71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
ihn also wecken.“
„So kann er sich aber auf dich werfen. Er ist lang und breit und scheint sehr stark zu sein.“
„Ich müßt sehr dumm sein, wann ich mich von ihm anfassen lassen wollte. Erst raub ich ihn aus; dann mach ich mir recht leise alle Türen auf und geh nachher an sein Bett zurück, um ihn zu wecken. Ich sag ihm, daß ich der Samiel bin und eil aber sogleich hinaus. Die Tür verschließ ich hinter mir, so daß er mir nicht nachfolgen kann.“
„Ja, das ist gut. Aber er wird Lärm machen!“
„Was tut das? Ich lauf schnell in den Garten, wo du auf mich warten mußt, denn wir richten es so ein, daß du eher fertig bist als ich. Da geb ich dir rasch die Kleider, welche du fortschaffst, und ich eil in das Haus zurück. Wann er um Hilfe schreit, so wird eine große Verwirrung entstehen, bei welcher es niemandem einfallen kann, grad besonders auf mich zu achten.“
„Das ist freilich wahr.“
„Dann komm ich ganz erschrocken auch herbei, nur halb angezogen, und jedermann wird da denken, daß ich schlafen hab.“
„Wollen hoffen, daß alles grad so ablaufen tut, wie du jetzund sagt hast.“
„Es wird und muß gelingen. Mach du nur deine Sach richtig, und hab nicht etwa Mitleid mit den beiden Kerls!“
„Das fallt mir gar nicht ein. Über mich sollst nicht zu klagen haben. Sei du nur auch klug!“
„Ich werd mich vorsehen.“
„Man kann nicht in die Zukunft schauen. Wie nun, wann der Herr Ludwigen aufwacht, ehe du es denkst, und dich ergreift?“
„So nehm ich die Pistolen mit und schieß ihn gleich über den Haufen. Sie sind noch scharf geladen, denn wir haben sie heut nicht braucht.“
„Ja, nimm sie mit. Besser ist besser. Und auch ich werd vorsichtig sein. Ich werd die beiden nicht derstechen, sondern derschlagen, und zwar mit einem fremden Beil.“
„Woher willst's nehmen?“
„Oh, ein Beil ist gar leicht zu bekommen, ein Rasiermesser aber nicht. Weißt, es soll mir ein wahres Gaudium sein, wann ich die Kerls tot vor mir liegen seh! Am allerliebsten möcht ich sie gleich noch heut umbringen.“
„Das geht ja nicht. Du weißt nicht mal, ob der Fritz wieder in seiner Kammer ist.“
„Warum ging er fort?“
„Weil ich es ihm befohlen hab. Ich wollt mit dem Sepp allein sein, denn ich hab nicht denkt, daß auch der Fritz schon alles weiß. Dieser lauft nun vielleicht im Garten oder Feld herum, und wann er heimkehrt, muß alles in Ordnung sein. Er darf nicht bemerken, daßt bei mir gewest bist. Darum kannst jetzt nicht länger hier bleiben und mußt in den Stall. Wir haben ja nun gar nix mehr zu besprechen.“
„Hast recht. Ich wär zwar gern noch eine Stund bei dir blieben; aber wir müssen klug und vorsichtig sein. Weißt, am besten ist's, daß du mich wiederum einriegelst in den Stall. Wann dann der Fritz zurückkehrt, so sieht er, daß der Riegel noch vorgeschoben ist, und wird nicht ahnen, daß ich indessen bei dir war.“
„Du hast freilich recht. Auf diesen Gedanken war ich freilich nicht kommen. Also komm mit hinab, wollen gehen.“
Sie schlichen sich leise hinaus, die Treppe hinab und zur Hintertür hinaus. Nichts konnte dem lauschenden Fritz willkommener sein, denn auf diese Weise konnte er sich auch unbemerkt entfernen. Er kroch unter dem Kanapee hervor und huschte hinter ihnen her, und zwar so schnell, daß er bereits auf der Treppe stand, als sie die Hintertür öffneten.
Während sie nun über den Hof nach dem Stall gingen, trat auch er hinaus und schlich sich schnell an der Mauer hin, bis er sich in sicherer Entfernung befand. Er sah die Bäuerin zurückkehren und hörte, daß sie die Tür verriegelte. Er wartete noch eine Weile und ging dann mit lauten Schritten über den Hof. An der Stalltür blieb er stehen, öffnete den Riegel und trat hinein, als ob er sehen wolle, wo der Bastian sei. Dann ging er fort, ohne den Riegel wieder vorzuschieben. Der Knecht mußte denken, daß er erst jetzt zurückgekommen sei. Jedenfalls sagte er das am Morgen der Bäuerin, und so konnten beide nicht ahnen, daß er sie belauscht hatte.
Der Sepp saß noch am Fenster. Er hatte sich noch nicht wieder niedergelegt.
„Kommst endlich!“ sagte er. „Wo hast denn eigentlich steckt in der langen Zeit?“
„Bei der Bäuerin in ihrer Schlafstuben.“
„Pah! Ich hab dich doch von dem Garten herbeikommen sehen.“
„Das war Schein. Sepp, was hab ich hört!“
„Was denn?“
„Wir sollen dermordet werden.“
„Das weiß ich schon.“
„Von wem?“
„Von dera
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