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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unsern König liebhaben, und sollten sich nicht Mühe geben, uns sein Bildnis wegzureden.“
    „Ich gebe Ihnen recht. Sie sollen es also behalten. Wollen Sie mir verzeihen?“
    „Na, wann 'S halt nun so ein Einsehen haben und selberst einer von dera Regierungen sind, so will ich's Ihnen nimmer anrechnen. Suchen 'S sich also nur ein anderes Andenken aus.“
    „Ich danke Ihnen. Ich will lieber darauf verzichten, denn ich könnte abermals in Gefahr geraten, Ihnen wehe zu tun. Ich will mich also mit dieser Nelke begnügen. Leben Sie wohl und vielen Dank!“
    Er gab ihr die Hand, die sie treuherzig schüttelte.
    „Behüt Gott!“ sagte sie. „Und wann 'S halt bei dera Regierungen sind, so sehen 'S wohl auch manchmal den König?“
    „Ja.“
    „Kommen 'S vielleicht gar mit ihm zu reden?“
    „Oft.“
    „So sein 'S so gut und grüßen 'S ihn und sagen 'S ihm, daß er gar nicht weiß, wie gut wir ihm sind und was für gar große Stücke wir auf ihn halten.“
    „Ich werde es ausrichten.“
    „Aber vergessenes ja nicht!“
    „O nein. Er wird es eher erfahren, als Sie es denken und ahnen. Leben auch Sie wohl, Hanna!“
    Er reichte ihr die Hand und tat, als ob er gehen wollte. Aber nach einigen Schritten blieb er stehen, drehte sich wieder um und sagte:
    „Da fällt mir ein: Ich kann mich doch gleich bei Ihnen erkundigen.“
    „Nach was? Wo wollens hin?“
    „Ich will zu einer Witfrau, welche Held heißt.“
    „Witfrau? Held? Hier in Oberdorf?“
    „Ja.“
    „Da gibt's doch nur eine einzige Familie, die Held heißt. Diejenige Witfrauen muß ich also sein.“
    „Ah, Sie?“
    „Ich denk mir's halt.“
    Er zog das Schreiben aus der Tasche, blickte auf die Adresse und erkundigte sich:
    „Heißen Sie denn Rosalie Held, geborene Rottmann?“
    „Herrjeses, so heiße ich. Das bin ich selber.“
    „Wer hätte das gedacht! Ich komme nur Ihretwegen nach Oberdorf und sitze eine volle Stunde und noch länger bei Ihnen, ohne zu ahnen, daß Sie diejenige sind, welche ich suche.“
    „Was ist's denn? Was gibt's denn? Warum kommen Sie zu mir?“
    „Ich habe Ihnen diesen Brief zu übergeben.“
    „Diesen Briefen! Herrgott! Sie haben ein Amt! Kommt er etwa aus dem Amt?“
    „Ja.“
    „Ich bin doch nicht etwa verklagt worden?“ fragte sie erschrocken.
    „Nein. Es handelt sich nicht um eine gerichtsamtliche oder gar polizeiliche Angelegenheit.“
    „Um was denn? Ist's was Böses?“
    „Nein, sondern vielmehr etwas Gutes.“
    „Etwas Gutes! Das gibt schon einen Trosten. Aber ich kann mir nicht denken, wie ich zu einem solchen Briefen komm!“
    „Der Inhalt wird Ihnen wohl Aufklärung bringen. Nehmen Sie!“
    Er reichte ihr den Brief hin.
    „Warten 'S, Herr! Ich muß mir doch erst vorher die Fingern abwischen!“
    Obgleich sie vollständig reinliche Hände hatte, wischte sie sich dieselben doch recht umständlich an der Schürze ab. Dann griff sie nach dem Brief, hielt ihn aber nur an der Ecke fest und betrachtete ihn.
    „Da ist doch gar keine Postmarken darauf!“
    „Weil ich ihn bringe und nicht der Briefträger.“
    „Ach so! Und was für ein großes Siegellacken mit Petschaften. Da könnt einem beinahe angst und bange werden. Wie lautet denn die Adreß? Lies mal vor, Hanna!“
    Sie gab der Tochter das Schreiben und diese las:
    „An die Witfrau Rosalie Held, geborene Rottmann in Oberdorf.“
    „Ja, das ist ganz richtig“, nickte die Alte. „Diejenige bin ich. Aber nun das Inwendige! Ich kann's kaum derwarten.“
    „So öffnen Sie doch!“ lächelte Ludwig.
    „Ja. Aber womit macht man denn so einen Amtsbriefen aufi! Mit dera Scheren oder mit dem Messer?“
    „Das ist gleich.“
    „So lauf, Hanna, und schneid ihn aufi!“
    Die Tochter ging ins Haus und kehrte bald mit dem aufgeschnittenen Kuvert zurück.
    „Soll ich den Brief herausnehmen?“ fragte sie.
    „Freilich mußt ihn herausnehmen, wannst ihn vorlesen sollst. Mach rasch!“
    Hanna zog den Bogen heraus und faltete ihn auseinander. Sie begann zu lesen:
    „Der Witfrau Ro –“
    „Halt!“ wurde sie von ihrer Mutter unterbrochen. „Wart noch einen Augenblick. Ich muß mich setzen. Man weiß doch nicht, was darinnen steht. Und wann ich sitzen tu, bin ich besser auf alles gefaßt. So! Jetzund kannst nun beginnen!“
    Hanna war nicht weniger als ihre Mutter begierig, den Inhalt des Schreibens kennenzulernen. Sie begann von neuem:
    „Der Witfrau Rosalie Held, geborene Rottmann in Oberdorf.
    Nachdem es leider zu spät zu Unserer Kenntnis gekommen

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