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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Bett, Fritz ebenso. Sie erschraken beinahe über das Gesicht der Frau. Von Schönheit war da keine Rede. Sie hatte das Aussehen einer Furie. Die Wangen waren totenbleich; die Augen leuchteten; die Lippen waren geöffnet und ließen die grimmig aufeinander gebissenen Zähne sehen.
    „Schweig!“ herrschte sie den Alten an.
    „Was soll ich?“ fragte er. „Was willst hier? Was hat's denn geben?“
    „Wann bist zu Bett gangen?“ schrie sie ihn an.
    „Warum fragst?“
    „Wannst zu Bett gangen bist?“ wiederholte sie, mit den Füßen aufstampfend.
    „Sappermenten! Heut bist aber eine Ungestüme!“
    „Wannst schlafen gangen bist, will ich wissen!“
    Sie schrie diese Worte förmlich. Die Laterne schwang in ihrer vor Wut zitternden Hand hin und her.
    „Herrjeses! Vor dir derschrickt man ja! Gleich nach dem Essen bin ich schlafen gangen.“
    „Ist's wahr, Fritz?“
    „Ja.“
    „Sag's richtig, Fritz! Ist der Sepp wirklich gleich nach dem Abendessen hier gewest?“
    „Ja. Er war sogar noch eher hier als ich.“
    „Und hat er sich da gleich niedergelegt?“
    „Ich glaub, ja.“
    „Du hast gar nix zu glauben! Du hast zu sagen, wie es gewest ist. Das kann ich halt von dir verlangen.“
    „Ich habe ja schlafen.“
    „So! Weißt also auch nicht, ob er unterdessen mal fortgangen ist?“
    „Nein.“
    „So! Und das soll ich glauben?“
    „Glaub's oder nicht. Mir ist's egal!“
    Sie sah ihn mit einem finsteren, durchdringenden Blick an. Er erwiderte denselben festen Auges.
    „Willst etwa Revolution gegen mich machen?“
    „Gegen dich? Das ist gar nicht möglich.“
    „Wieso?“
    „Weilst nicht mein Herr bist. Das ist der Bauer.“
    „So! Ich bin die Herrin!“
    „Das magst denen Mägden sagen, mir aber nicht.“
    Da fragte sie zischend:
    „So meinst, daß ich nur den Mägden zu gebieten habe?“
    „Ja.“
    „Oho! Da bist in einem gewaltigen Irrtum befangen. Mein Wort gilt bei den Knechten und Mägden.“
    „Und wann's so wär, so gilt's doch bei mir nicht.“
    „So jage ich dich zum Teufel!“
    „Dann würde geschehen, was ich dir schon sagt hab! Du würdest selber zum Teufel gehen müssen!“
    Da trat sie hart an ihn heran, setzte die Laterne nieder, ballte beide Fäuste und knirschte:
    „Etwa von dir?“
    „Ja“, antwortete er fest.
    Da konnte sie sich vor Wut nicht mehr halten. Sie holte aus, ihn zu schlagen. Er aber ergriff ihre Hand.
    „Bäuerin!“ rief er, sie festhaltend. „Willst du den Erben des Kronenhofes schlagen?“
    Da wurde sie leichenblaß. Sie ließ, als er ihre Hand frei gab, den Arm sinken.
    „Was sagst – was?“ stöhnte sie.
    „Was gehört hast!“
    „Wen meinst denn mit dem Erben?“
    „Mich!“
    „Ah! Bist verrückt!“
    „Nein. Ich bin der Sohn des Bauern.“
    „Der hat keinen!“
    „Weil er ihm geraubt worden ist!“
    „Ja, von Zigeunern!“
    „Nein, von dir!“
    „Mensch!“
    „Schweig! Wer hat mich nach Chrudim bracht? Du wohl nicht? Antworte mir doch einmal!“
    Sie sank auf die Truhe nieder, welche neben dem Bett stand, schlug die Hände zusammen und rief:
    „Herrgott! Was muß man sich gefallen lassen!“
    „Wann man's verbrochen hat! Ja, hast recht!“
    „Wer hat dir denn solch Zeug weismacht?“
    „Niemand. Eine Wahrheit kann einem niemand weismachen. Warum hat mich der Bauer holt?“
    Sie schwieg.
    „Sag's noch mal! Warum ist er nach Chrudim kommen, um mich nach dem Kronenhof zu holen?“
    „Aus Mitleid, weilst ein Findelkind warst!“
    „Dafür dank ich gar schön! Ich weiß, woran ich bin. Ich werd dir die Beweise zu bringen wissen!“
    „So sag doch nur, von wem'st das alles hast?“
    „Das geht dich nix an! Vom Bauern aber nicht, denn dem hast's verboten, mir zu sagen, daß er mein Vater ist. Aber die Zeit, in der er nur dir allein gehorcht hat, ist bald vorüber!“
    „Willst etwa gegen mich klagen?“
    „Fallt mir wiederum nicht ein! Es gibt noch andere Leut, welche dich anfassen werden.“
    „So ist's gut! Mit dir bin ich fertig. Ich werd dir schon noch die richtige Antwort geben. Jetzt hab ich mit dem Sepp zu reden. Laß uns allein!“
    „Diesem Befehl brauch ich nicht zu gehorchen; aber weilst mit zuwider bist, will ich gehen.“
    Er zog seine Jacke an und ging zur Tür hinaus, ohne sie nur eines Blickes zu würdigen. Als er an die Treppe kam, lehnte der Bastian da.
    „Was willst, hier?“ fragte er ihn.
    „Nix!“ antwortete der Knecht erschrocken.
    „Horchen willst. Da hast den Lohn!“
    Er holte aus und gab ihm eine

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