69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
der Vater, fuhr kerzengerade von seinem Stuhl auf, öffnete den Mund weit und starrte die Sprecherin an, als ob er etwas ganz und gar Unglaubliches gehört habe.
Sein Sohn sank in die Lehne des Stuhles zurück und machte ein Gesicht, wie es dümmer unmöglich sein konnte.
„Gisela!“ rief die Bäuerin erschrocken. „Was du da sagst, ist doch nicht etwa wahr?“
„Es ist wahr“, antwortete das Mädchen. „Ich habe es mir reiflich überlegt.“
„Aber ich kann es mir doch gar nicht denken!“
„Du wirst es dir schon noch denken können, wenn es einmal geschehen ist.“
Der Kery-Bauer war langsam von seinem Stuhl aufgestanden, hatte denselben mit dem Fuß so kräftig zurückgestoßen, daß er umstürzte, und stand nun mit einem Angesicht da, auf welchem das starre Erstaunen zu lesen war. Er wollte sprechen, brachte aber zunächst nichts hervor, als einige unverständliche Laute. Doch gab er den anderen mit der Hand einen Wink, nichts zu sagen. Er schluckte und schluckte und stieß endlich mit Anstrengung den Ausruf hervor:
„Bist – du – ver – rückt!“
Seine Tochter blickte ihn lächelnd an und antwortete:
„Verrückt? Ist man verrückt, wenn man sich der Frömmigkeit widmet?“
„Der Frömmigkeit? Donnerwetter! Man kann doch fromm sein, ohne in das Kloster zu gehen!“
„Ja. Aber wenn man ein Gelübde getan hat, muß man es auch halten.“
„Geh zum Teufel mit deinem Gelübde. Ehe du ein solches Versprechen ablegen darfst, hast du mich erst um Erlaubnis zu fragen. Weißt du das?“
„Nein. Das habe ich nicht gewußt. Ich habe geglaubt, daß man so etwas nur mit sich selbst abzumachen hat.“
„Wenn man selbständig ist und keine anderen Verpflichtungen hat, ja. Aber du hast einen Vater und eine Mutter. Ohne diese beiden darfst du absolut nichts tun. Meine Tochter eine Nonne! Dieser Gedanke ist so unglaublich, daß ich eigentlich über ihn lachen sollte, anstatt mich über ihn zu ärgern.“
„Und mir ist er gar nicht so lächerlich, Vater. Ich meine es sehr ernst damit.“
„Unsinn! Diese Geschichte schlage dir nur getrost aus dem Sinn. Es wird nichts daraus!“
„Aber, Vater, bedenke doch, daß es sich um ein Gelübde handelt! Das kann ich doch unmöglich brechen. Einen Meineid schwöre ich nicht.“
„Von einem Meineid ist gar kein Rede. Du magst die in deiner Dummheit vorgenommen haben, ins Kloster zu gehen, der wirkliche Zwang aber, diese Dummheit auch wirklich auszuführen, ist nicht vorhanden. Meine Tochter, das einzige Kind des reichen Kery-Bauern, eine Nonne! Was sollte aus uns werden, aus mir und der Mutter, wenn ich diesen Unsinn zugeben wollte?“
„Ihr würdet ohne mich ja ganz gut auskommen.“
„Oho! Das ist nicht wahr.“
„Meinst du, daß der reiche Kery-Bauer verhungern würde, wenn seine Tochter in das Kloster geht?“
„Nein, denn Geld hat er genug. Aber eben was wird mit dem Geld, mit dem ganzen Vermögen, wenn du eine Nonne bist?“
„Das Kloster bekommt natürlich alles.“
„Mädchen, du bist wirklich verrückt! Denkst du, daß ich mich all mein Lebtag geschunden und abgerackert habe, um nun zu sehen, daß alles, was ich besitze, in solche Hände kommt!“
„Es kann ja in gar keine besseren Hände kommen.“
Sie sagte das so ruhig und gleichmütig, daß er doppelt aufgeregt wurde.
„Mädchen“, rief er, „bringe mich nicht in Zorn! Du weißt es, daß ich dann kein Guter bin!“
„Wenn du zornig wirst, so bist du selbst schuld daran. Du hast es nicht nötig, denn die Sache ist nicht danach. Es handelt sich um mein Seelenheil. Du solltest dich also lieber in meinem Vorhaben unterstützen, als daß du dich gegen die Ausführung desselben sträubst.“
„Dafür danke ich doch gar schön! Dich auch noch unterstützen und bestärken! Das könnte mir gerade einfallen. Ich bin dein Vater, und was ich nicht will, das unterbleibt. Du hast mir einfach zu gehorchen.“
„Soweit es sich um weltliche Dinge handelt, ja. Hier aber haben wir es mit einer geistlichen Angelegenheit zu tun, und da habe ich mich im Falle eines Zweifels an meinen geistlichen Vater zu wenden.“
„Ah! So! Meinst du etwa unseren geistlichen Herrn, den Pfarrer?“
„Ja.“
„Himmelschock – Der würde freilich sagen, daß du dein Gelübde zu halten hast!“
„Davon bin ich überzeugt. Er muß das besser verstehen als wir, und darum muß ich seinen Rat befolgen. Ich werde also morgen zu ihm gehen, um mit ihm zu reden.“
Der Bauer stand mit dem Ortspfarrer
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