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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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warum er wieder zu Ihnen hierher gegangen ist.“
    „Nun, ein tüchtiger Knecht ist ein ebensolcher Kerl wie ein Steueraufseher oder ein Gendarm. Nur sparen muß er, sparen. Ihr Sohn aber bringt es zu nichts, wenn das so fortgeht. Ich werde ihn einmal gehörig ins Gebet nehmen. Und dazu kommen noch andere Unzuträglichkeiten. Er wird saumselig. Heut hab ich ihn mit dem Wagen nach der Stadt geschickt. Er konnte schon um elf hier sein, und nun hat er beim Essen gefehlt. Ich glaube gar, er hat ein Buch mitgenommen und unterwegs gelesen, wobei die Pferde eingeschlafen sind.“
    Er hätte vielleicht fortgefahren, aber da trat der Knecht endlich herein.
    Er war von hoher, kräftiger Gestalt und hatte ein ausgesprochen militärisches Aussehen. Der dunkle Bart und die schwarzen Augen standen ihm recht gut zu den gesunden, roten Wangen. Zu verwundern war es, daß er den ziemlich schmutzigen Werktagsanzug anhatte, während die anderen Dienstpersonen ihre Sonntagshabits trugen.
    „Gesegnete Mahlzeit!“ grüßte er, indem er nach dem Tisch hinschreiten wollte.
    Seine Mutter hatte sich vor Verlegenheit vorn bei der Tür eng an die Wand gedrückt, und darum hatte er sie noch nicht gesehen.
    „Nun!“ rief ihm der Bauer in langgezogenem Ton zu.
    Der Knecht blieb stehen und blickte ihn fragend an.
    „Woher?“
    „Aus der Stadt.“
    „Das weiß ich! Warum so spät?“
    „Es ging nicht rascher.“
    „Und im Alltagshabit!“
    „Ich habe das gute angehabt.“
    „Warum hast's sogleich wieder ausgezogen?“
    „Weil es schmutzig geworden war.“
    „Das hier ist aber noch dreckiger!“
    „Kann nicht dafür!“
    Er hatte schnell und exakt geantwortet, wie er es vom Militär her gewohnt war. Jetzt wendete er sich wieder nach dem Tisch, wo man ihm seine Portion übriggelassen hatte.
    „Alle Teufel, bist du kurz angebunden!“ rief der Bauer. „Das ist auch eine Mucke, die ich mir verbitten muß. Schau dich doch einmal um! Siehst du denn nicht, daß du Besuch hast?“
    Da drehte Ludwig sich um. Als er seine Mutter erblickte, heiterte sich sein ernstes Gesicht schnell auf. Er eilte auf sie zu, ergriff sie bei der Hand und rief:
    „Das ist recht, daßt kommst, meine liebe Mutter. Ich hab dort mein Essen stehen. Wannst einen Appetiten hast, so setzt dich herbei und iß!“
    Jetzt sprach er seinen Dialekt, welcher bewies, daß er von jenseits der bayrischen Grenze herstamme.
    „Ich dank dir schön, Ludwig“, antwortete sie. „Es ist doch das deinige Essen.“
    „Aber ich hab gar keinen Appetiten und Hungern! Und du hast an die drei Stunden laufen mußt. Komm nur herbei, und laß es dir wohlschmecken!“
    Der Bauer hatte nicht einmal der Frau erlaubt, sich zu setzen, und jetzt wurde sie von dem Knecht gar zum Tisch geführt!
    „Du, hör mal, Ludwig, wer ist denn eigentlich hier Herr im Hause?“ fragte Kery. „Du oder ich?“
    „Natürlich Sie!“
    „Dann bin ich es auch allein, der zu bestimmen hat, wer sich hier niedersetzen und essen soll.“
    „Nun ja, im Haus sind Sie der Herr, aber über meine Portion bin ich der Herr. Mit ihr kann ich machen, was ich will.“
    „So! Das ist deine Ansicht, aber nicht die meinige. Wenn mein Knecht nicht ißt, gehört sein Essen mir. Und wenn du es verschenken willst, so gibt dir das noch kein Recht, eine Person, die nicht hier herein gehört, am Tisch niedersetzen zu lassen.“
    Über das Gesicht des Knechts zuckte ein kurzes, ironisches Lächeln. Er war der einzige, der sich vor dem Bauern nicht fürchtete. Er wußte auch ganz genau, daß dieser ihn nicht gern verlieren würde, denn er arbeitete für zwei und tat auch außerdem mehr, als man eigentlich von ihm verlangen konnte. Weshalb, daß wußte nur er allein. Er antwortete:
    „Eine Person? Wen meinen Sie?“
    „Deine Mutter natürlich!“
    „Ach so! Nun, für mich ist sie keine Person, sondern meine Mutter. Und wenn ich meiner Mutter, der ich seit meiner Geburt alles verdanke, nicht einmal mein Essen geben darf, dann suche ich mir einen anderen Herrn, der das vierte Gebot genauer kennt als Sie! Komm Mutter, setz dich her!“
    „Ludwig!“ flüsterte sie voller Liebe und zugleich auch voller Bangigkeit.
    „Komm nur! Setz dich!“ antwortete er ihr, indem er sie zum Tisch schob und sie liebreich auf den Stuhl niederdrückte.
    Alle die andern waren erschrocken. Sie waren überzeugt, daß der Bauer jetzt ganz gewaltig losdonnern werde. Dieser war auch allerdings von seinem Sitz emporgefahren.
    „Was! Das sagst du mir!“ rief

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