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7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge

7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge

Titel: 7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrsg Arnulf D Helmuth W & Krauß Mommers
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sie gelegt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, ging sie weiter, hinter dem Auto herum.
    »He!«
    Drusilla sah ihn nicht an.
    Er startete und fuhr langsam an. Einen Augenblick später beugte sich die Frau vor und drehte das Lenkrad scharf herum. Der Wagen rollte zurück auf die Straße, und er nahm endlich seine Blicke von dem Rückspiegel weg.
    »Was war denn mit der los?« fragte er in Richtung Scheibenwischer.
    Lu erzeugte gerade mit Andacht eine Kaugummiblase.
    Als das Auto fort war, ging sie langsam weiter auf die Stadt zu. Sie schwor sich selbst hoch und heilig, sich nie wieder dazu verleiten zu lassen, in die Gedanken eines derart revoltierenden Menschen eindringen zu wollen. Der Fahrer war nicht so gewesen und Chandler Behringer auch nicht. Und doch wußte sie mit schrecklicher Gewißheit, daß es auf diesem Gefangenenplaneten mehr als tausend Kreaturen ihrer Art geben mußte.
    So konstruierte sie während des Gehens einen Mechanismus, ein Reaktionssystem, das selbst ohne einen Anstoß von ihr sofort zu isolieren begann, sobald sie wieder auf so ein Wesen stieß. Sie wollte sich sauber halten.
    Sie war erschüttert. Die Gegenwart dieser Frau hatte sie erschüttert, aber das Schlimmste daran war die Erkenntnis, daß es jemandem gelungen war, sie zu erschüttern. Diese Beobachtung war nur schwer verdaulich.
    Und als sie weiterging, zitterte sie immer noch.
     
    Drusilla kam in die Stadt und suchte, bis sie ein Restaurant fand, in dem eine Bedienung fehlte. Sie lieh sich das Geld für ein Paar Sandalen und ging an die Arbeit. Außerdem fand sie ein kleines Zimmer und hatte nach zwei Tagen so viel Geld verdient, daß sie sich ein billiges Baumwollkleid kaufen konnte.
    Nach zwei Wochen arbeitete sie als Stenotypistin, und nach zwei Monaten war sie Chefsekretärin in einem Betrieb, der Bootssegel und Planen herstellte. Sie spekulierte ein wenig, verkaufte ein paar Lieder, ein Gedicht, zwei Artikel und eine Kurzgeschichte. Im Vergleich zu ihrer Umgebung ging es ihr ausgezeichnet. Aber sie selbst wußte, daß sie nichts anderes tat, als sich von der Folter abzulenken.
    Denn die Folter dauerte natürlich an. Sie trug sie mit Haltung, schüttelte sie von Zeit zu Zeit ab, wie sie auch von Zeit zu Zeit ihren Namen, ihren Beruf, ihre Frisur und ihren Akzent änderte. Aber wie ihre Erfahrung und ihr Wissen über die Menschen wuchs, so wuchs auch die Folter. Sie konnte ihre eigene Kapazität abschätzen. Sie wußte, daß sie groß, aber nicht unendlich war. Sie konnte die Folter ebenso wenig loswerden wie ihr Wissen. Das Wissen konnte man irgendwo in einem abgelegenen Winkel des Gehirns speichern. Solange sie auch die Folter abschieben konnte, blieb sie unbesiegt. Aber es würde ihr nicht mehr lange gelingen. Das wußte sie. Ein Jahr oder zwei …
    Sie pflegte am Fenster zu stehen und die Qualen in sich aufzunehmen. Ihre hellen Augen starrten in den Nachthimmel. Natürlich sah sie die Wachschiffe nicht, aber sie wußte, daß sie da waren. Sie wußte von den Killerbooten, die notfalls in Sekunden herabgleiten konnten, um einen Flüchtigen oder einen Sünder zu vernichten. Manchmal dachte sie objektiv über die perfekte Grausamkeit der Folter nach. Musik allein, mit ihrem unbeschreiblichen Gemisch aus Trauer, Verlangen und wilder, wehmütiger Freude, wäre schon eine unerträgliche Last gewesen. Aber die Bilder, die all ihre Sinne narrten, ihren Geschmack, ihren Geruch, ihre Augen – diese Bilder vermischten sich mit den Klängen der Musik, machten die Melodien sichtbar und wurden von ihrem Rhythmus fortgerissen. Das waren die Geschütze, die ihre Verteidigung zu durchbrechen versuchten, die ihre geballten Fäuste durch einen sanften Windhauch öffneten, und wieder verschwunden waren, wenn sie sich zum Angriff stellte.
    Es war kein eigentlicher Kampf. Dummheit zum Beispiel wäre eine Verteidigung gewesen, aber das nützte ihr, die jedes Symbol zu deuten wußte, wenig. Sie konnte die Folter nur erdulden und hoffen, daß sie noch rechtzeitig eine Verteidigung fand, bevor sie zusammenbrach.
     
    So lebte sie dahin, und, äußerlich betrachtet, ging es ihr nicht schlecht. Sie traf verschiedene Menschen. Die einen amüsierten sie für kurze Zeit, den anderen ging sie aus dem Weg, weil sie sie so schmerzhaft an ihr eigenes Volk erinnerten – durch ein Lächeln, eine Handbewegung, eine Augenfarbe. Wenn ihr jemand mit der unheimlichen Fähigkeit jener Frau im Auto begegnet war, so merkte sie es nicht. Dieser Teil ihrer Verteidigung

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