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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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angebrannt. Was sie da für Augen macht hat, so voller Angst und Entsetzen! Oh, es ist gar schön, so eine Rach, wann einen eine anspuckt hat und nix von einem wissen will, weil man nur ein Müllern ist, und sie eine reiche und vornehme Baronin! Kannst du dir so eine Rach denken?“
    Der Fex vermochte nicht zu antworten. Er zitterte vor Entsetzen und klammerte sich an das Bett, um nicht umzusinken. Seine Brust atmete schwer. Er befand sich in einer Aufregung wie noch niemals in seinem ganzen Leben. Also eines solchen Todes war seine Mutter gestorben! Welch ein schreckliches Ende! Gefesselt war sie worden, und dann hatte man Feuer angelegt. Verbrannt, bei lebendigem Leib verbrannt! Er hätte grad aufschreien mögen vor Entsetzen, und doch war es grad dieses Entsetzen, welches ihm die Sprache raubte.
    Auch die anderen Anwesenden waren auf das tiefste ergriffen von dem, was sie gehört hatten. Eines solchen Verbrechens hatte doch keiner den Silberbauern für fähig gehalten. Dieser aber lag bewegungslos in seinem Bett, lächelte befriedigt vor sich hin und hielt das eine Ohr aufwärts, als ob er eine Antwort erwarte. Und als keine erfolgte, fuhr er fort:
    „Aber nachher hab ich derfahren, wo der Bub sich befindet. Weißt's vielleicht auch?“
    Der Fex antwortete nicht. Darum phantasierte der Bauer weiter:
    „Ja, du sagst nix, weilst nix weißt. Ich aber kann's dir sagen, wannst's nicht verraten willst. Drunten beim Talmüllern ist er. Der Fex ist der Baronen Curty. Aber er wird es niemals wissen. Er ist der Fex und bleibt der Fex. Das ist auch ein Teil von meiner Rach. Was – was – was schreist?“
    Jetzt endlich löste sich das Entsetzen des jungen Mannes von der beklemmenden Brust. Er stieß einen lauten, unartikulierten Schrei aus, einen Schrei, als ob er sich in Lebensgefahr befinde. Dieser Schrei bewirkte, daß der Bauer aus seinem Phantasieren erwachte. Er kam zu sich und öffnete die Augen. Sein jetzt selbstbewußter Blick fiel auf den Fex, welcher noch immer vornübergebeugt am Bett stand. Sofort nahmen seine Züge einen ganz anderen Ausdruck an.
    „Tausend Teufel!“ rief er laut aus.
    „Mörder! Elender Mörder!“ schrie der Fex.
    „Der Baron! Der Baron! Er lebt!“ erklang es fast wimmernd aus dem Mund des Silberbauern.
    „Du hast sie ermordet, verbrannt! Du bist ein Teufel, ein Satan!“
    „Nein, er lebt nicht; er ist ja tot! Es ist sein Geist, sein Geist! Hu – hu – hu!“
    Er brüllte wie in entsetzlicher Todesangst auf und versuchte, aus dem Bett zu springen. Da er angebunden war, gelang es ihm aber nicht.
    „Fort, fort!“ zitterte er. „Ich sterbe! Ich ersticke!“
    Er bäumte sich mit aller Macht unter seinen Banden auf; dann fiel er zurück. Seine Glieder streckten sich, und sein Gesicht nahm den Ausdruck des Todes an. Dann lag er still.
    „Er stirbt, er stirbt!“ rief der Lehrer, schnell an das Bett tretend.
    „Mag er sterben!“ antwortete der Fex, vor Grimm die Fäuste ballend. „Sein Tod ist schnell und leicht; er hat einen anderen verdient. Mag der ewige Richter dort oben nach seiner Gerechtigkeit mit ihm verfahren!“

DRITTES KAPITEL
    Gisela
    Über den Bergen drüben, auf böhmischer Seite, liegt das Dorf Slowitz zwischen den Ausläufern des Gebirges. Meist aus kleinen, armen Häuslerswohnungen bestehend, besitzt es nur drei Bauerngüter, deren größtes dem reichen Kery gehört, mit welchem sich an Wohlstand in der Umgegend keiner zu messen vermag.
    So reich er ist, so geizig und hartherzig ist er auch. Er kennt nur ein Vergnügen – sein Geld zu zählen, und er hat nur eine Leidenschaft, der er aber nur heimlich frönt – das Spiel. Wenn er hinein nach Pilsen kommt, so gibt es in dem Einkehrhaus, vor welchem er auszuspannen pflegt, ein kleines Hinterzimmerchen, in welchem er nach dem Essen seine Kumpane erwartet. Dann gehen die Karten herüber und hinüber, und die Guldenzettel wechseln ihre Besitzer.
    Daß er aber auch daheim in seinem Dorf heimlich spielt, das wissen nur wenige, und diese verraten es nicht.
    In seinem Haus ist er ein Tyrann. Sein Weib, eine stille, harmlose Frau, der man es ansieht, daß sie ein hübsches Mädchen gewesen sein muß, hat keinen Willen. Ebenso tyrannisiert er auch seine Tochter Gisela, nur, daß diese dies nicht so ruhig über sich ergehen läßt wie ihre Mutter. Körperlich und auch geistig ist sie das echte Kind ihrer Eltern. Ihr Vater ist vor Jahren ein gar stattlicher Bursche gewesen. Die kräftige Gestalt hat sie von ihm, die

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