71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
zweite kennenlernt hab und wie es keine zweite gibt viele Meilen in dera Runde, und sie ist noch mehr als das, noch viel, viel mehr!“
„Was denn?“
„Wirst's nachher hören. Auch, wie ich noch eher glaub, aus noch viel entsetzlicheren Gründen, das kannst dir denken, wann ich dir noch einen sag, der ihr Verehrer ist.“
„Noch einen! Wer ist das?“
„Dera Bastian.“
„Der Blödsinnige?“
„Ja.“
„Das zu denken ist doch dera reine Wahnsinn! Wer das glaubt, der muß gradezu auch blödsinnig und verrückt sein!“
„Ich denk mir's nicht, sondern ich hab's sehen, mit diesen meinen Augen.“
„Unmöglich!“
„Ja. Es war ganz entsetzlich, so was anzuschauen.“
„Wann und wo ist's denn gewest?“
„Als ich das letzte Mal da war, draußen im Garten, im Grasgarten. Könntst mir die Beschreibung erlassen.“
„Nein. Ich muß es wissen. Ich muß es hören und derfahren.“
„Nun, das war so. Es war ein warmer Abend, und ich sollt in dera Kammer schlafen, aber da war mir die Luft zu schwül, und so ging ich in den Garten, wo an demselbigen Tag gemäht worden war. Ich legt mich hin. Eben war ich am Einschlafen, da hört ich Schritte. Aufstehen tat ich nicht, weil man mich sonst hätt sehen können, sondern ich wälzte mich hinüber an den Rand, ganz an den Zaun hinan. Da kam die Bäuerin und hinterher dera Bastian. Das andre kannst dir denken. Ich hab alles geschaut und auch hört. Dera Blödsinnige war gradezu wahnsinnig vor Liebe und – nein es ist nicht zu beschreiben. Sie haben dabei auch sprochen. Und das, was ich da von denen beiden hört hab, das hat mich zuerst auf den entsetzlichen Gedanken bracht, daß die Kronenbäuerin – dera Samiel ist.“
Fritz stieß einen lauten Angstschrei aus.
„Sepp! Sepp! Sepp!“
Der Alte ergriff ihn beim Arm und gebot ihm:
„Schweig! Was hören wirst, das ist freilich fürchterlich; aber du bist ein Mann und mußt dich beherrschen!“
„Dera Samiel!“
„Ja. Sie ist's, sie.“
„Was haben's denn mitnander sprochen?“
„So einige Ausdrücke und Worte hab ich verstanden, nicht genug, um es genau zu wissen, aber hinlänglich, um es für gewiß zu denken. Erst heut hab ich die richtige Sicherheit erhalten.“
„Sep, Sepp, du mußt dich irren!“
„Nein, nein! Jetzund ist kein Irrtum mehr möglich. Die Beweise sind da.“
„Der Samiel kann doch keine Frau sein!“
„Warum nicht?“
„Eine Frau, eine Frau, eine so schöne Frau!“
„Wirst's schon glauben müssen!“
„Ich kann diesen Gedanken nicht fassen. Es ist mir zu ungeheuerlich!“
„Mir war er es auch. Jetzunder aber bin ich so vertraut mit ihm, daß ich in aller Ruhe meine Nachstellungen machen werd. Und dabei sollst mir helfen. Deshalb werd ich dir alles sagen, und deshalb hab ich dir bereits schon so viel sagt.“
„Wann's wahr wäre! Diese Schand! Mein armer, armer Vater!“
„Jammere nicht um ihn. Er wird von einem Scheusal befreit. Es ist zu seinem Glück. Und vielleicht steht ihm auch ein noch viel größeres bevor. Weißt, dera Herr Ludwigen, der bei euch wohnen soll, hat einen Herrn bei sich, der ein gar berühmter Arzt ist. Er heilt ganz besonders gern Blinde und hat schon manchem, der auf das Augenlicht ganz und für immer verzichtet hat, dasselbige zurückgeben. Ihm hab ich verzählt, wie dein Vatern blind worden ist, und er hat sagt, daß da vielleicht noch Hilfe möglich ist.“
„Kommt er mit?“
„Ja, morgen schon.“
„Mein Gott! Wann dera Vatern wiederum sehen lernen könnt. Dann tät er das andere wohl ruhiger ertragen.“
„Das ist auch die meinige Meinung.“
„Hast ihm schon was sagt von dem Arzt?“
„Kein Wort. Man soll nicht eine Hoffnung erwecken, von der man nicht weiß, daß sie in Erfüllung gehen kann. Er darf gar nicht wissen, daß dieser Herr ein Arzt ist, nicht eher, als bis derselbige die Augen anschaut hat.“
„Weißt denn übrigens dera Vater, daß du mir erzählt hast, wer ich bin?“
„Nein.“
„Darf er's erfahren?“
„Nein, heut noch nicht. Ich werd's dir schon sagen, wann die richtige Zeit dazu gekommen ist.“
„Werd ich's aber auch vermögen, gegen ihn ruhig zu sein?“
„Du mußt. Du weißt gar nicht, wie heimlich er damit zu jeder Zeit tan hat. Es ist, als ob sein Gedächtnissen ihn verlassen hätt. Ich bin es gewest, der dich aufifunden hat und doch tut er gegen mich, als ob ich gar nix davon wissen tät.“
„Redet er mit dir davon?“
„Seit damals nie wieder. Aber vorhin hat er es mit
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