmere.“
    „So bist du dem Osec also wirklich gut?“
    „Ja.“
    „Und hast nichts dagegen, daß er dich auch liebhat?“
    „Es freut mich im Gegenteil sehr, daß ich ihm nicht gleichgültig gewesen bin. Desto mehr wird er den Schritt zu würdigen wissen, den ich ihm zuliebe tue.“
    „So? Was ist das für ein Schritt?“
    „Ihr sollt es gleich hören. Wen man so sehr liebhat, an den denkt man allezeit. Darum kam es häufig vor, daß ich von ihm träumte. Heute nacht nun träumte mir, er befinde sich in großer Lebensgefahr. Ich schwitzte und jammerte vor Angst im Traum und wachte darüber auf. Ich war unendlich glücklich, daß es nur ein Traum gewesen war; aber es ahnte mir, daß dieser Traum in Erfüllung gehen werde. Da gelobte ich in meiner Herzensbangigkeit, wenn er aus dieser wirklichen Gefahr errettet werde, wolle ich in das Kloster gehen. Gleich heute schon ist er in das Wasser gestürzt. Er wäre ganz gewiß ertrunken, aber der Ludwig hat ihn gerettet. Mein Traum hat sich erfüllt, und nun soll auch mein Gelöbnis in Erfüllung gehen. Ich führe meinen Vorsatz aus und gehe in das Kloster, aus Liebe zu ihm und aus Dankbarkeit für die Rettung seines teuren Lebens.“
    Diese Erklärung brachte eine ungeheure Wirkung hervor, verschieden nach der Verschiedenheit der einzelnen Charaktere.
    Osec,

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