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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in keinem guten Einvernehmen. Er war überzeugt, daß derselbe gegen ihn sprechen werde; aber er getraute sich auch nicht, gegen den Willen des geistlichen Herrn zu handeln. Daher befand er sich jetzt in großer Verlegenheit. Es war ihm geradezu unfaßbar, seine Tochter ins Kloster gehen zu lassen, und doch konnte und durfte er sich nicht dagegen sträuben, wenn der Pfarrer darauf bestand, daß Gisela ihren Vorsatz auszuführen habe. Einem solchen Ausspruch gegenüber war er zu machtlos. Diese Erkenntnis verdoppelte seinen Zorn. Darum schlug er mit der Faust auf den Tisch, daß alles krachte, und rief:
    „Zum Satan sollst du gehen, aber nicht zum Pfarrer! Das leide ich nicht. Lieber sperre ich dich ein, bis du auf andere Gedanken gekommen bist. Eine Himmelsbraut willst du sein? Das bilde dir nur ja nicht ein. Du bist des Osec Braut. Das will ich, und dabei hat es zu bleiben. Jetzt weißt du meinen Willen und wenn du nicht nach demselben handeln willst, so werde ich mir Gehorsam zu verschaffen wissen.“
    Er stand in drohender Haltung vor seiner Tochter und hatte die Hand erhoben, als ob er sie schlagen wolle. Seine Frau fiel ihm in den Arm und bat:
    „Mann, beherrsche dich! Du wirst doch nicht in Gegenwart fremder Leute deine Tochter schlagen wollen!“
    „Warum nicht?“ antwortete er. „Wenn sie nicht gehorchen will, muß sie gezüchtigt werden. Ob da andere dabei sind, das ist mir sehr egal.“
    Gisela ließ kein Spur von Furcht erblicken. Sie wich nicht vor ihm zurück. Im Gegenteile, sie trat noch näher, zog die Mutter vom Vater fort und sagte:
    „Ängstige dich nicht, Mutter. Er wird mich nicht mißhandeln. Wenn er das täte, würde ich ihm zeigen, daß ich seine Tochter bin.“
    „So!“ rief er aus. „Und wie würdest du mir das zeigen?“
    „Dadurch, daß ich augenblicklich das Haus verließe. Ich bin kein Kind mehr, welches man schlagen darf.“
    „Oho! Ich bin der Vater und kann dich strafen, wie es mir beliebt!“
    „Und ich kann darauf tun, was mir recht dünkt. Du hast einen harten Kopf. Nun wohl, ich hab den meinigen von dir geerbt, aber ohne dir das bisher zu zeigen. In Liebe und Güte laß ich mit mir sprechen, zwingen aber kann mich kein Mensch, selbst mein Vater nicht, wenn ich mir einmal vorgenommen habe, etwas zu tun, was ich für richtig halte.“
    „Soll ich dir etwa gute Worte geben!“
    „Nein, das verlange ich nicht. Ich erwarte nur, daß du nicht in der Aufregung handelst und dir die Sache überlegst, ehe du ein Machtwort sprichst.“
    „Hier gibt es gar nichts zu überlegen.“
    „O doch! Die Angelegenheit ist von solcher Wichtigkeit, daß man sie sich gar wohl überlegen muß. Ich habe dir meinen Entschluß mitgeteilt und ich bitt dich, daß –“
    „Und du hast den meinigen gehört“, unterbrach er sie. „Wir sind also fertig. Mein Entschluß gilt mehr als der deinige.“
    „Möglich, nur muß das eben erst überlegt werden. Ich will dir den Willen tun, nicht gleich zum Pfarrer zu gehen. Ich will über die Sache noch nachdenken. Vielleicht gebe ich meinen Vorsatz freiwillig auf, wenn ich nicht bedrängt und zu einem raschen Schritt gezwungen werde. Du siehst ein, daß ich nicht geradezu auf meinem Willen bestehe. Nun versuche aber auch nicht, den deinigen augenblicklich durchzusetzen. Gib mir eine Bedenkzeit!“
    Er nahm eine etwas friedfertigere Haltung an, knurrte aber:
    „Da soll also wohl aus der heutigen Verlobung nichts werden?“
    „Allerdings nicht. Wir müssen sie aufschieben, bis ich mich besonnen habe.“
    „Sapperment! Es war aber doch bereits für ganz sicher ausgemacht!“
    „Es hat schon manches Aufschub erleiden müssen, was ganz fest ausgemacht zu sein schien. Ob die Verlobung heute stattfindet oder vierzehn Tage später, das wird keinen von uns unglücklich machen. Gehst du auf die Verzögerung ein, so ist's gut. Willst du mich aber mit Gewalt zur Braut machen, so gebe ich mein Jawort nie dazu. Du hast die Wahl. Du kannst also nun tun, was dir beliebt.“
    In dieser festen, selbstbewußten Weise hatte seine Tochter noch nie mit ihm gesprochen. Er sah ihr ins Gesicht, mehr erstaunt als zornig, schüttelte den Kopf und sagte:
    „Mädchen, du bist ja auf einmal wie ganz umgewechselt! Dich kenne ich gar nicht mehr.“
    „Kannst mich aber sehr bald kennenlernen. Die Gelegenheit ist dazu da.“
    Er wollte auf diese Worte hin wieder aufbrausen. Seine Frau fiel ihm in begütigendem Ton in die Rede und bat ihn, den Wunsch Giselas zu erfüllen. Da

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