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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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muß.“
    „Haben Sie sich seiner Person versichert?“
    „Ja, der König hat ihn gestern abend hier in diesem Zimmer arretieren lassen.“
    „Der König? Ah! In Wahrheit?“
    „Der König war bei dir?“ fragte auch Max überrascht.
    „Ja. Ich muß es erzählen.“
    Sie berichtete das gestrige Vorkommnis. Rudolf las ihr die Worte förmlich von den Lippen ab. Als sie geendet hatte, fügte sie mit entsagungsvollem Lächeln hinzu:
    „Sie sehen also, Herr Sandau, daß eine Täuschung gar nicht vorliegen kann.“
    „Wenn es so ist, so – so –“
    Er wußte vor Erregung gar nicht, was er sagen sollte.
    „So bin ich ein recht bedauernswertes Kind. Nicht wahr?“ vollendete sie seinen angefangenen Satz.
    „Ja, insofern Sie erfahren, daß Sie die Tochter eines solchen Vaters sind. Was aber das übrige betrifft, so bitte ich Sie, ja nicht überschnell zu handeln.“
    „Ich werde meine Pflicht tun.“
    „Und nach Sandau forschen?“
    „Ja.“
    „Wenn Sie ihn nun nicht finden? Was dann?“
    „Dann tue ich trotzdem meine Pflicht. Ich beweise, daß der Verschollene ein Ehrenmann war.“
    „Aber das Erbteil behalten Sie natürlich!“
    „Nein.“
    „Aber bitte! Wem anders als Ihnen kann es gehören, wenn Sandau verschollen ist?“
    „Seinen Verwandten.“
    „Er hat keine.“
    „Woher wissen Sie das?“
    „Ich denke es mir.“
    „Sie sagten das in einem Ton, als ob Sie vollständig überzeugt davon seien.“
    „O nein. Hätte er Verwandte, so hätten sich diese jedenfalls damals seiner angenommen, denke ich mir.“
    „Das mag sein. Ihm hat ja überhaupt die Erbschaft nicht gehören sollen, sondern seiner Frau, jener Emilie von Sendingen. Und ich denke mir, daß sich Verwandte derselben finden lassen werden, denen ich das unrechte Gut ausantworten kann.“
    „Das heißt, die Gewissenhaftigkeit zu weit treiben!“
    Sie blickte ihm ernst, beinahe vorwurfsvoll ins Gesicht.
    „Herr Sandau! Ich habe Sie für einen ehrlichen Menschen gehalten!“
    „Ich denke auch, daß ich es bin“, antwortete er errötend.
    „Aber mir muten Sie zu, wie eine Diebin zu handeln!“
    Er befand sich in großer Verlegenheit.
    „Gnädiges Fräulein, bitte deuten Sie meine Worte nicht in dieser Weise!“
    „Gut! Ich denke, Ihre Teilnahme für mich reißt Sie ein wenig zu weit fort. Ich will gern arm sein, wenn ich nur meine Ehre und mein gutes Gewissen rein erhalte. Freilich, Sie werden auch mit darunter leiden.“
    „Ich?“ fragte er erstaunt.
    „Gewiß. Haben Sie noch nicht daran gedacht?“
    „So wenig, daß ich mir nicht erklären kann, was Sie meinen.“
    „Nun, es kann jetzt aus unserm Bau nichts werden. Das Schloß ist nicht mehr mein Eigentum. Ich bin jetzt nur die Verwalterin eines fremden Vermögens und muß mich da der allergrößten Sparsamkeit befleißigen.“
    „Ah, ist's das?“
    „Ja. Sie erschrecken?“
    „Gewiß nicht.“
    „Aber es stirbt Ihnen damit doch eine liebe Hoffnung. Sie sind arm – wenn auch nicht ganz so arm wie ich. Ich hatte es gut gemeint. Aber verlieren Sie den Mut nicht. Gott wird Ihnen ja helfen, wie ich hoffe und überzeugt bin, daß er auch mir helfen werde.“
    Das war so herzlich und mit solcher Ergebung gesprochen, daß ihm fast die Tränen in die Augen traten.
    „Ja, er wird Ihnen helfen, so wie er bereits mir geholfen hat“, sagte er im Ton innigster Überzeugung.
    „Hat er bereits? Wieso?“ fragte sie erfreut.
    „Ich habe mich an einer Preisaufgabe beteiligt. Der König hat gestern meiner Mutter allerhöchst eigenhändig den ersten Preis von tausend Mark ausgezahlt, und ich habe den Auftrag bekommen, die neue Kirche von Eichenfeld zu bauen.“
    „Wirklich, wirklich?“ rief sie aus.
    „Ja. Mutter schwimmt in Wonne.“
    „Die Gute! Das glaube ich.“
    „Und dieses Glück hat eine ganz unerwartete Wirkung auf ihre gelähmten Glieder hervorgebracht. Denken Sie sich, gnädiges Fräulein, als ich gestern von Ihnen nach Hause kam, befand sie sich außerhalb des Bettes!“
    „Wie unvorsichtig!“
    „O nein! Sie kam mir entgegen! Sie konnte gehen. Ihre Lähmung war geheilt.“
    Sein Gesicht strahlte vor Wonne, als er das erzählte. Sie schlug die kleinen, schönen, weißen Händchen zusammen, blickte ihm in aufrichtigem Entzücken in das erregte Angesicht und rief:
    „Welch ein Wunder! Welch ein Wunder! So hat also die Freude das geheilt, was der Schreck hervorgebracht hat! Das freut mich außerordentlich. Wie gern würde ich sofort zu ihr gehen, um ihr zu sagen, wie

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