70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament
gut. Aber wann ich Ihnen das Bild abkaufe, können Sie sich doch für das Geld ein anderes anschaffen.“
„Da haben 'S wohl recht“, entgegnete die Mutter, „aber ganz ebenso können doch auch Sie sich ein anderes kaufen.“
„Ich habe es grad auf dieses abgesehen.“
„Warum auf dieses?“
„Weil's grad zum andern Bild paßt, worauf seine Braut ist.“
„Mein Seliger hat damals, als unser König so gar unglücklich war, daß er seine Braut verlieren mußt, sein letztes Geldl hergeben, um sich auf dem Jahrmarkt die beiden Bildern anzuschaffen. Sie gehören zusammen und sollen auch zusammen bleiben.“
„So kaufe ich beide. Da bleiben sie also beisammen.“
„Nein, ich verkauf sie nicht. Wann 'S ein Andenken haben wollen, so sein 'S halt so gut und suchen 'S sich was anderes aus!“
„Ich mag nichts anderes. Wie viel hat denn damals Ihr Mann bezahlt?“
„Für beide Bildern einen halben Talern.“
„Ich gebe Ihnen einen ganzen, nur für das eine Bild.“
„O nein! Ich Verkaufs halt nicht.“
„Fünf Mark.“
„Nein, Herr.“
„Ich gebe Ihnen zehn Mark.“
„Heilige Maria! Zehn Mark! Das ist gar viel, gar viel! So viel können 'S doch für solche Bilder nicht geben!“
„Ich zahle es Ihnen dennoch!“
„Führen 'S uns nicht in Versuchung! Zehn Mark ist ein schönes Geld, aber ich geb das Bild nimmer her!“
Da trat er einen Schritt näher an sie heran und sagte in dringlichem Ton:
„Liebe Frau, seien Sie doch verständig. Ich meine es gut mit Ihnen, Sie sind arm und können das Geld gebrauchen, und mir machen Sie eine Freude, wenn Sie mir das Bild ablassen. Ich will sogar noch ein höheres Gebot tun. Ich gebe Ihnen – hören Sie wohl! – ich gebe Ihnen zwanzig Mark.“
Sie hob den erstaunten Blick zu ihm empor.
„Zwanzig – Mark!“
„Ja, zwanzig.“
„Wollen 'S mich foppen?“
„Nein. Also sagen Sie ja!“
„Zwanzig – Mark! Hanna, wieviel Talern sind das?“
„Sechs Talern und zwanzig Silbergroschen“, antwortete die Tochter.
„Und wieviel ist's nach dem früheren Geld?“
„Wohl über elf Gulden.“
„Mein lieber Gott! So ein Geld! So ein gar großes Geld!“
„Ja, es ist ein guter Preis“, stimmte der König bei. „Also schlagen Sie ein!“
Er hielt ihr die Hand hin. Sie achtete aber nicht darauf.
„So viel bietet Ihnen niemand wieder.“
„Zwanzig Mark! Über elf Gulden! Was man sich dafür kaufen könnt!“
„Also wäre es sehr unklug von Ihnen, wenn sie auf diesen Handel nicht eingehen wollten.“
„Zwanzig – Mark für den guten König Ludwig! Nein, ich kann nicht, ich kann doch nicht, das Bild ist mir ans Herz wachsen und ich hab meinen König lieb. Ich verkauf ihn nicht, auch um zwanzig Mark nicht.“
„Aber, liebe Frau, ich begreife Sie nicht! Ich will Ihnen sogar noch etwas mehr bieten. Ich gebe Ihnen dreiß –“
„Halt!“ rief sie.
Das klang so gebieterisch, daß er mitten in seinem ‚Dreißig‘ innehielt. Ihr Gesicht war blaß geworden, und ihr Auge glänzte feucht.
„Führen 'S mich nicht in Versuchung!“ fuhr sie fort. „Das Geldl, was Sie uns bieten, das ist fast ein Vermögen für uns arme Leutln; aber Sie dürfen nicht denken, daß wir dafür was hergeben, was uns immer heilig gewest ist. Täten denn Sie das Bild verkaufen?“
„Ja.“
„Dann haben 'S halt unsern guten König nicht lieb. Ich hab mich da sehr irrt in Ihnen. Da sollten 'S sich schämen! Wer so einen gar braven König nicht gern hat, dem ist's auch zuzutrauen, daß er solche arme Leutln in Versuchung führt. Gehen 'S weg! Ich mag halt nix mehr von Ihnen wissen!“
Er war tief gerührt von dem heiligen Zorn, in welchem sich der Patriotismus dieser blutarmen Frau Luft machte.
„Aber, gute Frau, ich habe es ja ganz gut mit Ihnen gemeint“, entschuldigte er sich.
„Gut? Davon hab ich halt nix merkt.“
„Ich wollte Ihnen auf diese Weise etwas geben, weil Sie für die Milch nichts genommen haben.“
„Gehen 'S! Ich mag ja gar nichts haben! Sie wollen von dem König nix wissen.“
„Ich will ja grad im Gegenteil sein Bild haben!“
„Aber uns wollens es nehmen. Sagen 'S doch mal, wo haben 'S denn Ihr Amt? Wohl drüben im Österreichischen?“
„Nein.“
„Oder im Norddeutschen?“
„Auch nicht, sondern hier in Bayern.“
„So! In Bayern sind 'S also! Und was für ein Amt ist denn das Ihrige?“
„Ich bin – bei der Regierung angestellt.“
„So, bei dera Regierung! Da sollten 'S sich aber doch freuen, wann wir
Weitere Kostenlose Bücher