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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dreißigtausend Mark gibt man nicht fünfzehn Groschen, alter Knauserig!“
    „So? Wieviel denn?“
    „Ein paar hundert Mark!“
    „Bist grün im Kopf!“ rief er erschrocken.
    „Du aber hinter den Ohren. Wann man einem Kellner im München für ein Bier, welches zwanzig Pfennige kostet, oft fünf Pfennige Trinkgeld gibt, wie ich hört hab, daß manche noble Herren es so machen, so kannst dir ausrechnen, was das bei dreißigtausend Mark betragen tät.“
    „Hier handelt es sich nicht um ein Bier. Ich gab keinem Kellner einen Pfennig, und ich hab auch für mein Geld nix zu zahlen. Ich muß es ganz umsonst bekommen. Wann ich also anderthalb Mark freiwillig gab, so ist das sehr angenehm und nobel!“
    „Da haben Sie sehr recht“, bestätigte der Gendarm, „da ich aber nichts annehmen kann, so muß ich das Geld zurückweisen. Geben Sie es der Ortsarmenkasse!“
    Da griff der Förster schnell zu, steckte das Geld ein und sagte:
    „Das kommt mir gar nicht in den Sinn! Meine Ortsarmenkasse ist hier meine Tasche. Ich bin kein Rothschild und kann mein Geld schon selber brauchen. Nun aber sagen 'S doch, wie Sie auf diesen Viehhändler kommen sind.“
    „Sehr einfach. Sie hatten das Geld bei einer Lotterie gewonnen, und die Polizei telegrafierte sofort an die betreffende Stelle nach den Nummern der Kassenscheine, welche Ihnen ausgezahlt worden waren.“
    „Hat man denn die Nummern wußt?“
    „Ja. Solche Leute notieren sich die Nummer jedes Wertpapieres, welches durch ihre Hände geht.“
    „Das ist sehr praktisch, und ich will es mir merken. Unsereiner kann das ja auch machen.“
    „Wenn jeder Privatmann diese Vorsicht anwendete, so hätten wir Polizisten sehr oft viel leichteres Arbeiten. – Also wir bekamen die Nummern geschickt und merkten sie uns. Sie wurden allen Geld-, und Kaufleuten mitgeteilt. Gestern abend nun meldete mir ein Kaufmann, daß der Viehhändler einen der bezeichneten Scheine bei ihm habe wechseln lassen. Ich überzeugte mich, daß es wirklich einer der Ihnen gestohlenen sei, und machte mich sofort mit mehreren Kameraden auf den Weg, den Viehhändler zu vernehmen.“
    „Zu arretieren!“
    „Nein. Er konnte das Geld doch auch von einem anderen erhalten haben. Wir kamen sehr spät hin und fanden ihn nicht zu Hause, doch besetzten wir heimlich seine Wohnung.“
    „Ich kann mir denken, wo er steckt hat“, bemerkte die Bäuerin, welche jetzt zum ersten Male das Wort nahm.
    „So? Nun, wo?“
    „Er ist während dieser Zeit beim Pfarrer in Oberdorf gewest, um einzubrechen.“
    „Sie haben es erraten, obgleich er das leugnete.“
    „Er wird sich hüten, etwas einzugestehen, wobei man ihn nicht ertappt hat!“
    „Ich hoffe, daß es dem Richter gelingen werde, ihn zu überführen. Als er nach Hause kam, war es fast heller Tag. Wir nahmen ihn fest und fanden eine Summe von dreißigtausend Mark bei ihm. Nur der eine Schein fehlte, welchen er ausgegeben hatte. Natürlich wurde er nun strenger gefragt. Er konnte sich über den rechtlichen Erwerb des Geldes nicht ausweisen, und bei einer Durchsuchung seiner Wohnung fanden wir nicht nur allerlei fremdes Gut, was jedenfalls von früheren Einbrüchen herrührt, sondern auch einen dunkeln, breitkrempigen Hut, wie der Samiel ihn zu tragen pflegt, und endlich auch eine schwarze Samtmaske. Damit war es natürlich erwiesen, daß er der Samiel ist.“
    „Ganz recht, ganz recht! Oh, wie mich das gefreut, wie mich das gefreut!“ rief die Bäuerin.
    Sie befand sich fast in Ekstase. Der Ausdruck ihrer Freude war ein so lauter und auffälliger, daß der Gendarm sie verwundert anblickte. Sie bemerkte das und errötete verlegen. Sie erkannte, daß sie irgend etwas zur Entschuldigung ihres Verhaltens sagen müsse. Darum fragte sie:
    „Wundern 'S sich etwa über meine Freude?“
    „Ein wenig, ja, wie ich offen gestehe.“
    „Nun, es muß sich doch jedermann freuen, daß dieser Kerl endlich ergriffen worden ist!“
    „Allerdings; aber selten wird diese Freude sich in so stürmischer Weise Luft machen.“
    „Je größer die Sorge vorher, desto größer die Freud nachher.“
    „Das gebe ich auch zu. Aber Sie glühen ja förmlich vor Entzücken.“
    „Das liegt nun einmal in meiner Naturen. Ich bin ein wenig feurig in allem. Sie müssen nur bedenken, in welcher Ängsten grad wir hier in dieser Gegend schwebt haben. Unser Hof ist als der größte und reichste bekannt. Wie leicht könnt da der Samiel auf den Gedanken geraten, grad uns mal einen Besuch

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