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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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überzeugt bist, wer er ist?“
    „Ja, ja, vollständig! Nun denk ich an Dinge, welche ich früher gar nicht beachtet oder verstanden hab, und alles steht in einem anderen Licht.“
    „So haben wir also ganz dieselbige Meinung und wollen mitnander handeln.“
    „Ja. Was gedenkst zu tun?“
    „Ich glaub, es ist am geratensten, die Bäuerin und den Bastian gar nicht aus dem Aug zu lassen.“
    „Freilich wohl. Aber wer kann sich hinstellen Tag und Nacht und Wach halten!“
    „Das ist nicht nötig. Bei Tag unternehmen sie gewißlich nix. Und des Abends, wann es dunkel ist, da ist es leichter, jemand zu beobachten.“
    „Aber ich werd so oft braucht.“
    „Ich gar nicht. Wir lösen einander ab, so gut wir können.“
    „Wollen's wir noch jemand anvertrauen?“
    „Keinem Menschen, keinem einzigen. Je weniger davon wissen, desto sicherer können wir handeln.“
    „So wollen wir nun heimgehen. Es ist jetzt Essenszeit.“
    Sie kehrten nach dem Gut zurück, wo das Abendessen fast vorüber war. Man hatte heute etwas eher gegessen, warum, das wußte niemand als nur die Bäuerin und ihr Gehilfe. Es war fast neun Uhr und da brach der Offizier auf.
    Es war mittlerweile Abend geworden. Der Bastian ging in den Stall zu den Pferden, um nochmals nachzusehen, ob alles in Ordnung sei. Dann war er plötzlich verschwunden.
    Die Bäuerin saß ganz allein unter der Tanne. Sie hielt die Augen scharf nach den zur Wohnung des Offiziers gehörigen Fenstern gerichtet.
    Da verlöschte dort das Licht. Sie stand auf und ging am Zaun des Gartens langsam dahin. Der Mond war noch nicht aufgegangen.
    Da kam ihr jemand vom Haus her entgegen. Sie hatte sich nämlich wieder zurückgewandt. Der Graf war es. Er erkannte sie.
    „Nun, Bäuerin, wollen Sie mit?“ fragte er.
    „Danke sehr!“
    „Heute kann der Samiel mich fangen. Ich geh ganz allein erst nach der Försterei und dann nach der Kupferhöhle.“
    „Spotten 'S nicht! Was man an die Wand malt, das kann leicht kommen.“
    „Nun, ich wollte, der Samiel käme. Ich habe mir sogar eine Blendlaterne mitgenommen, um ihn anleuchten zu können, wenn er mir begegnet.“
    Er hielt ihr die kleine Laterne nahe an das Gesicht, damit sie dieselbe kennen könne.
    „Vielleicht leuchtet er sie an, anstatt Sie ihn!“ sagte sie.
    „Wollen es abwarten.“
    „Was hilft Ihnen die Laterne, wann kein Licht darinnen ist!“
    „Das wird später schon noch angezündet werden. Oder meinen Sie, daß der Samiel sich so nah am Dorf umhertreiben werde?“
    „Das kann man nicht wissen.“
    „In diesem Fall wäre er längst in unsere Hände gefallen. Also gehen Sie heut nicht so zeitig schlafen. Vielleicht bringe ich Ihnen den Kerl.“
    „So wünsche ich Ihnen viel Glück!“
    „Donnerwetter! Kennen Sie den alten Aberglauben? Einem Jäger darf man niemals Gutes wünschen, sonst widerfährt ihm Böses. Gute Nacht!“
    Er ging.
    Nur zwei Sekunden lang blieb die Bäuerin lauschend stehen, dann huschte sie über den Weg hinüber, wo ein Rain zwischen zwei hochhalmigen Roggenfeldern nach dem Wald führte. Als sie den Rain erreicht hatte, ließ sie den einzigen Rock, welchen sie jetzt anhatte, fallen. Es kam eine Männerhose zum Vorscheine. Sie raffte den Rock auf, rollte ihn zusammen und sodann ging es beinahe im Galopp den Rain entlang, dann über eine kahl geschorene Wiese hinüber, zwischen Ginsterbüschen hin – ein Dauerlauf von über fünf Minuten.
    Auf diese Weise war sie dem Offizier vorangekommen. Sie blieb hinter einem Baum stehen.
    „Pst!“ hörte sie es.
    „Bastian?“
    „Ja.“
    „Schnell her damit!“
    Er hatte ein Päckchen in der Hand. Er trug hohe Stiefel, breitkrempigen Hut, schwarze Maske, kurz, ganz so, wie man den Samiel zu beschreiben pflegte. Ganz dieselben Stücke hatte er auch für die Bäuerin da.
    Sie zog ihre Frauenjacke aus und dafür eine Männerjacke an. Es waren seit ihrer Ankunft noch nicht zwei Minuten vorüber, so hatte sie sich in den Samiel umgewandelt.
    „Kennst deine Rolle?“ fragte sie den Bastian.
    „Ja.“
    „Den Todschläger nehm ich. Nun mach deine Sach gut. Ich geh auf die andere Seiten.“
    Sie huschte über den Weg hinüber, welcher hier auf der einen Seite mit lichten Bäumen und auf der anderen mit dichtem Besenginster eingefaßt war. Dort kauerte sie sich erwartungsvoll nieder, den Totschläger in der rechten Hand.
    Der Oberleutnant war den gewöhnlichen Weg gegangen, welcher viele Windungen machte. Daher kam er um so viel später als die Bäuerin.
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