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69

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Titel: 69 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryu Murakami
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heftigen Lachen Tränen in den Augen. »In Ordnung, ich mache mit.«

    Es hatte eine Änderung in der Besetzung der weiblichen Hauptrolle meines Stücks gegeben, aber wenigstens waren die beiden herausragenden Beispiele für Schönheit und Talent aus dem English Drama Club dem Mitarbeiterstab des Festivals beigetreten; die Königin der scharfen Bräute der privaten katholischen Mädchenschule, die ein beachtliches Gefolge von Fans unter den Pomadenköpfen ihr Eigen nannte, hatte zugestimmt, bei der Eröffnungsveranstaltung aufzutreten; der ausgeflippte Ehemalige der Nördlichen Oberschule hatte für zwei mickrige Freikarten seine Einwilligung gegeben, für die Nutzung der Arbeiterhalle zu bürgen; und die Eintrittskarten, die im Institut der Schönen Künste an der Universität von Hiroshima gedruckt worden waren, sahen wunderschön aus.
    Ich wurde nie müde, mir diese Eintrittskarten anzuschauen.

    Datum: 23. November (Erntedankfest)
    Zeit: 14.00 Uhr - 21.00 Uhr
    Veranstaltungsort: Arbeiterhalle, Sasebo
    Veranstaltet von IYAYA
    Rock ’n’ Roll, Autorenfilm, Drama, Lyriklesungen, Happenings, Überraschungen, Spannung und Nervenkitzel ...
    alles beim
    MORGENLATTEN-FESTIVAL

    Die Worte standen fett gedruckt über dem Bild eines Mädchens, das sich die Lippen schminkte, und eines Vulkans, der in einem erigierten Penis ausbrach. Der Eintritt kostete 200 Yen. Die Eintrittskarten wurden von Mitgliedern von Vajra, dem Zeitungs-Club, dem English Drama Club, den meisten Sportmannschaften, Shirokushis Bande von jugendlichen Straftätern und verschiedenen Rockbands nicht nur an der Nördlichen Oberschule, sondern an allen Schulen der Gegend verkauft. Iyaya scheffelte täglich Kohle. Ich fühlte mich, als stünde ich im Mittelpunkt der Welt.
    Aber genauso wie Rockefeiler und Carnegie das Missfallen der Armen erregten, wurde auch ich zur Zielscheibe für Banden von anderen Schulen.

LED ZEPPELIN
    Ein Gang durch den Bezirk, in dem sich die Bars für die Ausländer befanden, ließ einem das Herz höher schlagen. Man erkannte, wie unentbehrlich solche Orte für die Welt waren. Das Black Rose lag gegenüber von einem Park, der für die Horden von Homosexuellen berühmt war, die dort jeden Abend auftauchten. Schwarze Samtvorhänge hingen über dem Eingang zur Bar und sorgten für andauernde Nacht in ihrem Inneren. Manchmal, wenn die Matrosen zu einer ungewöhnlichen Tageszeit an Land gingen, konnte man das fröhliche Geschnatter der Animierdamen sogar schon vormittags hören.
    Ich führte Adama durch die Hintertür hinein. Der Besitzer saß von der Hüfte aufwärts nackt in der Küche und knobelte mit einem Kellner, dessen Fliege ihm lose um den Hals baumelte.
    »Entschuldigung, wir sind von der Band«, sagte ich, als wir durch den Raum gingen.
    »Ihr Jungs seid von der Nördlichen?« Der Besitzer hob den Kopf. Er hatte eine Kirschblüte auf seiner Schulter eintätowiert - ohne Farben, nur den Umriss einer einzelnen Blüte in Schwarz.
    »Ja«, sagte ich. Adama runzelte die Stirn. Er fühlte sich an solchen Orten nicht wohl.
    »Gibt’s da immer noch einen Lehrer namens Sasayama?« Sasayama war ein Sportlehrer, der im Krieg bei der Geheimpolizei gewesen war. Er war über fünfzig und hatte inzwischen etwas von seinem Feuer verloren, aber er war dafür bekannt, dass er in jüngeren Jahren Schülern mit einem Holzschwert den Schädel gespalten hatte. Mein Vater sagte immer, dass bei der Unruhe und bei dem Mangel an Männern nach dem Krieg alle möglichen verrückten Mistkerle Lehrer geworden waren; Sasayama war ganz entschieden einer von ihnen.
    Als ich nickte, meinte der Besitzer: »Wie geht’s ihm? Grüß ihn von mir, ja?«, ehe er die Würfel in den Becher warf und ihn schüttelte. »Was für ein widerlicher Typ«, murmelte ich in mich hinein und betrachtete die unvollendete Tätowierung. Ein Typ, der nicht einmal den Mumm hatte, sie kolorieren zu lassen, war wirklich das Hinterletzte. Vielleicht hatte er mal einen Zusammenstoß mit Sasayama gehabt - hatte wahrscheinlich seinen Schädel gespalten gekriegt. Ich musste immer daran denken, dass Japan den Krieg verloren hatte und wie erbärmlich unser so genannter Kampfgeist war, wenn mir solche Leute über den Weg liefen.
    Sie hatten keinen Stolz.
    Wir betraten die Bar. Adama runzelte noch heftiger die Stirn. Die Bar roch nach Amerika, was ihn anzuwidern schien. Das richtige Amerika roch natürlich gar nicht so, aber die Häuser, in denen die Marine-Nutten lebten, und die Haare der

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