69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
wendete er sich fragend an den alten Osec:
„Was sagst du dazu? Welches ist denn deine Meinung?“
Der Gefragte kratzte sich den Schädel und antwortete:
„Hm, das ist eine verteufelte Geschichte. Mir scheint, als ob man gar keine eigene Meinung haben dürfe. Das habe ich heute nicht erwartet. Ich war ganz sicher, daß wir einig werden würden.“
„Das scheint doch nicht ganz so“, entgegnete Gisela.
„Warum?“
„Die Mutter des Bräutigams hat kommen wollen, ist aber doch nicht eingetroffen.“
„Sie wird abgehalten worden sein.“
„Bei einer so wichtigen Angelegenheit darf man sich nicht abhalten lassen. Wenn sie es nicht für der Mühe wert hält, bei der Verlobung ihres Sohnes gegenwärtig zu sein, so macht sie sich entweder gar nichts aus der Sache oder sie hat eben gedacht, daß es mit dem Gelingen doch noch nicht ganz sicher sei. Mir ist es freilich lieb, daß sie nicht gekommen ist. Da braucht sie nun nicht unverrichteter Sache fortzugehen. Also, Vater, sag: Aufschub oder nicht?“
Auf diese Weise in die Enge getrieben, antwortete er ärgerlich:
„Es ist wirklich eine ganz und gar verdammte Geschichte. Das ganze Dorf weiß es ja bereits, daß heute die Verlobung sein soll.“
„Daran bin ich nicht schuld. Ich habe es keinem Menschen gesagt. Wäre ich vorher gefragt worden, so wäre es ganz anders gekommen. Übrigens kann es den Leuten sehr gleichgültig sein, ob ich einige Wochen früher oder später einen Mann bekomme.“
„Aber bekommen wirst du ihn. Ich gehe nicht davon ab. Ich will heute ausnahmsweise einmal mit mir reden lassen, denn ich glaube wahrhaftig, daß es dir einfallen würde, Widerstand zu leisten. Aber meinen Willen setze ich doch durch. Vierzehn Tage Zeit, sollst du haben, länger aber nicht. Merke dir das. Es ist doch wahr, wenn so ein Weibsbild sich einmal das Kloster in den Kopf gesetzt hat, so ist es nur mit zehn Pferden davon abzuhalten.“
Er setzte sich wieder nieder, stemmte den Kopf in beide Hände und starrte die beiden Osecs an. Der Jüngere fühlte sich einigermaßen unheimlich. Er wendete sich in einem beinahe kläglichen Ton an Gisela:
„Du sagtest doch vorhin, du hattest mich lieb!“
„Ja.“
„Und nun magst du nichts von mir wissen. Das reimt sich doch gar nicht zusammen.“
„Es reimt sich gar wohl. Gerade aus Liebe zu dir habe ich das Gelübde getan.“
„Na, das ist sehr unnötig! Aus Liebe braucht man doch nicht zu entsagen. Oder hast du etwa etwas an mir auszusetzen?“
„Gar nichts“, lachte sie. „So wie du bist, bist du mir ganz recht. Ich brauche einen Mann, der nach meiner Pfeife tanzt.“
Jetzt machte er ein wirkliches Schafsgesicht und stotterte ganz betreten:
„Nach deiner Pfeife tanzt? Denkst du denn, daß ich das tun würde?“
„Ja, das denke ich. Du hast ja heute bewiesen, daß du ein seelensguter Gottfried bist.“
„Himmeldonnerwetter! Das möchte ich mir doch verbitten!“
„Pah! Tu nur jetzt nicht so kräftig! Es war doch nichts als die reine Nachgiebigkeit und Herzensgüte, daß du nicht mit mir getanzt hast. Ich hatte mich heimlich gefreut, mit dir eine Tour machen zu dürfen. Wir wollten auch einige Male bereits anfangen, aber du hast alle Male gleich wieder aufgehört.“
„Weil die Musik aufhörte!“
„Ja, warum hast du das gelitten? Eben weil du es dir gefallen ließest, bin ich überzeugt, daß du einmal ein guter Mann sein wirst, den man um den Finger wickeln kann.“
„Hörst du das, Vater?“ fragte der Junge den Alten. „Sollte man so etwas denken?“
„Ja, glauben sollte man es nicht, wenn man es nicht hörte. Oder will sie dich etwa nur foppen? Das wollen wir doch nicht hoffen!“
„Fällt mir nicht ein“, antwortete Gisela. „Ich werde mich doch über den mir bestimmten Bräutigam nicht lustig machen! Wenn es möglich wäre, daß ich das könnte, so hätte mir der Vater einen schönen Kerl bestimmt. Also aus der Verlobung wird heute nichts. Und da ist meine Gegenwart nun auch nicht mehr unumgänglich nötig. Ich muß einmal hinab, um nach dem Gesinde zu sehen.“
Sie ging. Die Bäuerin folgte ihr nach, ergriff sie bei der Hand und fragte besorgt:
„Gisela, sei aufrichtig! Willst du wirklich in das Kloster?“
Da lachte das Mädchen hellauf und antwortete:
„Fällt mir ganz und gar nicht ein!“
„Gott sei Dank! Wie aber kommst du auf den Gedanken, so zu sagen? Ich bin darüber so erschrocken, daß es mir noch jetzt in allen Gliedern liegt.“
„Du siehst ja nun, was ich
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